Was aber geschieht mit uns, was geschieht in uns, wenn wir beten? Die Suche nach Antworten auf diese Frage beschränkt sich im Folgenden auf das private Gebet. Und sie beschränkt sich lediglich darauf, wie Beten in Betenden wirkt. Beten nämlich hat eine innere Wirkung auf den Menschen – und wirkt aus seinem Inneren.
Dem privaten Gebet wird gar nicht so selten die Funktion einer Automatenmünze zugetraut: Gebet hinein - Wunscherfüllung heraus. Dahinter steht der kindlich-naive Glaube, Gott handle nach unseren Wünschen und sei gar daran zu erinnern, sie zu erfüllen. Da ist herbe Enttäuschung vorprogrammiert. Gott weiß besser als wir selber, wessen wir wirklich bedürfen, heißt es sinngemäß im Heidelberger Katechismus (HK 129). Also brauchen wir gar nicht zu beten? Doch, sagt der Heidelberger: „Weil es die wichtigste Gestalt der Dankbarkeit ist“ (HK 116). Neben den Dank für Gottes Heilstaten setzt der Heidelberger die Bitte um Gottes Gnade und seinen Geist. Mehr nicht – und weniger schon gar nicht. Zunächst aber:
Das Beten ist allen Religionen gemein und eines der Kriterien, die Religion von Weltanschauung unterscheiden: Beten weist über die Diesseitigkeit menschlichen Denkens hinaus und sucht Verbindung mit einer Größe, die die menschliche Vernunft übersteigt. Beten setzt Glauben an (einen) Gott voraus.
Kleine Kinder und manche in Glaubensdingen kindlich gebliebene Erwachsene stellen sich unseren Gott wie einen oder gar als Menschen vor. Nun lehrt die Bibel uns, dass Gott „unbegreiflich“ ist. D. h., er ist nicht zu greifen, ist weder von einem Körper noch von einem Raum umgeben. Deshalb und dadurch kann er überall gegenwärtig sein (vgl. HK, Anmerkung zu Antwort 48). Damit ist Gott – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn - unfassbar, unantastbar und auch unvorstellbar. Diese Unvorstellbarkeit bringt es jedoch mit sich, dass wir von Gott nur in Bildern reden können – in Bildern, die bestimmte Eigenschaften Gottes symbolisieren. Wer sich von Gott ein Bild macht, z. B. das eines Menschen, und zu diesem Bild betet, kommt mit dem zweiten Gebot in Konflikt.
Darstellungen von Beterinnen und Betern zeigen übereinstimmend: Sie wirken konzentriert und in sich gekehrt, was ihre Körperhaltung unterstützt – eine Haltung zumeist, die die Ausübung von Alltagstätigkeiten verhindert. Viele Darstellungen christlicher Beter zeigen aneinander gelegte Hände; die bekanntesten hat wohl Dürer gezeichnet. Die gleiche Haltung der Hände finden wir jedoch auch bei z. B. Buddha-Darstellungen. Der Grund ist derselbe: Mit leichtem Druck aneinander gelegte Hände lassen den Atem durch den ganzen Körper fließen, bewirken Ruhe.
Gefaltete Hände wirken ähnlich, wenn auch weniger intensiv. Mit solcher äußeren Gebetshaltung schaffen Betende sich eine wichtige Voraussetzung zur Konzentration und dafür, sich gegen die Außenwelt abzuschirmen. Das geht am besten stehend oder sitzend. Seitlich leicht ausgebreitete oder halb nach vorn-oben gestreckte Arme sind von vergleichbarer Wirkung. Unbequeme Körperhaltungen wie Knien oder auf dem Bauch Liegen hemmen den Atemfluss, schaffen Beklemmung, weil sie Haltungen der Unterwürfigkeit sind. So lässt sich aus den Gebetshaltungen durchaus auf das Menschenbild der jeweiligen Religion wie auf das Selbstbild, das Selbstverständnis der Betenden schließen. Die äußere Haltung wirkt auf die innere – und umgekehrt; sie unterstützen einander.
