Psalm

Psalmmelodien zum Mitsingen und -summen

Wöchentlich werden hier alte und neue Psalm Melodien zum Hören und Mitsingen bereitgestellt. In diesem Jahr sind hier die Kommentare von Dr. Alfred Rauhaus zum Psalm der Woche zu lesen. Zwischen 1995 und 2005 wurden sie im "Sonntagsblatt für evangelisch-reformierte Gemeinden" veröffentlicht. Wir danken Herrn Dr. Rauhaus für die Zustimmung zur Veröffentlichung.

Psalm 84

„Der Psalm bezeugt die Sehnsucht eines alttestamentlichen Sängers nach dem Ort der Gegenwart Gottes“ (H.J. Kraus). Gott ist die Quelle des Lebens, bei ihm ist Geborgenheit und Glück. „Unvergleichlich ist das Glück der Gottesnähe.... Die Gemeinde Jesu Christi, in der der erhöhte Herr gegenwärtig ist, tritt an die Stelle des alttestamentlichen Heiligtums. Zugleich aber weist der alttestamentliche Psalm hin auf das ‚neue Jerusalem’ einer endgültigen und unaufhebbaren Gottesgemeinschaft“ (H.J.Kraus). Die Redewendung vom „Tal der Tränen“ schließt an V. 7 an.

Psalm 84 ist einer der bekanntesten Psalmen überhaupt und auch im Liedteil unter Nr. 282 zu finden. Man beachte die unterschiedliche Fassung von V. 3 im Reimpsalter und im Liedteil.  / Psalm 84 ist ein klassischer „Eingangspsalm“ für den Gottesdienst.

1. Wie lieblich schön, HERR Zebaoth, / ist deine Wohnung, o mein Gott. / Wie sehnet sich mein Herz, zu gehen, / wo du dich hast geoffenbart, / und bald in deiner Gegenwart / im Vorhof nah am Thron zu stehen. / Dort jauchzet Fleisch und Geist in mir, / o Gott des Lebens, auf zu dir.

2. Die Schwalb, der Sperling findt ein Haus, / sie brüten ihre Jungen aus: / Du gibst Befriedigung und Leben. / HERR Zebaoth, du wirst auch mir, / mein HERR, mein Gott, ich traue dir, / bei deinem Altar Freude geben. / O selig, wer dort allezeit / in deinem Lobe sich erfreut.

3. Wohl, wohl dem Mann, der in der Welt / dich, HERR, für seine Stärke hält, / von Herzen deinen Weg erwählet! / Geht hier sein Pfad durchs Tränental, / er findet auch in Not und Qual, / dass Trost und Kraft ihm nimmer fehlet. / Von dir herab fließt mild und hell / auf ihn der reiche Segensquell.

4. Wir wallen in der Pilgerschaft / und gehen fort von Kraft zu Kraft, / vor Gott in Zion zu erscheinen. / Hör mein Gebet, HERR Zebaoth, / vernimms, vernimms, o Jakobs Gott! / Erquicke mich auch mit den Deinen, / bis wir vor deinem Throne stehn / und dort anbetend dich erhöhn!

5. Du unser Schild, Gott, schau uns an, / schau uns in dem Gesalbten an! / Ein Tag in deinem Haus ist besser / denn tausend, ohn dich nah zu sehn, / ja auf der Schwelle nur zu stehn / an meines Gottes Haus ist größer, / als lang in stolzer Ruh der Welt / zu wohnen in der Bösen Zelt.

6. Denn Gott der HERR ist Sonn und Schild, / er deckt uns, er ist gut und mild, / er wird uns Gnad und Ehre geben. / Nichts mangelt dem, der in der Not / auf Gott vertraut, er hilft im Tod, / er selber ist der Frommen Leben. / Heil dem, der stets in dieser Welt, / HERR Zebaoth, an dich sich hält! / Melodie: Genf 1562 / Text: Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 10

