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8. Sonntag nach Trinitatis: Matthäus 5,13-16 – Ihr seid das Licht der Welt
von Johannes Calvin
Matthäus 5,13-16
13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz kraftlos wird, womit soll man`s salzen? Es ist zu nichts hinfort nütze, denn daß man es hinausschütte und lasse es die Leute zertreten. 14 Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. 15 Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. 16 So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, daß sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.
Matth. 5, 13. „Ihr seid das Salz der Erde.“ Was der Lehre eigentümlich ist, wird hier auf die Menschen übertragen, denen die Verwaltung des Wortes anvertraut ist. Wenn Christus die Apostel „Salz der Erde" nennt, meint er, ihre Aufgabe sei es, die Erde zu salzen; denn die Menschen wären sonst nur wie ungenießbare Speise, solange sie nicht mit dem Salz der himmlischen Lehre gewürzt würden. Nachdem er sie zu ihrer Berufung ermuntert hat, kündigt er ihnen schweres, schreckliches Gericht an, wenn sie ihrer Aufgabe nicht nachkämen. Und er zeigt, daß die ihnen anvertraute Lehre so eng mit einem guten Gewissen und einem frommen gerechten Leben verbunden ist, daß, was bei anderen noch an Verderbtheit zu ertragen sei, bei ihnen abscheulich und für eine Mißgeburt zu halten wäre. Er will sagen: Mögen vor Gott die übrigen Menschen fade sein, euch wird das Salz gegeben, das ihnen Geschmack beibringen soll. Wenn ihr aber selbst ohne Geschmack seid, woher wollt ihr das Mittel nehmen, das ihr andern weitergeben solltet? Der Herr führt sein Bild wirklich sehr geschickt aus, wenn er sagt: Andere Dinge, die verderben, lassen sich doch wenigstens noch auf andere Weise gebrauchen; verdorbenes Salz aber ist schädlich genug, selbst Mistgruben mit Unfruchtbarkeit zu belegen. Kurz, es ist eine unheilbare Krankheit, wenn Diener und Lehrer des Wortes sich selbst verführen und als kraftlos herausstellen, während sie doch die übrige Welt mit ihrem Salz würzen sollten. Doch nicht nur den Predigern ist diese Mahnung nützlich, sondern der ganzen Gemeinde Christi. Denn wenn Gott will, daß die Erde mit seinem Wort gesalzen werde, so gilt folglich als fade und töricht vor ihm, wem dies Salz mangelt, mag er vor Menschen auch Weisheit besitzen. Deshalb nehmen wir am besten dieses Gewürz an, das allein unsere Torheit heilt. Indessen mögen die zum Salzen Beauftragten darauf achten, daß sie die Welt nicht in ihrer Albernheit bestärken; und noch mehr, daß sie sie nicht durch einen schlechten und mangelhaften Geschmack vergiften. Darum ist die Unredlichkeit der Papisten kaum zu ertragen. Als ob Christus wirklich beabsichtigt hätte, seinen Aposteln eine zügellose Willkür zu erlauben und sie zu Tyrannen über die Seelen einzusetzen. Er hat sie vielmehr an ihre Pflicht gemahnt, nicht von der rechten Linie abzuweichen. Christus verkündet, wie nach seinem Willen die Lehrer der Kirche sein sollen. Die sich ohne jedes Recht als Apostel empfehlen, bedecken mit diesem Deckmantel, was ihnen an Greueltaten beliebt. Wohl hat Christus Petrus und seine Gefährten Salz der Erde genannt; indessen müssen sie doch die schwere Drohung bedenken, daß sie die Schlimmsten von allen werden, wenn sie sich als salzlos herausstellen. Bei Lukas steht dieser Satz gleichsam unvermittelt, aber zu demselben Zweck, so daß es einer eigenen Erklärung nicht bedarf.
Matth. 5, 14. „Ihr seid das Licht der Welt.“ Obwohl wir alle Kinder des Lichtes sind, nachdem uns der Glaube erleuchtet hat, wird uns darüber hinaus aufgetragen, brennende Lampen in Händen zu halten, damit wir in der Finsternis nicht irregehen und sogar anderen noch den Weg zum Leben zeigen. Weil vornehmlich den Aposteln die Verkündigung des Evangeliums aufgetragen war, wie heute den Hirten der Gemeinde, richtete Christus dieses Wort besonders an sie; also so: eure Stellung nehmt ihr dazu ein, damit ihr allen gleichsam von einem erhöhten Standort aus leuchtet. Daran fügt er zwei Gleichnisse: es könne eine Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein, und ein brennendes Licht pflege man nicht zu verbergen. Mit solchen Worten deutet er an, sie müßten so leben, als ob sie den Augen aller Menschen ausgesetzt wären. Je mehr einer hervorragt, desto schwerer schadet er zweifellos durch sein übles Vorbild, wenn er sich unrecht aufführt. Darum will Christus, daß seine Apostel mit größerem Eifer sich um ein frommes und heiliges Leben bemühen als sonst irgendwelche unbekannten Leute aus der Menge, denn auf sie seien die Augen aller gerichtet wie auf Leuchter. Völlig unerträglich sei es, wenn Frömmigkeit und Reinheit in ihrem Leben nicht der Lehre entspreche, deren Diener sie sind. Bei Markus, und Lukas scheint dies Gleichnis anders angewandt zu werden; denn dort, warnt Christus im allgemeinen davor, daß nicht einer meint, sündigen zu dürfen, weil er sich darauf verläßt, daß ihn keiner sieht. Denn was zur Zeit noch verborgen ist, wird einmal ans Licht kommen. Vielleicht aber trug er beide Bilder für sich und ohne Zusammenhang vor.
Matth. 5, 16. „Also lasset euer Licht leuchten vor den Leuten.“ Nachdem Christus aufgezeigt hat, die Apostel ständen auf jener Höhe, damit ihre Fehler wie ihre Tugenden weit in die Ferne leuchteten zum guten und schlechten Beispiel, befiehlt er ihnen jetzt, ihr Leben so zu gestalten, daß sie alle zum Ruhm Gottes anfeuerten. „Die Menschen sollen eure guten Werke sehen", sagt er, weil, wie Paulus bezeugt (2. Kor. 8, 12), die Gläubigen nicht nur vor Gott, sondern auch vor den Menschen verantwortlich sind. Denn sein Gebot ein wenig später, die guten Werke möglichst in der Verborgenheit und Abgeschiedenheit zu tun, will nur den Ehrgeiz zurechtweisen. Nun wahrlich geht es ihm um ein ganz anderes Ziel, um die Ehre des einigen Gottes. Wenn man nun aber den Ruhm der guten Werke Gott nicht in der gebührenden Weise zuteil werden läßt und das Lob ihm nicht darbringt als dem einzigen Urheber, so wird hier deutlich, daß ohne offene, grobe Beleidigung Gottes der freie Wille nicht gepriesen werden kann; als ob seine Tugend die guten Werke ganz oder teilweise hervorbrächte. Andererseits ist zu beachten, wie wohlwollend Gott mit uns handelt: er nennt unsere Werke gut, wo doch von Rechts wegen alles Lob ihm gebührt.
Aus: Otto Weber, Calvins Auslegung der Heiligen Schrift. Zwölfter Band: Die Evangelien-Harmonie 1. Teil, Neukirchener Verlag, 1966, S. 176ff.