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2. Sonntag nach Trinitatis: Lukas 14,15-24 - das äußerliche Bekenntnis des Glaubens genügt nicht
von Johannes Calvin
Vorweg ein Kommentar der Redakteurin Barbara Schenck:
In der folgenden Auslegung schlägt den Lesenden der Antijudaismus der Reformationszeit aus der Feder Calvins entgegen. Calvin sagt dabei allerding, dass diese Lehre uns allen „in gleicher Weise“ gelte: „Denn allen Gottlosen, die sich heftig gegen die Diener am Evangelium erheben, bleibt das gleiche Ende, das Christus den Juden voraussagt. Die aber so von irdischen Sorgen in Beschlag genommen sind, daß sie die Einladung Gottes in den Wind schlagen, werden alle elend verschmachten“.
Bei seinem Bezug auf die herausgerissenen Zweige im Ölbaumgleichnis verschweigt Calvin an dieser Stelle, was der Apostel Paulus betont: „Ganz Israel wird gerettet werden“ (Römer 11,26), die Juden bleiben „im Blick auf die Erwählung“ „Geliebte um der Väter willen“, denn: „Gottes Gaben und Berufungen können ihn nicht gereuen“ (Römer 11,28f.).
Matth. 22, 1. „Und Jesus hob an.“ Obgleich Matthäus dieses Gleichnis innerhalb anderer Reden wiedergibt, die Christus um die Zeit seines letzten Passahfestes gehalten hat, und trotzdem keine Zeitangabe macht, so bestätigt doch Lukas deutlich, daß Christus so gesprochen habe, als er am Tisch des Pharisäers zu Gast war. Darum schien es mir besser, dieser Anordnung zu folgen. Da es nun wiederum die Absicht des Matthäus war, die Gründe aufzuzeigen, aus denen die Schriftgelehrten sich zum äußersten Haß treiben ließen, stellte er dieses Gleichnis auch wieder geschickt zwischen die Keilen gegen die Pharisäer und in ihren Zusammenhang und ließ damit die zeitliche Abfolge der Ereignisse außer acht. Bei der Erzählung des Lukas ist bemerkenswert, daß Christus, als einer von den Tischgenossen äußerte, selig sei der, der das Brot esse im Reich Gottes, dies zum Anlaß nahm, den Juden ihre Undankbarkeit vorzuwerfen. Obgleich es kaum glaubhaft ist, daß ein Gast und Freund des Pharisäers ernsthaft und aus Frömmigkeit zu diesem Wort gefunden hätte, so scheint es mir dennoch kein Hohn zu sein, sondern ich glaube, daß, wie Menschen, die nur von einem schwachen Glauben gestreift, aber nicht geradezu gottlos zu nennen sind, beim Mahl auf lässige Art über das ewige Leben zu plaudern pflegen, auch das Wort von der zukünftigen Glückseligkeit von diesem Mann eingeworfen wurde, um damit Christus eine Antwort zu entlocken. Und seine Worte zeigen deutlich, daß er nur etwas Handgreifliches, Irdisches ersehnt hat. Denn wenn er vom Brotessen spricht, darf man das nicht als ein Bild für den Genuß der ewigen Herrlichkeit verstehen, sondern es scheint nur von irgendeinem Glückszustand, in dem es an nichts fehlt, geträumt zu haben. Doch ist der Sinn, daß selig sind, die das Brot Gottes essen, nachdem sie Gott als seine Kinder in sein Reich versammelt hat.
Matth. 22, 2. „Das Himmelreich ist gleich einem Könige.“ Wie jener Spartaner einst sagte, die Athener wüßten recht gut, was recht sei, sie wollten es nur nicht tun, so wirft hier Christus den Juden vor, daß sie zwar prächtige Worte über das Reich Gottes machen, aber, wenn sie Gott gütig und freundlich zu sich einlädt, seine Gnade verächtlich zurückweisen. Denn zweifellos hat er ganz besonders die Juden im Auge; das wird ein wenig später noch deutlicher werden.
