Impuls
Kurzer theologischer Impuls
Impuls
Christoph Froschauer (Hg.): Die gantze Bibel der vrsprünglichē Ebraischen und Griechischen waarheyt nach/ auffs aller treüwlichest verteütschet (1531). Mit Illustrationen von Hans Holbein d. J.
(22.03. / Okuli): Von Holz- und anderen Augen 3. So der Passionszeit – Okuli
»Holzauge! Sei wachsam!«, hört der Azubi den Schreinermeister noch sagen, unter dessen Argusaugen er das Brett mit dem Hobel bearbeitet. Doch zu spät. Schon bleibt der an der Aststelle hängen. »Das ging ins Auge.«
– Mal wieder. Augenscheinlich war der Augenaufschlag der augenblicklich erschienenen Schönen, die ihm da so schöne Augen machte, Auslöserin des Malheurs. Hat er auf sie doch schon lange das ein oder andere Auge geworfen, versichern Augenzeugen glaubhaft.
Die kleine Szene zeigt: Sprachbildlich wird das Sehorgan alltäglich auf vielerlei Weise im Munde geführt. So wird zum Beispiel Nachsichtigen bescheinigt, dass sie gerne mal ein Auge zudrücken. Hinlänglich bekannt ist auch, dass selbst Kurzsichtige manchmal Stielaugen bekommen, wenn ihnen etwas Besonderes – etwa ein Kirchturm – ins Auge fällt oder sticht. (Eine beliebte Stilblüte, nicht nur in Schulaufsätzen.)
Und wohl jeder weiß um den Aha-Effekt, wenn es einem plötzlich »wie Schuppen von den Augen fällt«, oder kennt das unbehagliche Gefühl, jemandem »unter die Augen treten« zu müssen. Zur gängigen Redewendung geworden ist auch die Metapher von dem über allem wachenden »Auge des Gesetzes« aus dem »Lied von der Glocke« von Friedrich Schiller.
Eine tiefgründigere Facette des Sprachbildes »Auge« zeigt der andere große deutsche Dichter Johann Wolfgang von Goethe auf, der in seiner Farbenlehre schreibt: »In ihm spiegelt sich von außen die Welt, von innen der Mensch.« Und weiter leuchtet eine religiöse Dimension auf etwa bei der christlichen Mystikerin Hildegard von Bingen, für die das Sehorgan das »Fenster zur Seele« ist.
Andere sprechen gar gleich vom Auge als einem »Spiegel der Seele« oder »Spiegel des Inneren«. Es mag so sein. Doch heißt das nicht, dass jeder, wie manche glauben, jede Gefühlsregung eines Menschen immer und überall an seinen Augen ablesen kann. Dazu sind wohl doch zu viele Analphabeten unterwegs.
Nicht zu vergessen: Das Auge ist ein Sinnesorgan, das täuschen und getäuscht werden kann. Eine besondere Form der Täuschung ist die Selbsttäuschung, biblisch gekleidet in die Frage »Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?« (Matthäus 7,3) – Der dritte Passionssonntag »Okuli«, abgeleitet vom lateinischen Wort »oculus« für »Auge«, mahnt denn auch, sich in seinem Urteil nicht von falschen Perspektiven leiten zu lassen. [UH]
Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr? Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge?
Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen. (Lukas 6,41–42)
Aus: Bernd Becker (Hg.): Die Getanzte Kollekte. 100 kurze Geschichten zum Lesen und Vorlesen.
Homo - Der Mensch
Adam / (1) der erste Mensch / ist / am sechsten Tag der Erschaffung / von Gott / nach Gottes Ebenbild / aus einem Erdenkloß;
und Heva / (2) das erste Weib / aus der Riebe des Manns / erschaffen worden.
Diese / von dem Teufel / in Gestalt der Schlange / (3) verführet / als sie assen von der Frucht des verbottnen Baums / (4) wurden zum Elend (5) und Tod / mit aller ihrer Nachkommenschafft verdammet und aus dem Paradeis (6) verstossen.
Nürnberger Ausgabe (1658), mit Illustrationen von Paul Kreutzberger
Auf eine so gewichtige Frage kann ich nur mit etwas antworten, was langsam gelesen werden will:
In der niemals ganz abzustellenden Angefochtenheit meines Glaubens suche ich in der unserer Lebenszeit eine Perspektive gebenden Ewigkeit des Bundes Gottes, der in Israel seinen Anfang genommen hat und in Christus die ganze Menschheit einbezogen hat, nach immer neuer Ermutigung, dem Handeln und Wollen Gottes heute nachzugehen. Ich verstehe mich darin als reformiert, dass es mir nicht um meine eigene Frömmigkeit geht, sondern angesichts der verbreiteten unverschämten Selbstvergottung des aller Demut entfremdeten Menschen um die immer wieder neu und durchaus nüchtern zu suchende Ehre Gottes. Um mich nicht mit einer religiösen Nebenwelt zufriedenzugeben, ist es mir wichtig, in allen Glaubensfragen auch ehrlich mir selbst gegenüber zu bleiben. Diese immer wieder nach neuer Vergewisserung fragende Skepsis dem eigenen religiösen Gebaren gegenüber ist nach meiner Wahrnehmung ein besonderes Kennzeichen der reformierten Tradition.
Michael Weinrich
Am Anfang war der Mensch von Gott zum Ebenbilde Gottes geschaffen in Gerechtigkeit und
wahrer Heiligkeit, gut und fehlerlos. Weil er aber auf Antrieb der Schlange und durch eigene
Schuld von dieser Güte und Rechtschaffenheit abfiel, geriet er unter die Macht der Sünde, des
Todes und mannigfaltiger Übel. Und so wie er nun nach dem Sündenfall geworden war, sind eben
alle, die von ihm abstammen, der Sünde nämlich, dem Tode und mannigfaltigen Übeln verfallen.
Das Zweite Helvetische Bekenntnis (1566)
Im Vertrauen auf das Wort Gottes spricht der Glaube von Gottes kommendem Reich, nicht von sich selbst; er zeigt er sich als ein suchendes Erkennen und als ein tätiges Bekennen der im Christus Jesus geschehenen Wende.
Aus: „Systematische Theologie im Kontext biblischer Geschichte und Eschatologie“ / §25