Ritterschlag
»Wieder in einem anderen Land, da sind lauter Ritterschlösser, auf hohen, hohen Bergen, die über tiefe, tiefe Täler feindselig zueinander hinüberblicken. Und da wohnen auch wirklich stolze Ritter wie im Mittelalter, stolz auf ihren Charakter, stolz auf ihr Geld, stolz auf ihre Verwandten, stolz auf ihre Meinungen, stolz auf ihr Vaterland. Und einer trotzt gegen den anderen, wer's am besten könne, und weil es alle am besten können, kann da nie Ruhe sein, sondern da weht immer ein Kriegsfähnlein, da blinken drohend Kanonenrohre zu den Fenstern hinaus, da ertönen zornige Trompeten: wag's und komm! Und da muß es dann natürlich von Zeit zu Zeit losgehen, manchmal im Kleinen zwischen Ritter Fritz und Ritter Hans oder auch zwischen ihren stolzen Rittersfrauen, manchmal im Großen: da kommen die Völker aus lauter Stolz hintereinander, und aus dem Völkerstolz wird der Völkerkrieg. Diese Gegend kennen wir jetzt ziemlich gut.« (Karl Barth, Predigt zu Apg. 2,5-11, in: Predigten 1915 (GA I.27), 219)