Im übrigen unterscheidet Matthäus sich von Lukas darin, daß er viele Einzelzüge aufzählt, während jener, zusammenfassend und im allgemeinen bleibend, nur die Sache vorträgt. So spricht Matthäus davon, ein König habe für seinen Sohn eine Hochzeit gefeiert; bei Lukas wird einfach ein Gastmahl erwähnt. Matthäus erzählt von mehreren Knechten, Lukas nennt nur einen einzigen. Matthäus berichtet, der König habe sie mehrmals ausgesandt, Lukas spricht nur von einem einzigen Mal. Matthäus sagt, einige von den Knechten seien übel behandelt oder sogar getötet worden, Lukas spricht nur von Verachtung. Schließlich kommt bei Matthäus ein Mann vor, der hinausgeworfen wurde, weil er ohne ein hochzeitliches Kleid zu dem Gastmahl vorgedrungen war; davon wird bei Lukas gar nichts erwähnt. Aber wir haben auch schon an anderen Stellen ähnliche Unterschiede beobachtet, daß Matthäus nämlich beim Vortragen derselben Sache reicher und breiter ist. Im Ganzen stimmen sie aufs beste darin überein, daß die Juden, als Gott sie mit einer ganz besonderen Line würdigte und ihnen gewissermaßen einen gastlichen Tisch deckte, die Ehre verachteten, die er ihnen anbot. Ich stimme gern zu, wenn viele Ausleger den Königssohn, für den die Hochzeit veranstaltet wird, auf Christus beziehen. Denn er ist das Ende des Gesetzes, und Gott wollte mit seinem Bund nichts anderes als ihn an die Spitze seines Volkes stellen und ihn durch das heilige Band einer geistlichen Ehe mit der Gemeinde verbinden. Wenn Christus nun sagt, es seien Knechte ausgesandt worden, um die Geladenen zu rufen, so wollte er mit diesen Worten die doppelte Gnade Gottes kennzeichnen. Einmal hatte er die Juden den andern Völkern vorgezogen, und dann hat er ihnen durch die Propheten ihre Annahme an Kindesstatt kundgetan. Denn Christus spielt auf die Art an, wie sie bei den Menschen üblich ist, daß sie während der Hochzeitsvorbereitungen eine Liste derer aufstellen, die sie gern als Gäste hätten; dann laden sie sie durch ihre Knechte ein. So erwählte Gott die Juden vor anderen, als ob sie seine vertrauten Freunde wären. Dann rief er sie durch die Propheten, daß sie zum Hochzeitsmahl kämen, das heißt, daß sie der verheißenen Erlösung teilhaftig würden. Obgleich nun die ersten unter den Gerufenen nicht bis zum Kommen Christi lebten, so wissen wir doch, daß allen ein gemeinsames Heil angeboten wurde, dessen sie sich durch ihre Undankbarkeit und Bosheit beraubten. Denn von Anfang an verachtete jenes Volk die Einladung Gottes in gottloser Weise.
Matth. 22, 4. „Abermals sandte er andere Knechte ans.“ Er redet ganz so, als ob es dieselben Menschen gewesen seien, denn es war ja ein Volksganzes. Der Sinn ist: Als der selige, heitere Tag der Erlösung kam, wurden sie daran erinnert, damit sie rechtzeitig zur Stelle wären. Denn der Zeitpunkt war ihnen lange vorher mitgeteilt worden. Nun aber sagte Christus, sie seien in dem Augenblick selbst noch einmal von neuen Boten gedrängt worden, sich zu beeilen. Denn die erste Einladung, an die er erinnert, umfaßt alle früheren Weissagungen bis hin zur Verkündigung des Evangeliums. Obgleich das Volk einst schon mit den Propheten sein grau-sames Spiel getrieben hatte, so war doch ihre Raserei mit der Zeit noch gewachsen, so daß über Christus und die Apostel schließlich der ganze Sturm losbrach. Dem alten Volk wirft Christus nur Verachtung und Hochmut vor. Die letzten Knechte aber, die zur Stunde des Mahls gesandt wurden, sollen nach seinen Worten beschimpft oder