'Isolierung von Flüchtlingen verschärft Fremdenfeindlichkeit'

Westfalen: Staatssekretär verteidigt Praxis der zentralen Unterkünfte des Landes


Kirchenrat Jan-Dirk Döhling (links) und Staatssekretär Andreas Bothe (rechts) waren sich nicht in allen Punkten einig. © EKvW

Kirchenrat Dr. Jan-Dirk Döhling von der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) hat bei einer Diskussion auf dem Asylpolitischen Forum in Schwerte-Villigst deutliche Kritik am Umgang des Landes NRW mit Flüchtlingen geübt.

Die Zentralen Unterbringungseinrichungen (ZUE) des Landes dürften nicht zu „Ausreise- und Rückführungszentren“ umorganisiert werden, so Döhling. Wo Menschen ohne Perspektive ausharren und ihre soziale und berufliche Entwicklung nicht mitgestalten können, machten sich Verzweiflung, Langeweile, Unsicherheit, Wut und Gewalt breit. „Wo Menschen von der Gesellschaft abgegrenzt und daran gehindert werden, sich als Teil derselben zu erleben, bleiben sie dieser Gesellschaft fremd und die Gesellschaft ihnen“, sagte Döhling. Stattdessen sollten Schutzsuchende so früh wie möglich dezentral in den Kommunen untergebracht werden. Von Anfang an solle die Integration beginnen.

Nach dem sogenannten Asylstufenplan des Landes NRW können alle Geflüchteten bis zu sechs Monaten in einer ZUE festgehalten werden; Asylbewerber, deren Antrag im Schnellverfahren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) abgelehnt wurde, sogar bis zu zwei Jahre. Döhling: „Auch abgelehnte Asylbewerber sind keine Kriminellen.“ Durch die enge Verknüpfung der Landesunterkünfte mit Ausreise, Rückkehr und Abschiebung sei das individuelle Recht auf Asyl gefährdet. Döhling forderte eine Grundentscheidung in der Flüchtlingspolitik, alles für optimale Rahmenbedingungen zur Integration zu tun. Das sei „eine riesig gesellschaftliche Aufgabe, die alle zivilgesellschaftliche, politische und administrative Energie braucht“. Die evangelische Kirche sei jederzeit bereit, hier Verantwortung zu übernehmen.

Staatssekretär Andreas Bothe vom NRW-Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration verteidigte das Ziel des Landes, den Kommunen nur noch anerkannte Flüchtlinge zuzuweisen, um sie zu entlasten. Die Asylverfahren müssten kürzer werden. „Das Land NRW hat großes Interesse an einer zuverlässigen und fachlich optimalen Betreuung der Geflüchteten“, sagte Bothe. Sie bräuchten Beratung, also qualifizierte Informationen über Verfahren und Rechte. Diese Beratung erfolge in NRW jedoch nicht durch das Bamf, wie es das Konzept der sogenannten Ankerzentren des Bundesinnenministeriums vorsieht: „Man kann nicht gleichzeitig Berater und Entscheider sein.“ Regelmäßig werde überprüft, ob die Standards eingehalten werden. Der Staatssekretär verwies u.a. auf Sportaktivitäten und Deutsch-Grundkurse in den Unterkünften und räumte zugleich ein: „Das ist alles noch nicht optimal.“ Bothe betonte aber auch, dass Personen, die sich nicht integrieren wollen, „zügig zurückgeführt werden“. Das würde die Rechtsstellung derjenigen stärken, die auch ohne Bleiberecht Integrationsleistungen erbracht haben. „Unser Ziel ist, gut integrierten Ausländern eine Bleibeperspektive zu eröffnen.“

Abschließend riefen die Teilnehmenden des Forums in einer gemeinsamen Erklärung dazu auf, das Grundrecht auf Asyl zu stärken und „die Abschottungspolitik aufzugeben“. Sie forderten ein europäisches Asylsystem mit gleich hohen Standards in allen Mitgliedsstaaten der EU. Die Erstaufnahme in den Landesunterkünften solle sechs Wochen Aufenthaltsdauer nicht überschreiten. Weitere Forderungen sind u.a. der uneingeschränkte Familiennachzug, keine Abschiebungen in Länder wie Afghanistan, wo Gefahr für Leib und Leben droht, oder der Ausbau der staatlichen Seenotrettung.

Zum Asylpolitischen Forum kamen 150 Haupt- und Ehrenamtliche, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind. Das Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen lädt dazu gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat NRW, PROASYL, Amnesty International, der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe und der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche ein.


Quelle: EKvW