Der Psalm gehört mit Psalm 9 zu einer Einheit zusammen. Seine durchgehende Aussage ist das Rühmen des erhabenen Gottes, der sich zugleich erniedrigt hat, auf dem Zion zu wohnen und der Zufluchtsort der Hilflosen und Verfolgten zu sein. Der Psalm lässt erkennen, wie wunderbar Gott erretten und helfen kann. Er lässt aber auch sichtbar werden, welche Anfechtungen ein Mensch erlebt, wenn die Zeichen der Hilfe Gottes ausbleiben. „Es ist aber wichtig, die Stimme der Anfechtung genau zu vernehmen. Unter der Last der verzögerten Heilszuwendung breitet sich nicht Verzweiflung aus. Leidenschaftliches Rufen und zugleich tiefes Vertrauen kennzeichnet die Aussagen in 10, 12-15. In den hymnisch bestimmten Schlussworten aber wird die Anfechtung des Wartenden in den eschatologischen Hymnus hineingenommen. Sie wird nicht hymnisch überblendet, sondern sie wird aufgenommen in eine definitive Klärung aller Rätsel... Die gottesdienstliche Überlieferung, dass Gott Richter und König der Völker ist, bedeutet für den Glaubenden also etwas Letztes, von keiner Macht Überbietbares.“ (H.J. Kraus)

Die neue Bereimung geht an den Worten des Psalms entlang. Sie beschreibt das Elend des Rufenden, den Stolz der Übeltäter, den leidenschaftlichen Hilferuf des Armen und die Gewissheit endlicher Erhörung. Die Melodie ist ausdrucksstark und leicht zu lernen.  /  / Der Gesang des Psalms passt gut zum Predigttext Römer 5, 1-11.

1. Warum, o HERR, bleibst du so ferne stehn, / verhüllst dich in den Zeiten unsrer Not? / Die Elenden in ihrem Leid vergehn, / da sie des Frevlers Übermut bedroht. / Mit seinen Ränken bringt er sie zu Tod. / Er preist den Frevel, weil er Gott verachtet / und nach Gewinn nur seine Habgier trachtet. 

2. In seinem Stolz meint er, Gott frage nicht / nach seiner Untat, und sein böser Sinn / spricht kühn: Es ist kein Gott und kein Gericht, / er ahndet’s nicht, ob ich auch ruchlos bin. / So fährt er seinen krummen Weg dahin. / Er sagt sich: Not und Unglück wird mich schonen, / ich wanke nie, ich werde sicher wohnen!

3. Voll Fluch sein Mund, voll Trug und voll Gewalt, / in seinem Wort hält Unheil er versteckt. / Er sitzt und späht aus seinem Hinterhalt, / wie sich ein Löwe tief im Dickicht deckt, / bis er den Armen fängt und niederstreckt. / Er spricht voll Trotz: Mir wird schon nichts geschehen, / Gott hat’s vergessen, wird es nimmer sehen.

4. Steh auf, HERR! Gott, erhebe deine Hand! / Vergiss die Elenden und Schwachen nicht! / Soll immerdar der Frevler Unverstand / verachten deine Rechte, dein Gericht? / Such heim den Bösen, dass sein Arm zerbricht! / Du schaust die Not, du hörst der Waisen Klagen. / Der Arme fleht! Beende seine Plagen!

5. Der HERR allein ist König allezeit. / Die Völker konnten nicht vor ihm bestehn. / Den Armen hast du, HERR, erhört im Leid / und hast geneigt dein Ohr zu seinem Flehn. / Der Waisen Elend hast du angesehn. / Du schaffest Recht den Schwachen und Geringen. / Des Frevlers Rat lässt nimmer du gelingen.
Melodie: Straßburg-Genf 1542 / Genf 1551 / Text: Alfred Rauhaus 1990


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 130

„Aus der Tiefe seiner Not naht sich der Beter des 130. Psalms in Furcht und Zagen seinem Gott... Auf den Notschrei folgt die zaghafte Anfrage, die aus der Schuldverfallenheit aller Menschen auf Vergebung und Gnade zu schließen wagt. Der Psalm deckt in eindrücklicher Klarheit die Verhaltensweise des Menschen angesichts der freien Gnade Gottes auf. Er kann nur ausspähen auf das, was Gott tut. Das Wort, das der Beter des 130. Psalms erwartet, bringt im Neuen Testament Jesus Christus. Mehr noch: Er ist das Wort, in dem der Gott Israels seine freie Gnade erfüllt“ (H.J. Kraus).