getötet worden sein. So ließ sich dieses Volk zur schlimmsten Untat hinreißen, als zu der stolzen Zurückweisung der Gnade auch noch eine wütende Grausamkeit kam. Doch betrifft dieses Vergehen nicht alle in gleicher Weise, weil die Gnade Gottes auch bei dem letzten Ruf, der durch das Evangelium geschah, teilweise von den sicheren Verächtern verspottet, teilweise von den Heuchlern wütend zurückgeschlagen wurde. Doch so pflegt es zu gehen, daß die Gottlosen desto schlimmer gegen Gott losschlagen, je dringender er sie zum Heil nötigt. Nun ist der Teil des Gleichnisses zu behandeln, den Matthäus und Lukas gemeinsam haben, nämlich daß der eine in sein Haus ging, der andere zu seinen Geschäften; oder, wie es bei Lukas heißt, daß einer sich entschuldigt, er habe eine Frau genommen, ein anderer, er habe ein Landgut gekauft, wieder ein anderer, er habe fünf Joch Ochsen erworben. Mit diesen Worten zeigt Christus, daß die Juden der Welt und den irdischen Dingen zugetan waren und niemandem Zeit blieb, zu Gott zu gehen, wie auch wir jetzt in den Sorgen der Welt gelangen sind; es gibt so viele Ablenkungen, die uns vom Reich Gottes abziehen. Es ist eine Schande, daß die Menschen, die für das himmlische Lehen geschaffen sind, sich in tierischem Stumpfsinn ganz an vergängliche Dinge hau gen; aber diese Krankheit treibt überall ihr Wesen. So gibt es von hundert kaum einen einzigen, der das Reich Gottes vergänglichem Reichtum und anderen Vergänglichkeiten vorzieht. Obgleich nicht alle unter der gleichen Krankheit leiden, so wird doch jeder von seiner Begierde in die verschiedensten Richtungen gezogen. Dadurch werden alle hierhin und dorthin abgelenkt. Außerdem ist zu beachten, daß von den gottlosen Menschen ehrenwerte Vorwände beigebracht werden, um die Gnade Gottes zurückzuweisen, als ob ihre Sorglosigkeit, entschuldbar wäre, wenn sie auf die Geschäfte des irdischen Lebens aus sind und das himmlische Erbe für nichts achten. Wir sehen, wie Christus uns solche Liebhabe reim aus der Hand stillägt, damit nicht einer meine, es nütze ihm etwas, wenn er als Grund angibt, er würde durch irdische Behinderungen abgehalten. Ja, die Schuld der Menschen verdoppelt sich dadurch, daß sie sich durch Dinge, die sonst erlaubt sind, hindern lassen, wo diese ihnen doch eigentlich helfen sollten. Denn wozu gestattet uns Gott die Annehmlichkeiten des gegenwärtigen Lebens, als daß er uns damit an sich locken will? Aber davon sind wir weit entfernt, daß wir uns nach dem Himmel sehnen, wenn uns tue Wohltaten Gottes Erleichterung bieten. Vielmehr werden uns der heilige Ehestand, Äcker und übrige Güter allesamt zu fesseln, die uns an die Erde heften und binden.
Matth. 22, 7. „Da ward der König, zornig.“ Diese Strafe erwähnt allein Matthäus, weil bei Lukas gar nicht von dem Unrecht die Rede ist, das den Knechten zugefügt wurde. Beide sagen jedoch dies, daß die ausgeschlossen wurden und der Ehre, am Gastmahl teilzunehmen, verlustig gingen, die nicht zur festgesetzten Zeit gekommen waren. Diese Lehre gilt uns allen in gleicher Weise. Denn allen Gottlosen, die sich heftig gegen die Diener am Evangelium erheben, bleibt das gleiche Ende, das Christus den Juden voraussagt. Die aber so von irdischen Sorgen in Beschlag genommen sind, daß sie die Einladung Gottes in den Wind schlagen, werden alle elend verschmachten, weil sie schließlich vor lauter Mangel hungrig geworden sind. Wir wollen darum, immer wenn er uns ruft, gerüstet und behende sein, ihm zu folgen.