Die christliche Tradition kennt vorformulierte und freie Gebete, letztere sind unter Evangelischen verbreiteter als bei Orthodoxen und Katholiken. Beide Gebetsformen haben ihre je eigenen Vorzüge. Welche Form jemand bevorzugt, hängt ebenso von seiner Frömmigkeitstradition wie von der aktuellen Situation und Verfassung ab. Wer das, was ihn oder sie bedrückt oder erleichtert, mit eigenen Worten als Gebet formuliert, löst in sich den gleichen Prozess aus wie mit einem vorformulierten: Gefühle wie Angst oder Freude gedanklich oder laut in eigene oder fremde Worte zu fassen, schafft innere Ordnung, verschafft Überblick und Klarheit.
Dies geschieht verstärkt dadurch, dass Betende ihr Anliegen in Beziehung zu Gottes Wort und Willen setzen. Das relativiert das eigene Anliegen, es verliert seine umwerfende Wucht und gewinnt Normalmaß. Allein das erleichtert bereits und hilft weiter.
Gottes Wort finden Christen in den Texten der Bibel. Wer darin liest oder sich auskennt, wird Worte für seine jeweilige Situation finden, mahnende Worte vielleicht oder Weg weisende, ermutigende oder tröstende. Was als Gottes Wille gilt, hat sich im Lauf der Zeiten immer wieder geändert, denn hier handelt es sich häufig um Interessen geleitete Interpretation ausgesuchter Bibelworte. Erinnert sei etwa an die Apartheid-Diskussion in den 70er-Jahren oder an die Auseinandersetzung um die Nachrüstung in den 80ern – oder an Veränderungen in der Sexualmoral in den vergangenen 50 Jahren. Befürworter und Gegner haben jeweils mit „Gottes Willen“ argumentiert.
Allerdings überliefert die Bibel einige – in die jeweilige Gegenwart neu zu deutende – „Faustregeln“:
Die zehn Gebote (2. Mos 20, 1 – 17), die Seligpreisungen (wobei schon Matthäus 5,3 - 12 und Lukas 6, 20 - 26 sich situationsbedingt unterscheiden), die „Goldene Regel“ (Mt 7,12), die „Werke der Barmherzigkeit“ (Mt 25, 35ff), das Dreifachgebot der Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe (Mk 12, 30f) sowie das Unser-Vater-Gebet (Mt 6, 9 – 13 und Lk 11, 1 – 4). Und die inhaltliche Aussage, dass jeder Mensch „Leben in Fülle“ haben soll.
Wie im Gottesdienst, so gibt es auch im Privatbereich das ritualisierte Gebet, vor bzw. nach einer Mahlzeit etwa, vor dem Einschlafen oder nach dem Erwachen. Dabei werden häufig vorformulierte Texte benutzt (vgl. Luthers Abend- und Morgensegen, die er für den Hausgebrauch geschrieben hat). Solche Texte haben den Vorteil, dass sie zum jeweiligen Anlass passende Worte bieten und der/die Betende nicht nach Worten suchen muss - und dass sie ggf. anderen das Mitbeten ermöglichen.
Vorformulierte Gebetstexte haben noch einen weiteren Vorzug: Sie stehen zur Verfügung, wenn einem eigene Worte fehlen. Das ist in besonders schwierigen Situationen häufig der Fall. Sich dann auf Worte verlassen zu können, die jemand in vergleichbarer Lage gebetet hat, ist eine große Hilfe – zeigen solche Worte doch, dass man mit seiner Not nicht allein ist und dass andere Menschen nach überstandener Not ein Danklied anstimmen konnten. Einen solchen Text nachzubeten, weckt das Gefühl des Eingebundenseins in die Gemeinschaft der Glaubenden, weckt damit Zuversicht auf Hilfe. Allein solche Zuversicht schon weckt eigene Kräfte, nimmt damit der Situation das bedrohlich Chaotische und lässt Auswege erkennen.