Matthias Jorissen hat die Worte des Psalms in unnachahmlicher Tiefe bereimt. Seine Bereimung ist der Nachdichtung durch Martin Luther „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ EG 299 ebenbürtig. Die überaus eindrucksvolle Melodie lohnt das Kennen lernen. Sie wird im Gesangbuch ein zweites Mal verwendet, mit dem Text des Geburtstagsliedes von Jochen Klepper „Gott wohnt in einem Lichte, dem keiner nahen kann“ EG 379. Sie ist in ihrer lapidaren Wucht dem Text des Psalms mehr als angemessen.

Am Anfang der Passionszeit sollte dieser Psalm im Gottesdienst gesungen werden. Es ist der Leidensweg Christi, der uns „aus unseres Jammers Tiefe“ herausführt.

1. Aus meines Jammers Tiefe / ruf ich, o Gott, zu dir. / Du halfst, wenn sonst ich riefe. / Mein Heil, hilf jetzt auch mir! / Mein König, hör mein Klagen, / nimm meine Bitten an. / Lass mich doch nicht verzagen, / da Gnade retten kann.

2. Ach rechnest du die Sünden / dem Übertreter zu, / wer kann dann Rettung finden? / Wer zürnet, HERR, wie du? / Allein du kannst vergeben, / du tilgest alle Schuld, / dass wir hinfort dir leben / und preisen deine Huld.

3. Ich hoff auf dein Erbarmen, / und meine Seele harrt. / O Gott, du hast den Armen / dich oft geoffenbart. / Ach bleib mir nicht verborgen! / Des Nachts ersehne ich / dem Wächter gleich den Morgen. / Wann zeigt der Morgen dich?

4. Harrt auf den HERRN, ihr Frommen! / Bei ihm ist Gnad und Huld. / Das Heil wird von ihm kommen. / Harrt seiner mit Geduld! / Er wird von allem Bösen, / von Sünd und Jammer hier / sein Israel erlösen. / Das tu er auch an mir.
Melodie: Straßburg 1539 / Genf 1551 / Text: nach Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Chormusik zum Genfer Psalter, Domkantorei Berlin
Psalm 31

Der Psalmbeter wendet sich in tödlicher Gefahr an den „treuen Gott“. Von ihm erwartet er seine Rettung und eine Lebensführung, die zuverlässig ist und nicht versagt. Wer dieser treue Gott ist, wird in den Versen 20+21 bezeugt. Gottes Heil ist auch dann für den Bedrängten bereit, wenn er es nicht erkennen kann. Der Psalm ist eine einzige Vertrauensbekundung. „Erfüllung des in Ps 31 gezeichneten Bildes des Glaubenden ist der gekreuzigte Christus, der sterbend Ps 31,6 betet (Luk 23, 46).“ (H.J. Kraus)

Psalm 31 ist mit einer neuen Bereimung im Psalter vertreten. Er ist recht lang und kann abschnittweise gesungen werden. / Die Melodie ist leicht lernbar. 

1. Auf dich allein, auf dich nur traue / ich, HERR, in meiner Not. / Errette mich, mein Gott! / Du bist der Fels, auf den ich baue. / Zu dir hin lass mich fliehen, / in deine Burg mich ziehen.

2. Der Feind ist stark und will mein Ende, / er überwältigt mich. / HERR, so befehle ich / nun meinen Geist in deine Hände! / Du wirst von allem Bösen / mich, treuer Gott, erlösen.

3. Die Herren dieser Welt zu ehren / wie andre, sei mir fern. / Ich hoff nur auf den HERRN! / Was ich erbat, der Not zu wehren, / hat er mir stets gegeben / und weiten Raum zum Leben.

4. HERR, sei mir gnädig, ach, die Jahre / gehn kummervoll dahin. / Verdüstert ist mein Sinn. / Mein Herz ist matt, zur Grube fahre / ich kraftlos und mit Schmerzen / und großer Angst im Herzen.

5. Ach, meine Feinde sehn mich leiden / und wünschen mir den Tod. / So furchtbar ist die Not, / dass, die mich kannten, nun mich meiden. / Sie wenden sich und gehen, / wenn sie mich kommen sehen.

6. Vergessen bin ich, bin wie einer, / der längst gestorben ist / und den man nicht vermisst. / Bin ein zerbrochner Krug, und keiner / erbarmt sich meiner Klagen / in meinen Leidenstagen.

7. Die Leute flüstern schon im Stillen, / ich seh ihr Mienenspiel. / Mein Ende ist ihr Ziel. / Ach eile, HERR, nach deinem Willen / errette doch mich Armen! / Ich trau auf dein Erbarmen.