Matth. 22, 9. Darum gebet bin auf die Straßen. Nachdem er gezeigt hat, daß die der Gnade Gottes unwürdig seien, die sie hochmütig abweisen, wenn sie ihnen angeboten wird, sagt er jetzt, andere träten an ihre Stelle, und zwar die bei dem Volk Unbekanntesten und am meisten Verachteten. Hier wird die Berufung der Heiden beschrieben, die die Juden zur Eifersucht reizen soll, wie es in dem Lied des Mose heißt: „Sie haben mich gereizt durch einen Nicht-Gott, durch ihre Abgötterei haben sie mich erzürnt. Ich aber will sie wieder reizen durch ein Nicht-Volk; durch ein gottloses Volk will ich sie erzürnen" (Deut. 32, 21). Da die Juden an erster Stelle erwähnt waren, stellten sie sich vor, die Gnade sei an sie gebunden, als ob Gott nicht ohne sie sein könnte. Es ist bekannt, wie stolz sie auf alle anderen herabgesehen haben. Darum vergleicht Christus in einem Zugeständnis die Heiden mit Bettlern, Blinden und Lahmen. Er versichert, sie würden von den Straßen und Gassen hereingerufen wie Fremde und Unbekannte und würden dennoch an den Ehrenplatz treten, der von den Freunden und Vertrauten ausgeschlagen worden war. So drückt er deutlich aus, was die Propheten in mehr verhüllender Weise über die Schöpfung der neuen Gemeinde vorausgesagt hatten. Und sicherlich gipfelt die Strafe Gottes dann in dieser Schmach, daß er sie als die echten Zweige abschnitt und in die Wurzel des Ölbaums ein wildes Setzreis einpfropfte (vgl. Römer 11, 17). Das heißt, er sagte sich von ihnen los und nahm befleckte, gemeine Heiden in sein Haus auf. Wenn er nun damals schon die natürlichen Zweige nicht verschont hat, dann droht uns heute die gleiche Rache, wenn wir ihm nicht auf seinen Ruf antworten. Denn das Mahl wird nicht umkommen, das uns bereitet war, sondern Gott wird sich andere Tischgenossen herbeiholen.
Luk. 14, 23. „Nötige sie hereinzukommen.“ Das heißt soviel, wie wenn ein Hausvater die Bettler durch lautes Rufen antriebe und keinen von dem letzten Abschaum überginge. Mit diesen Worten zeigt Christus, daß Gott sich lieber alles Gelichter der Welt zusammenkratzen wird, als daß er die Undankbaren nachträglich noch an seinen Tisch läßt. Doch scheint er auf die Art der Einladung durch das Evangelium anzuspielen, denn dort wird uns nicht einfach die Gnade Gottes vorgesetzt, sondern zu der Verkündigung kommen zugleich Mahnungen und Antriebe hinzu, an denen man die wunderbare Güte Gottes erkennt. Denn wenn er sieht, daß wir träge sind, nachdem wir gerufen wurden, dann rüttelt er uns rücksichtslos aus unserer Faulheit auf. Und er beunruhigt uns nicht nur durch Mahnungen, sondern er treibt uns auch durch Drohungen dazu, zu ihm zu kommen. Ich habe nichts dagegen, daß Augustin dieses Wort des öfteren gegen die Donatisten angewendet hat, um damit zu erweisen, daß es frommen Fürsten erlaubt ist, durch Verfügungen Rücksichtslose und Widerspenstige zur Verehrung des wahren Gottes und zur Einheit des Glaubens zu zwingen. Denn obwohl der Glaube eine freiwillige Angelegenheit ist, so sehen wir doch, daß diese Maßnahmen nützlich sind, um die Hartnäckigkeit der Leute zu zähmen, die nur gehorchen, wenn sie gezwungen werden.
