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Weitere Erläuterung zu Friedensgruß Philipper 4,1
von Hildegard Rugenstein, Potsdam
FRIEDENSGRUSS: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, ….
Information aus der Philippervorlesung Sommer 1996 zu Phil 4,7 von Klaus Haacker:
V. 7 ist uns in Luthers Übersetzung aus der Liturgie mehr oder weniger vertraut. In diesem Falle muss man sagen, dass die liturgische Verwendung einem Bibelwort geschadet hat, denn die liturgische Vertrautheit hat verhindert, dass ein gravierender Übersetzungsfehler bis heute unkorrigiert stehen blieb, und zwar wider besseres Wissen. Das Verbum steht im Futur, der Satz ist also eine Verheißung; Luther aber formuliert einen Wunschsatz ‚..bewahre Eure Herzen und Sinne ...“. Er folgte dabei der Vulgata, die hier custodiat liest.
Die neueste Lutherrevision hat diesen Fehler, der 1975 beseitigt worden war, wieder eingeführt. Dabei hatte Hermann Strathmaun bereits 1954 in einer engagierten Kritik der Revisionsprinzipien, die damals (Ende 1953) vom Rat der EKiD beschlossen worden waren, auf die Untragbarkeit dieses Übersetzungsfehlers hingewiesen (vgl. EvTh 14, 1954,5, 125-131, dort 5. 129). Der Beitrag schließt - für einen Wissenschaftler ungewöhnlich - mit einer Weissagung. Strathmann (1882-1966) schreibt hier Sätze, die auch heute noch Beachtung verdienen, weil sie sich z.T. inzwischen bewahrheitet haben, ohne daß die EKD sie beherzigt hätte: „Man möchte geradezu hoffen, daß der Rat der EKiD sich über die Bedeutung der neu proklamierten Grundsätze überhaupt nicht völlig klar gewesen ist, wie das bei solchen Kollegialbeschlüssen manchmal passiert. Sind sie aber durchdacht und ernst gemeint ... und wird danach verfahren, so bedeuten sie das Ende der Bemühungen, die Lutherbibel durch eine wirkliche Revision als das evangelische Volksbuch lebendig zu erhalten. Sie wird fortleben als heiliges Buch, das auf dem Altar liegt und aus dem man sonntags fremdartig-feierliche Texte verliest. Die lebendige Gemeinde aber wird immer mehr aus andern Übersetzungen ihre Nahrung suchen. Gerade die eifrigsten Verehrer der alten Lutherbibel werden ihre Totengräber sein, weil sie ihre rechtzeitige Verjüngung verhindert haben. Dies ist eine Prophezeiung. In hundert Jahren wird man ihre Erfüllung sehen.“
Ich bin kein prinzipieller Anhänger von Unheilspropheten. Aber die Erfolge der Übersetzungen von Hans Bruns, Jörg Zink, Ulrich Wilckens, der „Guten Nachricht“ bzw . „Bibel in heutigem Deutsch“ und der „Hoffnung für alle“ beweisen, daß das Bibellesen sich von der Lutherbibel wegentwickelt hat. (Der Hinweis auf hohe Verkaufszahlen der Lutherbibel nach der letzten Revision ist kein sicheres Indiz für eine Umkehrung dieses Trends: natürlich muß man die Lutherbibel besitzen)
Zurück zu Phil 4,7: Auch die Wortbedeutung von frourth / sei ist mit dem traditionellen „bewahren“ nicht gut getroffen. Das Gegenteil von „bewahren“ ist „verlieren“. Daß Christen ihre Herzen und Gedanken „verlieren“ könnten, ist keine Sorge des Apostels Paulus gewesen; mancher verliert sein Herz ganz gerne,
in Heidelberg oder anderswo. Froure/w bezeichnet das Unter-Kontrolle-Halten, das Aufpassen, nicht selten sogar in einem feindlichen Sinne, hier aber sicher im positiven Sinne „Beschützen“, „Behüten“.
Klaus Haacker übersetzt:
Dann wird der Friede Gottes, der alles Begreifen übersteigt,
Eure Herzen und Gedanken im Sinne Christi Jesu beschützen.
Die Französisch-Reformierte Gemeinde Potsdam übersetzt, teilweise Klaus Haacker folgend:
Der Friede Gottes, der allen Verstand überragt, wird eure Herzen und Sinne in Jesus Christus bewahren.
Impuls-Papier für das Nachbarschaftstreffen evangelisch-reformeirter Gemeinden in Ostwestfalen und Südniedersachsen, Oktober 2011