Wer bin ich? Die Milieu Box klärt auf

Notat to go von Barbara Schenck

"Mach' das doch mal. Da kann was Lustiges bei 'rauskommen. So wie beim Wahl-O-Mat: Da wählt eine jahrelang CDU und muss dann feststellen: Das was, ich gut finde, vertritt die Linke." So der Rat meines Ehemannes.

Und der muss es wissen, denn den Geheimtipp für neue Selbsterkenntnis hat er auf einer Fortbildung für Pfarrerinnen und Pfarrer bekommen. Mein Mann hat auch gleich parat, was dann bei mir herauskommen könnte. Vielleicht sei ich ja eine verkappte Hedonistin.
Wagemutig stürze ich mich in das Abenteuer auf milieubox.de, einem Angebot des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD. Welche Offenbarung steht mir bevor? Wird gleich mein Selbstbildnis zerbrechen? Ein Zurück gibt's nicht mehr, ich brauche den Stoff für eine Kolumne.
Nur zehn Fragen. Gut so. Es ist schon spät. Lange wird's nicht dauern. Die erste Frage find' ich ja etwas abstoßend: "Welche Musik hören Sie?" Ich bin so schrecklich unmusikalisch und das als Theologin, wo doch die Kirchenmusik so wertvoll ist. Na ja, ist ja nur so ein blöder Test. Und die Frage beschränkt sich auch aufs passive Hören. An zweiter Stelle steht das Fernsehen. Da wird auch die Richtige gefragt... Von dem, was mir im Leben wirklich wichtig ist, scheint nichts testtauglich zu sein. Das ist beruhigend. Das Ergebnis kann mich gar nicht im Innersten treffen - dachte ich. Dann die Auswertung: Hurra, ich bin Typ A! Bei mir passen Lebensorientierung und persönlicher Geschmack nahtlos zueinander. Der Gewinn an Selbsterkenntnis: 0. Ein Blick auf die Berufe meiner Freundinnen hätte genügt: Journalistin, Pfarrerin, Lehrerin.
Das zum Test notwendige Klicken, das gefällt mir. Schließlich bin ich online Journalistin und ständig am Klicken und Scrollen. Neugierde gehört auch zu meinem Beruf. Innerhalb weniger Minuten weiß ich, was in den anderen Boxen steht. Das verrate ich nicht, nur so viel: eine große Überraschung ist es nicht.
Etwas Gutes hat der Test. Das Ergebnis lässt sich ganz leicht auf Facebook teilen. Sofort hatte ich mit "friends" aus meinem Milieu ein nettes Plaudergespräch.
Einmal dabei habe ich noch einen anderen Milieutest gestartet, nach meinem eigenen Gusto, sprich via Buchlesen und speziell auf Theologie und Glaube ausgerichtet. Der Test ist etwas aufwändiger. Später mehr. Vielleicht. Ein bisschen mehr Erkenntnis als beim ersten Test müsste für eine Kolumne schon herausspringen.
Was nutzen Milieustudien überhaupt? Sie sollen die Arbeit in Kirchengemeinden verbessern helfen. Weiß ich, welchem Milieu à la Sinusstudie ich selbst angehöre, und wie die Menschen ticken, die ich erreichen will, kann das Angebot der Kirchengemeinde darauf maßgeschneidert werden oder kann ich mir eine "nahtlos" passende Gemeinde suchen. Die Kirchengemeinde wird wachsen, so die Hoffnung. Aus der Milieu Box habe ich gelernt: Am besten kann ich mit Leuten zusammenarbeiten, die ähnliche Einstellungen und Interessen haben wie ich. Im "real life" ist das schon längst bewiesen: Am meisten Menschen erreiche ich, wenn eine befreundete Journalistin mich interviewt zu einem theologischen Thema für die weltliche Tageszeitung.


Barbara Schenck, 27. November 2013