Verödung
»Gewiss, das sind Kämpfe, die durchgekämpft werden müssen, aber was für eine Verödung des politischen Lebens, (...) wenn die Leute außer den schönen Redensarten der patriotischen Feste nur noch durch solche Dinge in politische Erregung versetzt werden können, wenn nachgerade alle Politik zum wirtschaftlichen Zank auszuarten droht! Kein Wunder, wenn viele anständige und feinere Leute den Ekel bekommen vor aller Politik. Man blickt heute mit Entsetzen und fast mit Verachtung zurück auf die Zeiten, wo sich in unserm Lande die Konfessionen gegenseitig befehdeten und bedrängten, und wir wollen sie nicht zurückwünschen, aber war es nicht vielleicht doch fast noch die noblere, geistig höherstehende Zeit, in der man sich um den Glauben stritt, gegenüber einer Zeit, in der es scheint, als könne man nur noch wegen Eisenbahnen und Milchpreisen in Leidenschaft geraten?« (Karl Barth, Predigt zu Psalm 62,12, in: Predigten 1913 (GA I.8), 486)