Lukas 2,7: Und sie legte ihn in eine Krippe

Karl Barth zum Stall von Bethlehem und bei uns selbst


Gielis Panhedel: Die Geburt Christi (Ausschnitt) © Wikimedia

An dem dunklen Ort, der Krippe, dem Stall in unserem Leben begrüßt uns der Heiland: „Schämen wir uns nicht, da drunten dem Ochsen und Esel ganz nahe zu sein!“

„Geboren zu werden braucht der Heiland nicht mehr. Er ist ein für allemal geboren. Aber einkehren möchte er bei uns. Der Ort, wo der Heiland bei uns einkehrt, hat mit dem Stall von Bethlehem das gemein, daß es da auch gar nicht schön, sondern ziemlich wüst aussieht: gar nicht heimelig, sondern recht unheimlich, gar nicht menschenwürdig, sondern auch ganz in der Nähe der Tiere.

Unsere stolzen oder bescheidenen Herbergen und wir als ihre Bewohner – das ist doch nur die Oberfläche unseres Lebens. Es gibt darunter verborgen eine Tiefe, einen Grund, ja einen Abgrund. Und da drunten sind wir Menschen, jeder in seiner Weise, nur eben bettelarm dran, nur eben verlorene Sünder, nur eben seufzende Kreaturen, nur eben Sterbende, nur eben Leute, die nicht mehr ein noch aus wissen. Und eben da kehrt Jesus Christus ein, mehr noch: da ist er bei uns Allen schon eingekehrt.

Ja, Gott sei Dank, für diesen dunklen Ort, für diese Krippe, für diesen Stall auch in unserem Leben! Da drunten brauchen wir ihn, und eben da kann er auch uns brauchen, jeden von uns. Da sind wir ihm gerade die Rechten. Da wartet er nur darauf, daß wir ihn sehen, ihn erkennen, an ihn glauben, ihn lieb haben. Da begrüßt er uns. Da bleibt uns schon gar nichts Anderes übrig, als ihn wieder zu begrüßen und willkommen zu heißen. Schämen wir uns nicht, da drunten dem Ochsen und Esel ganz nahe zu sein! Gerade da hält er es ganz fest mit uns Allen.“

Aus: Karl Barth, Predigten 1954-1967, auch in: ders., Augenblicke. Texte zur Besinnung ausgewählt von E. Busch, Zürich 2001, 30.


Karl Barth
Gesammelte Materialien für den Gottesdienst

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