Nach drei Auflagen des »Kirchenbuches – Gebete und Ordnungen für die unter dem Wort versammelte Gemeinde« (zuletzt 1983) liegt nun eine neue Agende vor. Sie trägt den Titel Reformierte Liturgie. Sie bietet Orientierung und Hilfe für die Gestaltung und Feier der Gottesdienste, für die stimmige Komposition des Ganzen, für die überlegte Abfolge der einzelnen Schritte. Sie bietet Material für die einzelnen Elemente des Gottesdienstes, bietet hier Variationen, dort eine reiche Auswahl. Ordnungen und Angebote für die Kasualien, für Gottesdienste aus besonderem Anlass gehören dazu. Reformierte Liturgie? Gemeint ist selbstverständlich »evangelisch-reformiert«. »Wir Reformierte haben keine Liturgie«, sagen manche. Und so feiern gelegentlich sorglose Beliebigkeit und Willkür fröhliche Urständ, fristet unbedachte Schlampigkeit ihr kärgliches Dasein. »Die Reformierten habe keine Liturgie«, – so sagen andere in gehörigem Abstand. Und sie unterstellen reformiert geprägten Gottesdiensten dürftige Armut.
»Reformiert« gefeierten Gottesdiensten eignet hohe Konzentration. Das Wort Gottes im Alten und Neuen Testament, das unverwechselbare Evangelium, die lebendige Verkündigung befreien zu solcher Sammlung. Das Hören und Reden, das Singen und Schweigen im Gottesdienst sind höchst anspruchsvoll und doch keine Bürde. Sie sind reich auch in gelegentlich schlichter Form, setzen so das Denken und Fühlen, das Tun in Bewegung, führen Menschen in der Gegenwart des Heiligen Geistes zueinander. Solche Konzentration auf das Lebensnotwendige lehrte, auch in Zeiten der Verfolgung und Anfechtung, manchem verschwenderischen Luxus, mancher Üppigkeit zu misstrauen.
Aber gerade in dieser Konzentration geht es um den Reichtum der Botschaft, um eine begründete Ordnung, um das vielstimmige Miteinander der Gemeinde, um den Chor der vielen Stimmen und um die Einladung einzustimmen, sich inmitten der versammelten Gemeinde gut aufgehoben zu finden. Die Reformierte Liturgie wird in allen reformierten Kirchen und Gemeinden Deutschlands in Gebrauch genommen. Diese Weite ist neu. Hier ist sie verpflichtende Agende, dort ist sie orientierendes Angebot. So findet und stiftet sie Verbindung und Verbindlichkeit. Sie führt nicht ins konfessionalistische Abseits, sie hält die Dankbarkeit für das, was in eigener Tradition überzeugend gewachsen und gegenwärtig hilfreich ist, lebendig und tut sich um in ökumenischer Aufgeschlossenheit und Regsamkeit.
Hier nehmen wir ebenso dankbar wahr, dass der Glaube die Grenzen der Sprachen überwindet und die Grenzen der Kirchentümer relativiert. Die Reformierte Liturgie kommt nicht als Verordnung daher. Sie gängelt nicht, sie will überzeugen, gewinnen und helfen. Das hat sich Geleitwort 7 schon in den Monaten der ersten Erprobung und der Rezeption bewährt. Und: Sie lädt zum Gespräch über den Gottesdienst ein, der in jeder Hinsicht in der Beteiligung vieler lebendig ist. Zur Erläuterung des Angebotes, zum verantwortlichen Nachdenken, Entscheiden, Gestalten, zum begleitenden Gespräch ist die liturgische Didaktik, die alle Stücke der Reformierten Liturgie begleitet, eine wertvolle Hilfe.
So wehrt die Reformierte Liturgie der Versuchung, dass sich die, die für die Gottesdienste besondere Verantwortung tragen, ungebührlich ins Eigene verlieben oder unzuträglich ins Eigene versponnen sind. Ebenso hält sie die Bitte um den Heiligen Geist lebendig. Sie widerspricht der Neigung zu ungutem Subjektivismus: Er würde die Gemeinde denen ausliefern, die den Gottesdienst »halten«. Solch falscher Subjektivismus trägt die Gesichter der peinlichen Geschwätzigkeit, des persönlichen Überschwangs, der Dürftigkeit der nur eigenen Anliegen, Gedanken, Sprachformen.
Der Arbeitsgruppe, die mit viel Freude und Mühe im Auftrag des Moderamens des Reformierten Bundes, von Peter Bukowski moderiert und inspiriert, die Reformierte Liturgie erarbeitet hat und nun vorlegt, gebührt hoher Dank. Hier wurde überlegt, formuliert, gesammelt und arrangiert. Kritische Begleitung wurde aufmerksam gehört. Wo sammelnd aus vielen Quellen geschöpft wurde, wo vielfältig Anregungen fruchtbar geworden sind, zieht unser Dank weitere Kreise. Im Vorwort zur dritten Auflage des »Kirchenbuches« hieß es: »Unter der Zusage unseres Herrn, dass er in der Versammlung derer gegenwärtig ist, die in seinem Namen zusammenkommen, sind uns Freiheit und Grenzen für unser gottesdienstliches Tun gegeben.«
So bleibt es. An der Schwelle zu einem neuen Jahrhundert trauen wir dieser Zusage und wissen, dass »gottesdienstliches Tun« eine schöne und kostbare Aufgabe ist, die ihren Ort in der Mitte des Lebens der Gemeinde hat. Solche Verheißung begegnet uns vielversprechend in der Jahreslosung des Jahres 2000 n. Chr.: »Gott spricht: Ihr werdet mich suchen und finden, denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen.« (Jer. 29,13f.)
Detmold, Leer, Emlichheim, im Herbst 1999
Gerrit Noltensmeier Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche
Walter Herrenbrück Landessuperintendent der Evangelisch-reformierten Kirche (Synode ev.-ref. Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland)
Habbo Heikens Präses der Synode der Ev.-altreformierten Kirche
Reformierte Liturgie
im Auftrag des Moderamens
des Reformierten Bundes
erarbeitet und herausgegeben von
Peter Bukowski
Arend Klompmaker
Christiane Nolting
Alfred Rauhaus
Friedrich Thiele
3. Auflage 2010
© 1999 für diese Ausgabe
Verlagsgemeinschaft:
foedus-verlag, Neukirchener Verlag
unbeschadet der Rechte der verschiedenen Lizenzgeber (s. Quellen, S. 627 ff.)
Satz: j.s.
Druck und buchbinderische Verarbeitung:
Breklumer Print Service, Breklum
Printed in Germany
ISBN 978-3-932735-36-3 (foedus-verlag)
ISBN 3-7887-1777-3 (Neukirchener Verlag)
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