8. In deinen Händen stehn die Zeiten, / mein Leben, mein Geschick, / die Freuden und das Glück. / Lass über deinen Knecht sich breiten / das Strahlen deines Lichtes, / ja, deines Angesichtes.

9. HERR, lass mich nicht zuschanden werden, / ich ruf, erhöre mich. / Mein Gott, ich bitte dich! / Doch die sich gegen dich auf Erden / mit Trotz und Lügen wenden, / lässt du im Schweigen enden.

10. Wie reich ist deine Huld und Treue, / die du, HERR, allezeit / dem zeigst, der nach dir schreit. / Du hast bewiesen sie aufs neue / und mir dein Heil bereitet, / zum Leben mich geleitet.

11. Ich dachte wohl in Angst und Schmerzen, / dass ich verstoßen sei. / Doch wisst: Der HERR ist treu! / Drum liebt den HERRN! Liebt ihn von Herzen, / getrost und ohne Sorgen. / Ihr seid bei ihm geborgen.
Melodie: Genf 1551 / Text: Alfred Rauhaus 1991 


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 119

Aus dem langen biblischen Psalm sind die Verse 89-91, 105+116 dem zweiten Sonntag vor der Passionszeit (Sexagesimä) zugeordnet. In ihnen tritt der Charakter des Psalms als Preisung der gnädigen Willensoffenbarung Gottes in seinem Wort besonders heraus. „Die Wundermacht des göttlichen Wortes und Willens“ ist Gegenstand dieses schönen Psalms. Sie gewährt Orientierung für das Leben.

Die Bereimung des Psalms umfasste ursprünglich 88 Strophen. Nach der Technik der Psalmbereimung im 18. Jahrhunderts wurden jeweils zwei biblische Verse in eine Strophe zusammengefasst. Da der biblische Psalm 119 176 Verse hat, umfasst die Bereimung 88 Strophen. Davon sind noch 13 Strophen im Gesangbuch enthalten. / Zu diesem Sonntag können insbesondere die Strophen 8+10+11 gesungen werden.

(Strophen 8 - 11)

8. Ich weiß es, HERR: Gerecht ist dein Gericht, / demütigst du, ich sehe deine Treue. / Ja, sie verlässt mich, wenn ich leide, nicht. / HERR, deine Gnad erquicke mich aufs neue. / Sie sei mein Trost, wie mir dein Mund verspricht, / dass sich dein Knecht im Leid an dir erfreue.

9. Dein Wort, o HERR, besteht in Ewigkeit, / im Himmel fest, muss es auch hier bestehen. / Wir Väter sind durch deine Treu erfreut, / und Kindeskind wird sie bewahret sehen. / Der Erdball steht von Anbeginn der Zeit, / du gründest ihn, er bleibet feste stehen.

10. Dein Wort ist meinem Fuß ein helles Licht, / die Leuchte mir auf allen meinen Wegen, / wo ohne sie mir alles Licht gebricht. / Ich schwör’s und will mit Ernst den Eid erwägen, / dir treu zu sein und dein gerecht Gericht / tief meinem Geist zur Warnung einzuprägen.

11. Mein Auge sehnt sich, Gott, nach deinem Licht. / Ach, dass es bald dein Heil erblicken möchte! / Sieh, wie’s dein Wort nach deinem Recht verspricht, / so handle, HERR, in Huld mit deinem Knechte. / Verlass mich nicht mit deinem Unterricht / und führe mich in deine heilgen Rechte! / Melodie: Genf 1551 / Text: nach Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 97

Gott kommt und erscheint vor der ganzen Welt - das ist die entscheidende Aussage. Gott richtet sein Recht auf. Das bedeutet Gericht in dem Sinn, dass aller Widerstand gegen Gottes guten Willen zunichte werden muss. Das Licht seines Heils leuchtet über der ganzen Welt. / Psalm 97 ist in zwei Bereimungen im Psalter vertreten. Die Melodie ist sehr schön und auch leicht zu lernen. 

Psalm 97 ist dem Sonntag zugeordnet, an welchem nach der liturgischen Tradition der Kirche das „Fest der Verklärung Christi“ gefeiert wird. Die Verklärungsgeschichte ist an diesem Sonntag Predigttext. So könnte Psalm 97 A oder B an diesem Sonntag das Predigtlied oder das Lied nach der Predigt sein.

