Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM)


Liebfrauenkirche in Halberstadt © Wikicommons/Falk2

Zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland gehören rund 3000 Kirchengemeinden, in 37 Kirchenkreisen, mit 640.000 Mitgliedern.

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) wurde 2009 gegründet – als Zusammenschluss der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen. Zur EKM gehört ein reformierter Kirchenkreis mit fünf reformierten Gemeinden: Aschersleben, Burg, Halberstadt, Halle und Magdeburg.

Evangelisch - reformiert?

Die Vorfahren der Reformierten in der EKM kamen in weiten Teilen als Flüchtlinge aus dem Ausland, vor allem aus Frankreich und der Wallonie: Ende des 17. Jahrhundert begann Ludwig XIV. die Hugenotten zu verfolgen; der reformierte Kurfürst Wilhelm von Brandenburg lud sie in sein Land ein. Dafür hatte er gute Gründe: Der Dreißigjährige Krieg hatte das Land entvölkert. Die Zuwanderer sollten es wieder in Schwung bringen. Dafür erhielten sie Bleiberecht, Anschubfinanzierung und einige Sonderrechte: eigene Wohnviertel („Colonien“), eigene Verwaltung, eigene Gerichtsbarkeit, eigene Schulen und Kirchen. Das ging nicht ohne Reibereien mit den Einheimischen. Gelegentlich mussten Truppen zum Schutz der Flüchtlinge eingesetzt werden. Doch als die Einheimischen bei den Fremden Arbeit fanden, Lohn und Brot, änderte sich das. Bald lebten sie friedlich miteinander.

Erste reformierte Siedler

Im Edikt von Potsdam (1685) waren für das heutige Gebiet Sachsen-Anhalts Städte für die Ansiedelung der Glaubensflüchtlinge genannt. In der vom Kurfürsten gewünschten Reihenfolge waren das die Orte Stendal, Werben, Magdeburg, Halle und Calbe/Saale.

Außer in Werben siedelten sich an allen gewünschten Orten und darüber hinaus auch in Neuhaldensleben, Halberstadt und Burg sowie in dem altmärkischen Dorf Trüstedt Hugenotten und Waldenser an. Ab 1689 kamen dann Glaubensflüchtlinge aus der von Ludwig XIV. überfallenen Pfalz hinzu, die sogenannten Pfälzer. Das waren Franzosen und Wallonen, die entweder nach der Bartholomäusnacht (1572) aus Frankreich oder wegen der Glaubensverfolgung durch Herzog Alba aus den Niederlanden in die reformierte Pfalz geflüchtet waren, und deutsche Reformierte von dort.

In Kirchenbüchern, aber auch in Telefonbüchern, in Kirchen und an Gebäuden finden sich noch heute Spuren der dort einst beheimateten Evangelisch-reformierten Gemeinden und Menschen. Denn wo immer damals Reformierte siedelten, haben sie „der Stadt Bestes“ gesucht, sich als Unternehmer und Lokalpolitiker für ihren Ort engagiert, vornehmlich im sozialen Bereich.

Lebendige Gemeinden

Die einst 40 Evangelisch-reformierten Gemeinden und Filialgemeinden repräsentierten um 1900 rund 17.500 Gemeindeglieder, 1945 bestanden noch zehn Gemeinden. Zu den heutigen fünf reformierten Gemeinden gehören nur noch etwa 1.500 Mitglieder. Sie sind als Personalgemeinden organisiert. Das bedeutet oft lange Wege zum Gottesdienst und anderen Gemeindeveranstaltungen, denn die Gemeindeglieder wohnen in der ganzen Stadt verstreut. Diese Möglichkeit haben auch Einwohner von Orten ohne Evangelisch-reformierte Gemeinde in der ganzen Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

In der „Leuenberger Konkordie“ haben europäische evangelische Kirchen 1973 festgestellt, dass es zwischen ihnen keine kirchentrennenden Unterschiede gibt. Sie haben daher Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft vereinbart, praktizieren seitdem eine „versöhnte Verschiedenheit.“ Die reformierten Gemeinden pflegen mit den anderen Kirchengemeinden am Ort gute Nachbarschaft, machen vieles gemeinsam, was gemeinsam möglich ist.


Paul Kluge, Pfarrer i. R., Magdeburg