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Margot Käßmann als EKD-Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017 eingeführt
Nikolaus Schneider: ''Inhaltliche Anliegen der Reformation ‚allem Volk’ vergegenwärtigen – durch Predigten, Vorträge, Gottesdienste''
Die Einführung vollzog der Vorsitzende des Rates der EKD, Präses Nikolaus Schneider. In seiner Ansprache sagte er in Bezug auf das biblische Wort „So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!“ aus dem Zweiten Korintherbrief (Kap. 5, Vers 20): „Die Botschaft von der Versöhnung war und ist das Entscheidende. Versöhnung mit Gott heißt: durch Christus ist der Himmel für alle Menschen geöffnet. Himmel und Erde begegneten sich in Jesus Christus. Durch Christus versöhnt ist es möglich, die Gegenwart Gottes auf Erden zu erfahren, als Menschen neu zu werden und anderen Menschen diese gute Botschaft weiter zu geben.“
Paulus und später auch die Reformatoren, so Schneider, hätten „zwischen der Botschaft und den mit der Verbreitung der Botschaft betrauten Menschen“ zu unterscheiden gewusst. Gottes Wort sei „wirkmächtig“ aus sich selbst heraus. Aber es berufe und befähige Menschen dazu, „Zeugnis zu geben von seinem lebendigen Wort“. Bei der Berufung von Margot Käßmann gehe es um einen „ganz konkreten Botschaftsdienst.“ Er solle nicht nur an ein wichtiges geschichtliches Ereignis erinnern, sondern auch die inhaltlichen Anliegen der Reformation „allem Volk“ vergegenwärtigen.
Von Wittenberg ausgehend, so der Ratsvorsitzende weiter, habe die Reformation zunächst in ganz Europa und schließlich auch weltweit gewirkt. Schneider: „Vieles, was Menschen heute selbstverständlich ist, gründet in der Reformation, zum Beispiel manche Weichenstellungen, die für unseren demokratischen Staat konstitutiv sind und viele Impulse, die unser staatliches Bildungswesen voran gebracht haben.“ Als Botschafterin des Rates der EKD, so Nikolaus Schneider abschließend, warteten vielfältige Aufgaben Margot Käßmann: „Gottesdienste und Predigten, Vorträge und Reden zu den Themen der Lutherdekade und dem Reformationsjubiläum 2017.“
Die ehemalige hannoversche Landesbischöfin und EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann predigte nach ihrer Einführung über das an den Beginn des Johannesevangeliums (Kapitel 1, Vers 1) angelehnte Motto der Lutherdekade, die seit 2008 auf das Reformationsjubiläum 2017 hinführt: „Am Anfang war das Wort“. Der Weg des Glaubens, so Käßmann, sei kein „Weg der Entmündigung“, sondern ein „Weg der Ermutigung“. Das Licht Jesu Christi erleuchte alle Menschen und gebe jedem einzeln die Möglichkeit, Gottes Kind zu werden und „selbst zu verstehen, zu fragen und zu begreifen.“
Die Kernbotschaft des Reformationsjubiläums „gegen jedwede Ausprägung von Fundamentalismus“ sei: „Selbst denken! Im Gewissen niemandem untertan: frei von Dogmatik, religiösen Vorgaben, Glaubensinstanzen. Und doch jedermann untertan, verantwortlich für die Gemeinschaft, gerufen zum Engagement für die ganze Schöpfung Gottes.“ Dies, so Käßmann weiter, sei einer der wichtigsten Beiträge der Reformation, nämlich dass es ihr um „gebildeten Glauben“ gehe, einen Glauben, der verstehen wolle und nachfragen dürfe – „auch beim Buch des christlichen Glaubens, der Bibel.“ Dass Glauben nicht als Moralinstanz, sondern als „radikale Freiheit zur Einmischung in die Welt“ verstanden werden könne, bezeichnete Käßmann in ihrer Predigt als eine der zentralen Botschaften für das Reformationsjubiläum 2017
Außerdem würdigte Käßmann die Kraft der Musik. Die Spiritualität der Reformation, so die EKD-Botschafterin, sei von Anfang an im Singen lebendig geworden: „Luthers Lieder haben das reformatorische Gedankengut wohl weiter verbreitet als manche seiner Schriften, Paul Gerhardt hat reformatorische Theologie mit allen Sinnen singen lassen, Bach wurde für viele Menschen zum fünften Evangelisten.“
Von wesentlicher, tiefer Bedeutung aber, so Käßmann, sei die zentrale Formel des Johannesevangeliums „Das Wort ward Fleisch.“ Christinnen und Christen glaubten, dass jede Ideologie mit ihren Worten, oberflächlichen Betroffenheitsbekundungen und fundamentalistischen Irreführungen weniger Kraft habe als Jesus Christus, das Wort, das Fleisch wurde „und das wir sterbend am Kreuz erkennen.“ Käßmann: „Da ist Gott. Da leidet Gott mit. Mit dir. Mit mir. Mit den Gedemütigten und Verletzten, den Leidenden und den Sterbenden der Menschheit. Und weil sie dieses Wort erleben, erfahren, erkennen, werden Christinnen und Christen immer wieder aufstehen gegen Demütigung, Zerstörung, Worte, die Menschen degradieren. In Jesu Namen.“
Im Gottesdienst kamen in mehreren Teilen sämtliche zwölf Strophen des berühmten Chorals „Befiehl Du Deine Wege“ von Paul Gerhardt zur Aufführung. Im Wechsel sangen die versammelte Gemeinde, die Sängerin Sarah Kaiser mit ihrer Band sowie die Kantorei der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Helmut Hoeft. Die Anfangsworte der zwölf Strophen des berühmten Chorals ergeben den Bibelvers: „Befiehl dem Herren Deine Wege, und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen“ (Psalm 37,5).
Berlin/Hannover, 27. April 2012
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick
Einführungsansprache für die Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017
Präses Nikolaus Schneider, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), 27. April 2012 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zu Berlin
Prof. Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann, 27. April 2012 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zu Berlin