Psalm 97A
1. Der HERR regiert, der HERR / trägt Himmel, Erd und Meer. / Du Erde, Meer und Eiland / frohlock: Er ist dein Heiland! / Er hüllt in Dunkelheit / hier seine Herrlichkeit, / doch geht von seinem Thron / in Strafe oder Lohn / Recht und Gerechtigkeit.

2. Ihr Freunde Gottes, liebt / den, der euch erst geliebt, / verabscheut und verlasset / das Böse, das er hasset! / Denn stehet er nicht treu / stets seinen Heilgen bei? / Bewahret er sie nicht? / Einst macht sie sein Gericht / von allen Fesseln frei.

3. Licht geht in seinem Lauf / den Frommen immer auf, / und aus den größten Schmerzen / keimt Trost in ihren Herzen. / Gott hat noch jederzeit / die Redlichen erfreut: / Drum freuet euch des HERRN, / dankt ihm, er hilft so gern, / preist seine Heiligkeit!
Melodie: Genf 1562 / Text: nach Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Chormusik zum Genfer Psalter, Domkantorei Berlin
Psalm 86

„Der Notleidende eignet sich die Privilegien der Elenden und Armen an; er macht vor Gott das Armenrecht geltend. Der Klagende appelliert an Gottes Gnade und Erbarmen, wie sie in Israel von alters her immer wieder als Grundeigenschaften Gottes verkündigt wurden. Der Sänger sieht Gottes Heilsmacht in einem universal - eschatologischen Lichte. Große Gewissheit durchdringt darum alle Bitten.“ (H.J. Kraus) / Die schöne Bereimung von Matthias Jorissen ist recht bekannt. Die großartige Melodie teilt Psalm 86 mit Psalm 77.

1. Neig zu mir, HERR, deine Ohren, / hör mich, sonst bin ich verloren! / Sieh mich hilflos, elend, arm: / Wer ist, der sich mein erbarm? / O bewahre du mein Leben. / Ich bin heilig dir ergeben! / Dir vertraue ich in Not, / rette mich, mein Gott, vom Tod!

2. HERR, erbarm, erbarm dich meiner! / Du kannst helfen und sonst keiner. / Darum ruf ich stets zur dir, / du mein Heiland, hilf du mir! / HERR, ich bin dein Knecht, verleihe, / dass mein Herz sich deiner freue. / Gott, nach dir nur dürstet mich, / wo findt meine Seele dich?

3. Deine Güte gibt uns Leben, / gerne willst du Schuld vergeben, / groß ist deine Gnad und Treu, / jedem Beter stehst du bei. / Lass dein Ohr auf mich auch merken, / deine Huld in Not mich stärken, / da ich mich mit bangem Flehn / täglich nach Erlösung sehn!

4. HERR, in allen meinen Nöten / durft ich kindlich zu dir treten, / du verbargst dein Angesicht / mir in trüben Tagen nicht. / Wer im Himmel, wer auf Erden / kann mit dir verglichen werden? / Unvergleichlich, wenn du ruhst, / unvergleichlich, was du tust.

5. Einst noch kommen alle Heiden, / die du schufst, zu dir mit Freuden, / sehen deines Namens Ruhm, / beten an im Heiligtum. / Deine Größe wird sie rühren, / deine Wundermacht sie führen, / du wirst ihnen alles sein. / Du bist Gott, ja, du allein!

6. Gib, dass ich in deinem Wege / deiner Wahrheit folgen möge. / Halt mein Herz zu jeder Zeit / deines Namens Furcht geweiht. / HERR, mein Gott, dir will ich leben, / dich von Herzen hoch erheben. / Ganz bin ich dein Eigentum, / ewig sing ich deinen Ruhm.

7. Deiner wundervollen Güte / dankt mein tief bewegt Gemüte. / Du errettest mich mit Macht / aus des Abgrunds tiefer Nacht. / Wollest mich auch jetzt erlösen / aus der Tyrannei der Bösen, / die mir nach dem Leben stehn / und dich, großer Gott, verschmähn.

8. Du, der Trost verlassner Armen, / bist voll Güte und Erbarmen, / du verklärest durch Geduld / deine Gnade, Treu und Huld. / Wende dich zu deinem Knechte, / stärke ihn durch deine Rechte, / hilf dem Sohne deiner Magd! / Deine Kraft macht unverzagt.

