Die Sturmstillung Jesu und Fukushima, Japan

Eine Versprechung von Bibelwort und Bildern der Katastrophe in Japan

Von Michael Ebener, Göttingen im März 2011

Markus 4, 35

Und im Laufe desselben Tages
sprach er zu ihnen:
Lasst uns hinüberfahren.

Und im Laufe desselben Tages,
Freitag, 11. März,
sprach‘s zu ihnen
irgendwie irgendwas:
Lasst uns hinüberblicken –
Nachrichten hören, fernsehen.“
Livestreamleitung,
Handyvideos in Echtzeit
auf den Servern.

Markus 4, 36

Und sie ließen das Volk gehen
und nahmen ihn mit, wie er im Boote war,
und es waren noch andere bei ihm.

Und sie ließen liegen, was sie sonst tun –
wieder einmal, wieder am elften.
Setzten sich, wo sie sich sicher wähnen.
Im Boote?
Nein: An den Küchentisch, aufs Sofa, an den Schreibtisch.
Und es waren noch andere,
die taten genauso.

Markus 4, 37

Und es erhob sich ein großer Windwirbel,
und die Wellen schlugen in das Boot,
so dass das Boot schon voll wurde.

Und es erhob sich
(bald)
ein großer, verpixelter Windwirbel auf ihren Bildschirmen –
eine Rauchwolke.
Schrecken in Endlosschleife:
„Da explodiert ein Atomkraftwerk –
so sieht „Restrisiko“ aus!“
Und die Wellen schlugen ein
(vorher)
auf alles, was ihnen im Weg war:
Ganze Städte, Landstriche –
voll von Schlamm, Bauteilen, Habseligkeiten.
Und Leichen.
Die sah man nicht.
Aber sie mussten da sein:
„Wo sind all die Menschen hin,
die da gelebt haben?“
Weggespült –
dünne Kruste Zivilisation.
Die Boote an Land
auf den Resten der Dächer.

Markus 4, 38

Und er war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen.
Und sie weckten ihn auf
und sprachen zu ihm:
Meister, fragst du nichts danach,
dass wir umkommen?

Und Gott?
Der war hinten,
als ob er schlief auf einem Wolkenkissen.
Und sie
(manche)
kamen zusammen,
in den Kirchen, in den Häusern.
Riefen ihn an mit Geschrei und Gebet,
weckten ihn auf und sprachen zu ihm:
„Fragst du nichts danach, dass wir umkommen?“

Markus 4, 39

Und er stand auf
und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer:
Schweig und verstumme!
Und der Wind legte sich,
und es entstand eine große Stille.

Und Gott stand auf
und sah auf den GAU und das Meer.
Und er bedrohte nicht den GAU
und er sprach nicht zu dem Meer
er bedrohte sie und sprach zu ihnen:
„Schweigt und verstummt!“
Und es entstand eine große Stille.
Wohl drei Monate lang …

Markus 4, 40

Und er sprach zu ihnen:
Was seid ihr so furchtsam?
Habt ihr noch keinen Glauben?

Und Gott sprach zu ihnen:
„Was seid ihr so furchtsam?
Habt ihr noch
keine Einsicht?
Abschalten!
Und beeilt Euch;
was passieren kann, passiert!
Glaubt nicht,
ihr könntet herrschen
über Windwirbel, Atom, große Welle im Hafen,
Beben und Meer. 
Sicher?
In solchen Booten?“

Markus 4, 41

Sie aber fürchteten sich sehr
und sprachen untereinander:
Wer ist der?
Auch Wind und Meer sind ihm gehorsam!

Sie aber fürchteten sich sehr
das ist gut! -
und sprachen untereinander:
„Wer ist der?

Atom und Meer sind nicht gehorsam.
Dann besser wir,
ihm!

Amen.


Michael Ebener, Pfarrer in Göttingen