Gebetssammlungen „für jeden Anlass“ bieten z. T. sehr gute Texte, und das Angebot ist umfangreich genug, um etwas zum persönlichen Frömmigkeitsstil Passendes zu finden. Allerdings ist die Auswahl so groß, dass das Finden recht zeitaufwendig werden kann. Überschaubarer sind Gebetstexte aus der Bibel. Als „Gebet für alle Fälle“ eignet sich das Unser-Vater-Gebet, deckt es doch mit seinen Bitten die häufigsten Gebetsanlässe ab; Lob und Dank leiten es ein und beenden es.
Bemerkens- und nachdenkenswert ist auch, dass das Unser-Vater im Plural formuliert ist, also Gemeinschaft, Gemeinde voraussetzt Als Fundgrube für Gebete eignet sich zudem das Buch der Psalmen vorzüglich. Johannes Calvin bezeichnet den Psalter als „Anatomie der Seele“; die Psalmen sind ihm Lehrbuch und Heilmittel zugleich. Lehrbuch, weil die Psalmen menschenmögliches Empfinden von tiefster Verzweiflung, Zorn und finstren Rachegelüsten bis zu heller Freude, Befreiung und großer Dankbarkeit an- und aussprechen. Heilmittel, weil sie damit Möglichkeiten zur Identifikation in zwei Richtungen bieten: Betende können ihre Gefühle in Psalmtexten wiederfinden, was das Zulassen eigener, namentlich „negativer“ Gefühle ermöglicht – und sie können sehen, dass ein Psalmdichter ihre Empfindungen kennt und versteht.
Psalmen bieten Leidenden stärkende Solidarität, Verzweifelnden ermutigende Zuversicht, Schuldigen befreiende Akzeptanz, Wer den Weg eines Psalms mit- oder nachbetet, mobilisiert Selbsthilfekräfte und kann – so an die Hand genommen - am Ende in Lob und Dank des Dichters einstimmen. Denn Glaubende sehen auch im Erwachen und Wirken von Selbsthilfekräften Gottes Hilfe, ein Entweder-Oder gibt es für sie nicht.
Betende können mit Psalmen so etwas wie einen therapeutischen Weg gehen: Etliche Psalmen beginnen mit der Formulierung von Angst und Verzweiflung, es folgen Ablehnung der Situation, Resignation, schließlich Akzeptanz und daraus neuer Lebensmut. Diesen Weg betend mitzugehen, ihn für sich nachzuvollziehen, hat befreiende, hat heilende Wirkung auf die Seele – und damit bisweilen auch auf den Körper.
Gleichberechtigt und gleichwertig neben dem vorformulierten steht das freie Gebet. Sein Vorteil ist, dass Betende persönliche Anliegen mit eigenen Worten formulieren können. Dabei können die oben genannten Faustregeln helfen, freie Gebete in angemessene Bahnen zu lenken und vor der Versuchung eines „Plapperns wie die Heiden“ oder wie mit der Nachbarin ebenso zu bewahren wie vor egozentrischem Beten, das Mitmenschen und Mitwelt außer Acht lässt.
Die konzentrierte Gebetshaltung drückt Ehrfurcht vor der Erhabenheit Gottes aus. Auch die beim Beten verwendete Sprache soll diese Achtung ausdrücken. Johannes Calvin geht in seiner „Institutio“ ausführlich darauf ein (III 20, 4 – 16 u. ö.). Gassen- und Gossensprache verbieten sich von selbst, Modeausdrücke genau so wie flapsige Formulierungen. Je knapper und kürzer ein Gebetsanliegen formuliert werden kann, um so klarer wird den Betenden ihr Situation. In Kreisen, die das freie Gebet pflegen, fallen häufig wiederkehrende feste Formulierungen auf. Diese können der Selbstvergewisserung dienlich sein – oder lediglich dem internen Sprachgebrauch entsprechen. Dann handelt es sich um Floskeln, die genau so zu Phrasen verkommen können wie vorformulierte Gebete.
Wenn in einer Gruppe frei formuliert gebetet wird, kann eine sehr dichte, verbindende Atmosphäre entstehen, und wer benennt, was ihn bewegt, kann sich von der Gruppe als getragen und gehalten erleben. Das frei formulierte Gebet kann allerdings in und von einer Gruppe auch dazu benutzt werden, jemanden zu beeinflussen, in eine bestimmte Richtung zu drängen; es kann missbraucht werden, jemandes Willen im Sinne der Gruppe zu manipulieren.