9. Lass mich nimmer von dir weichen, / setze mich zum Segenszeichen, / dass es, die mich hassen, sehn / und beschämt zurückegehn! / Lieg ich jetzt im Staub darnieder, / deine Hand erhebt mich wieder. / Stehe mir nach deiner Treu / bis zum vollen Siege bei!
Melodie: 1543 / Genf 1551 / Text: nach Matthias Jorissen 1793 


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 100

Der Psalm hat seinen Ort beim Einzug in das Heiligtum. Die Gemeinde wird aufgerufen, Gott als tragenden, führenden, gütigen und gnädigen Gott zu erkennen und zu loben. Sie ist sein Geschöpf.

Die konzentrierte Bereimung von Matthias Jorissen gibt den Psalm hervorragend wieder. Die leicht singbare Melodie lohnt es, sie kennenzulernen. EG 288 bringt die Nachdichtung von Becker/Denicke. Beide Gesänge verwenden dasselbe Versmaß, so dass die Melodien austauschbar sind. Die Melodie des Reimpsalms ist bei weitem kraftvoller. / Dieser „Einzugspsalm“ hat seinen Ort am Beginn des Gottesdienstes. 

1. Jauchzt, Erde, jauchzet überall! / Erhebt den HERRN mit frohem Schall! / Kommt, tretet vor sein Angesicht, / dient ihm erfreut in seinem Licht!

2. Erkennt den HERRN, nur er ist Gott. / Er schuf uns, er ist unser Gott. / Wir sind sein Volk, das auf ihn hört, / sind Schafe, die er führt und nährt.

3. Geht froh zu seinen Toren ein! / Im Vorhof wird euch Gott erfreun. / Lobt ihn in seinem Heiligtum, / sein Name sei stets euer Ruhm.

4. Denn ewig gnädig ist der HERR, / und niemand ist so gut wie er, / und Kind und Kindeskind erfährt, / dass seine Wahrheit ewig währt.
Melodie: Genf 1551 / Text: Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 25

Ein von Feinden bedrohter Mensch, dessen Lebensweg von Verfehlungen, von „Jugendsünden“, bestimmt war, erbittet Vergebung und Neuorientierung seines Lebens. Dieses Gebet hat seinen Ort in der Gemeinde. In sie tritt der einzelne flehend und vertrauend hinein und erwartet, dass Gott seiner Existenz einen Weg eröffnet. Der Psalm ist durchweht vom Geist der Umkehr.“ (H.J. Kraus)

Die schöne Bereimung von Matthias Jorissen ist leicht singbar; der Psalm ist in unseren Gemeinden zu Recht weithin bekannt. / Gerade in den Gottesdiensten am Beginn eines Jahres kann dieser Psalm seinen angemessenen Ort finden.

1. Meine Seele steigt auf Erden / sehnend, HERR, mein Gott, zu dir. / Lass mich nicht zuschanden werden, / dir vertrau ich, hilf du mir! / Du verlässt die Deinen nicht, / die zu dir die Zuflucht nehmen. / Doch wer Treu und Glauben bricht, / den wirst du gewiss beschämen.

2. Zeige, HERR, mir deine Wege, / mach mir deinen Pfad bekannt, / dass ich treulich folgen möge / jedem Winke deiner Hand. / Leit in deine Wahrheit mich, / führe mich auf rechte Pfade, / Gott, mein Heil, ich suche dich, / täglich harr ich deiner Gnade.

3. HERR, erbarm dich eines Armen, / der zu dir um Gnade schreit. / Dachtest du nicht mit Erbarmen / schon an mich von Ewigkeit? / Ach, gedenk nicht meiner Schuld, / auch nicht meiner Jugend Sünden. / Unter deiner Vaterhuld / lass mich, lass mich Gnade finden.

4. Gott ist gut und recht, er zeiget / Irrenden die rechte Bahn, / macht ihr Herz zu ihm geneiget, / nimmt sie mit Erbarmen an. / Den Demütgen gibt er Licht, / dass sie folgen seiner Gnade. / Die Sanftmütgen straucheln nicht, / denn er führt sie seine Pfade.

5. Lauter Wahrheit, lauter Güte / wird in Gottes Führung kund / dem gehorsamen Gemüte, / das sich hält an seinen Bund. / Groß ist meine Missetat, / drum vergib mir und erfülle, / was dein Mund versprochen hat, / HERR, um deines Namens willen.

