Offener Brief anlässlich der Diskussionen über homosexuelle Partnerschaften im Pfarrdienst

Im Zusammenhang mit der Verabschiedung eines Pfarrdienstgesetzes durch die EKD-Synode wird die Diskussion über die Beurteilung homosexueller Lebenspartnerschaften in der kirchlichen Öffentlichkeit erneut geführt. In der Evangelischen Landeskirche in Baden steht die Frage zur Entscheidung, ob homosexuelle Partnerschaften künftig auch im Pfarrhaus gelebt werden können.

Wir sprechen uns ausdrücklich dafür aus, homosexuell orientierten Menschen diese Möglichkeit künftig nicht mehr zu verwehren. Wir bitten diejenigen, die in Gremien Verantwortung tragen, die Benachteiligung homosexueller Menschen nicht fortzuschreiben.

Nicht die sexuelle Orientierung, sondern die verantwortliche Art und Weise der gelebten partnerschaftlichen Beziehungen ist relevant für eine evangeliumsgemäße glaubwürdige Amts- und Lebensführung. Nach unserer Auffassung widerspricht eine homosexuelle Partnerschaft weder den Dienstpflichten eines Pfarrers/einer Pfarrerin noch dem Bekenntnis zu Jesus Christus als dem alleinigen Haupt der Kirche. Die im neuen Pfarrdienstrecht vorgesehenen Regelungen zu Ehe und Partnerschaft beenden eine Jahrhunderte lange Diskriminierung gleichgeschlechtlich orientierter Menschen. Mit ihnen wird eine gesellschaftliche Entwicklung, die lange schlimmes Leid über homophil lebende Menschen gebracht hat, auch in der Kirche überwunden. Wir danken homophil lebenden Menschen, dass sie trotz der gemachten Erfahrungen der Kirche die Treue gehalten haben.

Wir sind davon überzeugt, dass die Gemeinden eine solche Entscheidung in den Gremien unserer Landeskirche begrüßen und mittragen werden, die in die Zukunft weist. Es wird wichtig sein, Andersdenkende und diejenigen, die noch um eine Position ringen, in einem Prozess des gemeinsamen Lernens mitzunehmen. Ethische Entscheidungen stehen unter dem Vorbehalt, dass unser Wissen vorläufig ist. Aber sie müssen auf der Grundlage heutiger Einsichten getroffen werden. Heute wissen wir, dass Menschen sich ihre sexuelle Identität nicht frei wählen. Es kann nicht zu einer angemessenen Entscheidung in der jetzigen Debatte führen, auf Sichtweisen zu beharren, die sich überholten Einsichten schulden.

Wir begrüßen eine sachliche theologische Debatte über diese Fragen, die notwendiger Bestandteil lebendiger evangelischer Kultur ist. Es dient jedoch weder der Wahrheit noch der Freiheit in unserer Kirche, durch Androhung oder Ankündigung von Kirchenspaltung sowie durch massiv inszeniertes Auftreten die Mitglieder der Synode zu beeinflussen. Wir erwarten besonders von kirchennahen Pressediensten, sich nicht zum Instrument solcher Inszenierungen machen zu lassen.

Jenseits aller sachlichen Differenzen halten wir es für das glaubwürdige Zeugnis der Kirche Jesu Christi für unabdingbar, einander mit geschwisterlicher Liebe zu begegnen und gemeinsam Gott zu loben. Auch wenn uns unterschiedliche Meinungen in wichtigen Lebensfragen zu trennen drohen, sollten aktuell zu verantwortende Anschauungen nicht für wichtiger gehalten werden als die von uns gemeinsam geglaubten Verheißungen Gottes.

Erstunterzeichner/innen:
Andreas Bücklein, Pfarrer, Rheinfelden
Barbara Eiteneier, Kirchenrätin i.R., Pastoralpsychologin, Karlsruhe
Heiko Heck, Pastoralpsychologe, Karlsruhe
Regine Klusmann, Pfarrerin und Dekanstellvertreterin, Rheinfelden
Eckhart Marggraf, Direktor i.R. des Religionspädagogischen Instituts, Karlsruhe
Prof. Dr. Helmut Schwier, Professor für Neutestamentliche und Praktische Theologie an der Universität Heidelberg
Dr. Heike Springhart, Studienleiterin des Theologischen Studienhauses Heidelberg
Rainer Starck, Schuldekan, Karlsruhe
Dr. Martin Treiber, Direktor des Predigerseminars, Heidelberg
Dr. Hans-Georg Ulrichs, Pfarrer der Universitäts- und Studierendengemeinde Heidelberg
Prof. Dr. Jörg Winter, juristischer Oberkirchenrat i.R., Karlsruhe

Wir bitten Sie, diesen Brief weiterzuverbreiten. Unterstützen Sie diese Position durch Ihre Einverständniserklärung. Bitte erklären Sie Ihre Zustimmung durch eine mail an Hans-Georg@Ulrichs-ka.de.     

 


Karlsruhe, 25. Januar 2011