Die Wirkung ist durch die Verbindung menschlicher Wünsche mit der Allmacht Gottes besonders groß, und es bedarf großer Kraft, sich gegen derlei Beeinflussung durch andere zu wehren.
„Not lehrt beten“, sagt der Volksmund und hat mal wieder recht: In schwierigen Situationen, in Krisen, in Augenblicken oder Zeiten, in denen sie sich rat- und hilflos fühlen oder wissen, beten Menschen weit eher und mehr, als wenn es ihnen rundum gut geht. Von diesem statistischen Tatbestand gehen auch die folgenden Überlegungen aus. Dabei kann das Beten auch in Situationen angebracht und hilfreich sein, in denen einem „schwindlig vor Glück“ ist und einem deshalb der Boden unter den Füßen zu entgleiten droht. Denn um „festen Boden unter den Füßen“ geht es betenden Menschen, darum, mit einer kaum oder gar nicht kontrollierbaren Situation fertig werden zu können. Um sich diesem Ziel zu nähern, sind drei Schritte hilfreich: Bedenken – Aussprechen – Annehmen.
Wer mit vor- oder selbst formulierten Worten beten will, wird zunächst seine Situation bedenken. Wird sich die Lage klar machen, in der er sich derzeit befindet. Wird überlegen, wie sie ausgehen kann, was er befürchtet und erhofft – und was er zur Besserung der Situation beitragen kann. Wird zu begreifen versuchen, was ihn da bewegt, was und wie seine Gefühle sind.
Solche Situationsanalyse ist immer auch Selbstprüfung, weil Situation und Selbst eng zusammen hängen. Zugleich verschafft das Bedenken dem betroffenen Menschen Distanz zur Situation und zu sich selbst, bringt ihn in eine Beobachterposition und verschafft ihm damit Überblick. Er ist nicht mehr in der Situation und in sich selbst gefangen, sondern hat (etwas) Freiheit gewonnen.
Distanz und Freiheit machen es den Betenden nun möglich, das Bedrohliche in Worte zu fassen. Das kann in Gedanken geschehen oder – besser, weil wirksamer – laut. Dadurch wird das Bedrohliche fassbar, begreifbar, und mit solchem lässt sich dann besser umgehen. Das Aussprechen hat noch eine weitere Wirkung: Was ich aus-spreche, lasse ich los. D. h. einerseits, dass ich mich davon trenne, und andererseits, dass ich es jemandem mitteile, es mit jemandem teile. Kurz: Aussprechen erleichtert den, der zu versinken droht, Hilfe ist da, herbeigeschafft im Gebet. Allerdings: Solche Hilfe kann auch heißen, den Untergang (als von Gott gegeben) annehmen zu können.
Mit Frage und Antwort 1 des Heidelberger Katechismus bekennen wir als mit Gott Versöhnte, dass „alles zu meiner Seligkeit dienen muss.“ Das ist leichter gesagt als geglaubt, denn manche Erfahrung unseres Lebens scheint dem zu widersprechen. Wenn wir z. B. nicht gleich erkennen, „wofür das gut sein soll“. Es ist aber wohl eher unser Unglaube, der da widerspricht.
Wer – im doppelten Sinne des Wortes! – annimmt, von Schuld und Sünde erlöst zu sein, ist sich „des ewigen Lebens gewiss,“ hat im Leben wie im Sterben seinen einzigen Trost in Christus (HK 1). Deshalb wird er oder sie das eigene Leben in und aus Dankbarkeit aktiv gestalten.
Denn das Annehmen bedeutet nicht, nichts zu tun, meint keine Schicksalsergebenheit. Wo und so lange Menschen materiell oder körperlich, geistig oder geistlich leiden, haben wir mit Wort und Tat und Gebet für sie einzutreten. In der Fürbitte geht es mithin um das, was für andere gut ist – und nicht um das, von dem wir meinen, dass es für sie gut sei.