6. Wo ist er, der Gott ergeben / ganz sich seinem Dienste weiht? / Gott zeigt ihm den Weg zum Leben, / führt ihn selbst zur Ewigkeit. / Meine Augen schauen stets / auf den HERRN, ich muss nicht fliehen, / er wird, steckt mein Fuß im Netz, / mich schon aus der Schlinge ziehen.

7. Wende dich zu mir in Gnaden, / ich bin einsam und bedrängt, / ganz mühselig und beladen, / ohne Aussicht eingeengt. / Meines Herzens Angst ist groß. / Stoß auf Stoß wird bald mich töten. / Mach mich aus den Banden los, / führe mich aus meinen Nöten.

8. HERR, behüte mich auf Erden, / ich bin hilflos, rette mich! / Lass mich nicht zuschanden werden, / ich vertrau allein auf dich. / Setz zur Schutzwehr meiner Seel / Einfalt und gerades Wesen. / HERR, wirst du nicht Israel / bald aus aller Not erlösen?
Melodie: 1543 / Genf 1551 / Text: nach Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 103

1. Lobsinge Gott, erwecke deine Kräfte, / mein Geist, sein Lob sei immer dein Geschäfte. / O bet ihn an, sein Nam ist Majestät. / Lobsing dem HERRN, erheb ihn, meine Seele! / Er sorget treu, dass dir kein Gutes fehle. / Vergiss den nicht, der dich durch Huld erhöht.

2. Preis ihn! Er ließ vor ihm dich Gnade finden, / und er vergibt dir alle deine Sünden. / Er ist dein Arzt, der deine Krankheit heilt. / Ja, er erlöst dein Leben vom Verderben, / krönt dich mit Huld als seines Reiches Erben, / da seine Hand dir Gnad um Gnad erteilt.

3. Preis ihn, der dich mit Speis die Füll erfreuet, / die Jugend dir im Alter noch erneuet! / Er gibt dir gleich dem Adler Kraft und Mut. / Er leitet, die Gewalt und Unrecht leiden, / vom Kummer zum Genusse großer Freuden. / Gott selber bleibt der Armen höchstes Gut.

4. Er schaffet allen Recht, die Unrecht leiden, / und hat geoffenbart seit alten Zeiten / sein herrlich Tun den Kindern Israel. / Er ist barmherzig und von großer Treue, / übt jeden Morgen Gnad und Güt aufs neue. / Sein Lieben bleibt, sein Zorn vergehet schnell.

5. Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden, / zerschlagnen Herzen lässt er Heil verkünden. / Er straft uns nicht in seiner großen Huld, / und züchtigt er, will er uns nur umsorgen. / So weit entfernt der Abend ist vom Morgen, / entfernet er von uns die Last der Schuld.

6. Wie sich erbarmt ein Vater seiner Kinder, / so voll von Huld erbarmt sich Gott der Sünder, / die hier gebeugt vor ihm um Gnade flehn. / Er weiß, dass er uns bildete aus Erde, / ist eingedenk, dass Staub zu Staube werde / und wir ohn ihn ohnmächtig untergehn.

7. Ist nicht der Mensch bei vieler Müh und Plagen / dem Grase gleich in seinen Lebenstagen? / Wie eine Blum des Feldes blühet er. / Es fährt darüber hin des Windes Wehen, / da ist die Blume nimmermehr zu sehen, / und ihre Stätte weiß nichts mehr von ihr.

8. Von Ewigkeit zu Ewigkeit soll währen / die Huld des HERRN für alle, die ihn ehren, / und seine Gnad auf Kindeskindern ruhn. / Sein ewig Heil wird über allen walten, / die seinen Bund, sein göttlich Zeugnis halten / und, was er will, von ganzem Herzen tun.

9. Lobt, lobt den HERRN, ihr seine lichten Heere! / Ihr dienet ihm, auch euch ist’s Ruhm und Ehre, / wenn ihr, wie’s ziemt, stets seinen Willen tut. / Lobsingt dem HERRN, ihr alle seine Werke, / so weit er herrscht, erhebet seine Stärke! / Und du, mein Geist, erheb dein höchstes Gut! / Melodie: Genf 1551 / Text: nach Matthias Jorissen 1793, Str. 4, 5, 7 nach August Ebrard 1852


Dick Sanderman
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