Psalm 102
1. Dir will ich mein Herz ausschütten,
HERR, ach höre meine Bitten!
Mein Geschrei dringt durch zu dir.
Wend dein Antlitz nicht von mir,
neig dein Ohr und komm mir Armen
doch entgegen mit Erbarmen,
hör in meiner Not mich flehen,
eile, sonst muss ich vergehen!
2. Auf, Erbarmer, sammle wieder
Zions ganz zerstreute Glieder.
Sieh, das Wort aus deinem Mund
tut uns die Erlösung kund.
Ja, der Tag von dir versprochen,
ist schon wirklich angebrochen.
Bald ist doch die Zeit erschienen,
dass wir dir in Freiheit dienen.
3. Denk, o HERR, wie lang die Deinen
über Zions Trümmer weinen.
Wenn einmal ihr Auge schaut,
dass es wieder steht gebaut,
dann wirst du dich dort verklären,
Heiden werden dich verehren
alle Kön’ge staunend stehen,
deine Herrlichkeit zu sehen.
4. Ja, der HERR wird Zion bauen,
dort sich uns, die ihm vertrauen,
zeigen in der Herrlichkeit,
unsrer Väter Ruhm und Freud.
Ja, Gott wird Erlösung senden,
sich zu den Verlassnen wenden.
Seines Volkes heißes Flehen
kann der HERR nicht lang verschmähen.
5. Wer sollt ihn nicht freudig loben,
der auf seinem Thron von oben
auf sein Volk, dem Tode nah,
mit Erbarmen niedersah!
Unsre Seufzer, unsre Schmerzen
dringen unserm Gott zu Herzen.
Seine Hand kann aus den Ketten
die zum Tod Verdammten retten.
6. O sein Name sei gepriesen,
ihm in Zion Ehr erwiesen!
Salem muss sich in ihm freun
und sich seinem Lobe weihn!
Völker werden betend eilen,
unser Heil mit uns zu teilen,
Könige sich zu uns kehren
und dem HERRN die Treue schwören.
7. Heil dem, der das wird erleben!
Doch wer wird mir Kräfte geben?
Gott hat mich in Staub gestürzt,
meine Tage abgekürzt.
Töt mich nicht durch deine Plage
in der Hälfte meiner Tage!
Sind nicht deine Lebenszeiten
Ewigkeit der Ewigkeiten?
8. Dein allmächtiges: Es werde!
hat gegründet einst die Erde
und des hohen Himmels Zelt
majestätisch hingestellt.
Doch, wie fest sie jetzt auch stehen,
Erd und Himmel muss vergehen,
nichts kann ihnen Dauer geben.
Du allein wirst ewig leben.
9. Sinkt der Himmel, fällt die Erde
wie ein altes Kleid, dein Werde!
hat bald eine neue Welt
aus dem Staube dargestellt.
Wechseln sie, du bleibest immer,
deine Schönheit altert nimmer.
Sind nicht deine Lebenszeiten
Ewigkeit der Ewigkeiten?
10. Einst wird unser Auge sehen
alles in Erfüllung gehen.
Erd und Himmel mag vergehn,
Gottes Wort bleibt ewig stehn.
Bald erhebet deine Rechte
unsre Kinder, deine Knechte,
dass sie in dem Land gedeihen
und sich deiner ewig freuen.
Melodie: Genf 1562
Text: nach Matthias Jorissen 1793
Audio-File: Genevan Psalter, Owens, Michael E.