Matth. 22, 11. „Da ging der König hinein, die Gäste zu besehen.“ Hier wendet sich Christus nicht mehr an die Juden, daß sie in gottloser Weise die Gnade und den Ruf Gottes verachtet hätten. Sondern er warnt die rechtzeitig, die an ihre Stelle treten sollten, daß sie nicht mit ihrem Schmutz die heilige Hochzeit beflecken, wenn Gott sie würdigte, an seinem Mahl teilzuhaben. Darum lehrte er dir ganze Zeit, daß die Juden wegen ihres gottlosen Hochmuts des besonderen Vorrechts ihrer Ehrenstellung verlustig gegangen seien und daß von den gottfernen und verworfenen Heiden die gerufen würden, die ihren Platz ausfüllen sollten. Jetzt aber kündigt er an, daß auch aus ihrer Zahl getilgt würde, wer der Gemeinde zur Schande gereiche. Denn da Gott alle ohne Unterschied durch das Evangelium ruft, schlüpfen viele unreine und befleckte Menschen mit hinein, die zwar eine Zeitlang ihren Platz unter den andern behaupten, doch schließlich, wenn Gott seine Gäste mustert, hinausgeworfen und zur Strafe gezogen werden. Das Ganze soll heißen: Nicht alle, die einmal Eingang in die Gemeinde gefunden haben, werden des ewigen Lebens teilhaftig sein, sondern nur die, die mit dem himmlischen Schmuck angetan sind und eines würdigen Verhaltens erfunden werden. Weiter nun streitet man über das „hochzeitlich Kleid“ völlig sinnlos, ob es der Glaube sei oder ein heiliges, frommes Leben. Denn man kann den Glauben nicht von den guten Werken scheiden, und die guten Werke entspringen nur aus dem Glauben. Christus wollte nur dies sagen, daß der Herr uns unter der Bedingung zu sich ruft, daß wir durch den Geist in sein Ebenbild erneuert werden, und damit wir beständig in seinem Haus bleiben dürfen, müssen wir den alten Menschen mit seinen Schmutzflecken ausziehen und nach einem neuen Leben trachten, damit unser Kleid diesem so ehrenvollen Ruf entspreche. Aber man fragt, wie es zugehe, daß ein Bettler so hart bestraft wird, weil er kein hochzeitliches Kleid mitbrachte, als ob es etwas Ungewöhnliches sei, daß einer, der sich seinen Lebensunterhalt an den Straßenecken erbettelt, zerlumpt und häßlich aussieht. Ich antworte: Hier wird nicht erörtert, woher man das Kleid nehmen soll. Denn die der Herr einlädt, denen schenkt er zugleich auch das Kleid, und an uns allen erfüllt sich, was Ezechiel (16, 7 f.) sagt, daß Gott, der bei uns nichts als erbärmliche Blöße und häßlichen Schmutz vorfinde, uns mit einem prächtigen Gewand schmücke. Wir wissen auch, daß wir nur so in das Ebenbild Gottes erneuen werden, daß wir Christus anziehen. Nicht darum erklärt Christus, die armen Leute würden hinausgeworfen, weil sie kein kostbares Gewand mitbringen, das aus ihrem Besitz stammt, sondern weil sie in ihrem Schmutz vorgefunden werden, wenn Gott kommt, um seine Gäste zu mustern. Der Schlußsatz aber zeigt erst die Absicht des Gleichnisses, wenige seien erwählt, obwohl doch viele berufen seien. Daraus folgern wir, daß nicht jede einzelne Aussage peinlich genau hin und her zu wenden ist. Denn Christus hat gerade nicht gesagt, daß der Großteil hinausgeworfen werde, sondern er erwähnte nur einen einzigen. Hier aber hören wir, daß nur wenige aus der großen Zahl zurückbleiben. Und obwohl sich heute mehr Menschen durch die Stimme des Evangeliums in der Gemeinde versammeln als einst durch das Gesetz, so bewährt doch sicherlich nur ein geringer Teil seinen Glauben in der Erneuerung seines Lebens. Darum wollen wir uns nicht mit einem Scheinglauben begnügen, sondern jeder soll sich ernstlich prüfen, ob er bei der letzten Auswahl unter die rechtmäßigen Gäste gezählt werden kann. Denn Paulus ermahnt sehr richtig (2. Tim. 2, 19f.); es seien im Hause des Herrn Gefäße zu Ehren und Gefäße zu Unehren, darum soll von Ungerechtigkeit abtreten, wer den Namen des Herrn nennt. Ich will mich hier nicht weiter über die ewige Erwählung Gottes auslassen. Denn die Worte Christi wollen nur sagen, daß das äußerliche Bekenntnis des Glaubens in keiner Weise genügt, damit Gott jeden zu den Seinen rechnet, wer immer äußerlich seiner Berufung gefolgt zu sein scheint.
Aus: Otto Weber, Calvins Auslegung der Heiligen Schrift. Zwölfter Band: Die Evangelien-Harmonie 1. Teil, Neukirchener Verlag, 1966, S. 499ff.