Gottes Wort leitet unsere Füße auf den Weg des Friedens

Predigt aus der Themenreihe 'Leib und Seele'


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Von Stephan Schaar

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus! AMEN.

Liebe Gemeinde!

Wie vornehm beschreibt doch die Bibel - oder besser gesagt Luther in seiner Übersetzung - ein urmenschliches Bedürfnis, indem es heißt, Saul habe “seine Füße bedeckt”. Was tat der König im Schutz einer Höhle? - Er erleichterte sich.

Viel mehr erleichtert war er allerdings ein paar Augenblicke später, als David ihm einen bei eben dieser Verrichtung abgeschnittenen Zipfel seines Gewandes präsentierte; er hätte ebensogut tot sein können, wenn der von ihm Verfolgte Gleiches mit Gleichem vergolten hätte.

Zu Beginn des Gottesdienstes hörten wir, wie “schön” die Füße des Freudenboten seien. Auch dies geht auf den Übersetzer Luther zurück. Poetisch und passend finde ich diese Formulierung. Doch es geht dabei nicht um Ästhetik, sondern um jene Freude, welche die Botschaft auslöst. Gesagt werden soll also: Schön ist es, dass die Füße des Botschafters durch die Berge eilen, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt.

Die Füße - für sich allein wohl nicht so ein ergiebiges Thema wie der Kopf. Eher schmeckt es ein bisschen nach “eingeschlafene Füße” - wie wir salopp zum Ausdruck bringen, wenn etwas langweilig ist. Immerhin tritt man damit niemandem so leicht auf die Füße, denn es klingt ganz und gar nicht heikel, sich mit dem Erdgeschoss unseres Körpers zu beschäftigen.

Immerhin legen wir wert darauf, dass etwas “Hand und Fuß” hat, und wenn die Verhältnisse unordentlich geworden sind, dann braucht es eine Intervention, dann muss alles Mögliche wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden, damit eine gute Ordnung wiederhergestellt ist.

Wenn das jedoch nur halbherzig geschieht, dann sagen wir ironisch, dass man sich “Hände und Füße daran wärmen kann”. Das will ich allerdings, zumal im Winter, nicht geringschätzen.

Im Land der Bibel ist es oftmals heiß und staubig. Das Waschen der Füße ist daher ein Bedürfnis aller, die einen weiten Weg hinter sich haben und mithin eine Verpflichtung für jeden Gastgeber, eine Geste des Willkommens und der Dienstbereitschaft für den Besuch.

Eine von Lukas namentlich nicht genannte Frau, die Jesu Haupt salbt, wäscht und küsst ihm die Füße, während der Hausherr seinem Gast noch nicht einmal Wasser hingestellt hatte, wie Jesus beanstandet, als man der Frau Vorhaltungen macht.

Meist gehören in der Bibel das Waschen der Füße und eine Mahlzeit zusammen - so werden die Besucher erfrischt und gestärkt. Aber auch ein anderes Begriffspaar taucht öfter auf, und zwar das Baden Füße im Blut als ein Triumph des Gerechten über den Übeltäter, der schließlich zur Strecke gebracht und einer gerechten Strafe zugeführt worden ist.

Jener war zuvor mit seinen Füßen zum Bösen gelaufen und hatte seinerseits unschuldiges Blut vergossen, wird an manchen Stellen beklagt.

In allen bisher zitierten Zusammenhängen gibt es keinen übertragenen Sinn. Wortwörtlich versinken die Füße im Schlamm. Wortwörtlich stoßen die Füße an Felsen.

Na ja: Es sind wohl nicht die Füße allein, die den Feind zertreten; dahinter steckt der ganze Mensch.

Doch wenn es gilt, eine Schlange zu töten, dann ist es doch wieder wörtlich zu nehmen - wahrscheinlich muss man sich das sogar barfuß vorstellen, denn Sandalen stellen schon einen bescheidenen Luxus dar, und Stiefel tragen nur Soldaten.

Wenn jemand gefangengenommen wird, dann werden ihm Hände und Füße gebunden. Werden aber die Füße von jemandem umfasst, der dazu auf seine Knie fällt, dann stellt das eine hohe Wertschätzung dar - etwa im Matthäusevangelium, Kapitel 28, Vers 9: Siehe da: Jesus kam ihnen entgegen und sprach: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, umfassten seine Füße und warfen sich vor ihm nieder.

Der Evangelist Johannes erzählt von Lazarus, einem Freund Jesu, den dieser - weil abwesend - nicht hatte heilen können, den man mittlerweile begraben hatte, dessen Hände und Füße mit einem Leichentuch umwickelt waren. Und ebenso berichtet Johannes von einer Salbung Jesu durch Maria, die kostebares Öl auf seine Füße gießt.

Dass man schlecht stehen kann ohne Füße, stellt eine Binsenweisheit dar, wird aber dennoch betont, wo Götzenbilder aus - von oben nach unten - Gold, Silber und Bronze beschrieben werden, die auf tönernen Füßen (oder solchen aus Eisen und Ton) stehen und deshalb eben nicht stehen und erst recht nicht gehen können.

