In dem Moment, in dem die weltliche Gesellschaft begann, sich von kirchlicher Bevormundung zu distanzieren, wie z.B. in der Trennung von Kirche und Staat in der Verfassung der Weimarer Republik, entdeckte die Kirche ihren Auftrag im Gegenüber zur säkularen Welt. Das prophetische Amt bekam von neuem eine besondere Bedeutung für eine Kirche, die frei und mündig ist, ihren Auftrag in und für die Welt wahrzunehmen (Karl Barth, Kirchliche Dogmatik IV,3).
In einer säkularen Zeit ist laut Miskotte der prophetische Beruf besonders gefragt. Der holländische Theologe sieht die Menschen seiner Zeit unter der "Tyrannei des technischen Zeitalters", in einer Gesellschaft, geprägt durch den Übergang zu einem "Imperialismus der stummen Faktizität" und die "Erfahrung der Abwesenheit Gottes". In dieser Situation warte die Welt "auf die Inangriffnahme des prophetischen Berufes". Dieser Gang sei als ein sachgemäßer Dienst am Wort zu wählen an Stelle der Resignation, des Positivismus, der Hintansetzung des Wortes.
Der "gottlose" Mensch läuft nach Miskottes Einschätzung enttäuscht von der "höllischen Leere" nicht dem Heil Gottes in die Arme, vielmehr haben sich bei ihm "die Enttäuschung und die Müdigkeit (...) in der Tiefe der Seele als unendliche Trauer eingebohrt und festgesetzt". Der von sich aus zuerst – nach Ursprung, Sinn und Ziel – Fragende sei nicht der Mensch. Der "eigentlich und ursprünglich Fragende" sei Gott: "Gott fragt nach dem Menschen, und dieser hat ihm zu antworten, sei es auch so, dass sich die Antwort vorläufig in fragenden Worten verhüllt", vgl. Miskotte, Wenn die Götter schweigen, 320-330.
Literatur:
Kornelis Heiko Miskotte, Wenn die Götter schweigen, München 1963