Die Fürbitte löst in dem, dem sie gilt, ähnliche Reaktionen aus wie ein Gebet zu eigenen Gunsten und weckt Selbsthilfekräfte. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass jemandem bekannt ist oder er bzw. sie darauf vertrauen kann, dass für ihn bzw. sie gebetet wird. Das dadurch erzeugte Gefühl getragen zu werden verringert Sorgen und die dadurch gebundenen Kräfte.
Und: Fürbitte weckt bei den Betenden Kraft und Bereitschaft, sich für andere zu engagieren. Wer für andere betet, solidarisiert sich mit den Not Leidenden, stärkt dadurch sie und sich. Er oder sie kommt zu konkreten Schritten gegen die Not des bzw. der anderen, wird initiativ und aktiv über die Fürbitte hinaus. Wer für andere betet, nimmt an ihrem Leiden teil und teilt mit ihnen, was er kann oder hat. Dadurch bekommt die Fürbitte ihre (auch gesellschaftspolitische) Kraft.
Wer sich „von guten Mächten wunderbar geborgen“ (Bonhoeffer) glaubt und in diesem Vertrauen betet, findet Ruhe und Gelassenheit in Situationen, die unsicher, die Angst machen. Wer vor einer schweren Aufgabe um Hilfe für deren Lösung betet, unterbricht das Kreisen der Gedanken um Aufgabe und Lösungswege. Der Kopf wird frei für neue Gedanken. Beten stärkt.
Wer betet, macht sich eine Bedrohung bewusst und richtet seine Aufmerksamkeit auf deren Beseitigung. Dadurch verringert er mögliche Gefährdung seiner selbst und/oder anderer. Beten schützt.
Wer krank ist, leidet stets an Körper, Geist und Seele. Es ist, als ob sie mit einander im Streit lägen. Beten kann hier inneren Frieden schaffen, und die Selbstheilungskräfte des Kranken können wirken. Beten heilt.
Oft aber machen Betende die bittere und enttäuschende Erfahrung, dass ihr Gebet unerhört bleibt, und schließen daraus: Beten nützt nichts, Gott hilft nicht. Eine solche Reaktion ist menschlich verständlich. Aber deswegen noch nicht richtig. Eher ist anzunehmen, dass das Erbetene nicht das Richtige war. Denn nicht jeder Wunsch ist für uns gut. Mancher Wunsch entspringt und entspricht nicht unserem Inneren, also dem, was wir wirklich wollen. Da können wir dann noch so sehr um Erfüllung beten: Wir werden sie selbst verhindern. Wird uns aber im Gebet deutlich, was uns oder anderen gut tut, werden wir unseren Teil zur Erfüllung leisten.
Dazu können Bibel- und andere Worte anregen, die Betenden während des Betens in den Sinn kommen. Dabei ist jedoch zu beachten: Es sind Einfälle, die aus tieferen Schichten des/der Betenden selbst aufsteigen. Dabei passieren sie ein „Filter“ aus Werten und Normen des/der Betenden bzw. der betenden Gruppe. Sie unreflektiert als „Gottes Weisung“ zu (über-)nehmen, kann etwas voreilig sein. Dennoch sind derlei Einfälle oft wegweisend.
Das Sprichwort „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ wird häufig so verstanden, dass von Gott keine Hilfe zu erwarten sei. Nun rät die Bibel „Bittet, dann wird euch gegeben, sucht, dann werdet ihr finden, klopft an, dann wird euch aufgetan“ (Mt 7, 7). Damit sind wir aufgefordert, unseren Teil zur Lösung unserer und anderer Probleme beizutragen. Wir sind nicht „ferngesteuert“, sondern mit Verantwortung für uns und andere Menschen beschenkt (soweit diese dazu nicht in der Lage sind). Das bedeutet, dass nichts und niemand uns von Entscheidungen befreit. Beten kann uns helfen, gute Entscheidungen zu treffen und umzusetzen.
Wenn unser Beten Folgen hat, sind das auch Auswirkungen von Geschehen, die das Beten in unserem Inneren auslöst, die wir mit unserem Beten selbst in Gang bringen. Auch darin kann und wird der der glaubende Mensch das Wirken von Geist und Gnade Gottes sehen.