Hingegen werden auf ihre Füße gestellt - neben vielen anderen - die zum Leben Wiedererweckten aus jenem Totental, denen der Prophet Ezechiel in Gottes Namen erst Fleisch, Sehnen und Haut wachsen lässt, um sie schließlich mit seinem Geist anzuhauchen, woraufhin nicht nur die Knochen zusammenrücken, sondern vollständige Körper entstehen, die sich zuletzt bewegen und tatsächlich lebendig sind.

Füße müssen stehen, Füße müssen gehen, sonst taugen sie zu nichts. Die Götzen werden genau darum verspottet - weil sie kaum stehen können und keinen Schritt tun.

Doch Vorsicht: Wer geht, kann straucheln.

Deshalb ist es wichtig und geradezu eine Freudenbotschaft, wenn krumme Wege begradigt, wenn Täler aufschüttet und Berge abgetragen werden.

Freilich gibt es auch Wege, auf die man geführt wird, die man lieber nicht gehen möchte: Und führen, wohin du nicht willst - so das Zitat aus dem Johannesevangelium, das Helmut Gollwitzer seiner Beschreibung der Kriegsgefangenschaft als Titel gab.

Damit man nicht etwa im Dunkeln den Weg verfehlt, braucht man eine Beleuchtung. Wir wissen es sehr zu schätzen, dass unsere Gehwege nachts nicht stockfinster sind, wie das im Mittelalter der Fall war. Deshalb ist es auch schade, finde ich, dass der Senat beschlossen hat, an der Autobahnbeleuchtung zu sparen, weil diese angeblich irrelevant sei für die Sicherheit. Wir werden sehen, wie sich das auswirkt!

Der Beter des 119. Psalms jedenfalls jubelt darüber, dass er nicht im Dunkeln tappen muss, und er preist Gott dafür, dass er seinen Lebensweg hell gemacht hat: Dein Wort ist eine Leuchte meinem Fuß und ein Licht auf meinem Pfad.

Dieses Wort wurde Fleisch, wurde Mensch - deshalb kann der Evangelist Johannes formulieren, dass Jesus sagt: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir folgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern das Licht des Lebens haben.

Wir haben einen Kompass, folgen einer Leuchtspur, ja werden selbst zur Orientierung für andere, wenn unsere Füße den Weg der Nachfolge Christi beschreiten: Ihr seid das Licht der Welt.

Im Licht gehen und so anderen den Weg aufzeigen - das kann man natürlich auch dann, wenn einen die Füßen nicht mehr tragen, etwa wenn man im Rollstuhl sitzt, weil man querschnittsgelähmt ist, oder wenn man eine Prothese trägt, weil das Bein im Krieg verletzt worden ist.

Die Füße, so anmutig sie sein mögen und unbestreitbar nützlich sie sind: Letzten Endes sind sie Werkzeuge, für die wir dankbar sein sollten, aber eben doch nicht mehr als das:

Sie tragen uns - wohin, das müssen andere Regionen des Körpers entscheiden, und dazu sind wir in der Lage, weil wir mit einem Sensorium ausgestattet sind, das uns hilft, Orientierung zu finden: Gottes Wort als Licht auf dem Weg leitet uns, damit wir nicht in den Abgrund stürzen, in dem die Egoisten landen.

Gottes Wort leitet unsere Füße auf den Weg des Friedens, auf den Pfad der Gerechtigkeit und auf die Straße der Achtsamkeit

- auf dass auch unser ökologischer Fußabdruck nicht zu tief werde, wenn wir nur einigermaßen leichtfüßig unterwegs sind;

- auf dass wir einander nicht umstoßen im Gerangel um das Schönste, Beste, Größte, sondern uns gegenseitig stützen und helfen;

- auf dass wir denen aufhelfen, die gestürzt sind, und tragen helfen, denen ihre Last zu schwer wird.

Zuletzt noch eine kleine Anekdote zum Thema “Fuß”:

Als meine Frau und ich noch Mitglieder der “Lankwitz Horns” waren (damals unter der Leitung von Pfarrer Rolf Tischer), machten wir Jahr für Jahr ein Probenwochenende, um neues Repertoire einzustudieren und alte Stücke wieder aufzufrischen. Die schwierigsten Noten waren für viele, auch für mich, die Pausen; die Rhythmik zu lernen, kostete uns viel Zeit, war uns aber auch wichtig, weil der Groove unbedingt stimmen sollte. Wir stellten uns also zu Beginn jeder Probeneinheit im Kreis auf und sprachen die Lieder rhythmisch, während wir von einem Fuß auf den anderen stapften. Und immer, wenn es darauf ankam, weil der Einsatz eben nicht volltaktig war, rief der Dirigent: “Fuß!”, damit wir darauf achteten, dass die Stimmer an einer anderen als der erwarteten Stelle wieder einsetzt.

“Fuß!” - das geht mir seither, wenn ich Saxophon spiele, nicht mehr aus dem Sinn.

Eines unserer Lieblingsstücke damals war “Siyhamb’a” - zu Deutsch: “Wir geh’n weiter auf dem Weg mit Gott!“

Ja, lasst uns das tun: lasst unsere Füße wandeln in Gottes Licht!

Amen.


Stephan Schaar