Wichtige Marksteine
Reformierte im Spiegel der Zeit
Geschichte des Reformierten Bunds
Geschichte der Gemeinden
Geschichte der Regionen
Geschichte der Kirchen
Biografien A bis Z
(1519 - 1580)
Catherine, Baronin Willoughby de Eresbury (1519-1580) war in erster Ehe mit dem Herzog von Suffolk, Charles Brandon verheiratet. Unter Edward VI. wurde sie überzeugt evangelisch. Sie war befreundet mit Reformatoren wie Martin Bucer und Johannes a Lasco, während diese in England weilten. Als Maria Tudor den Thron nach Edward VI. bestieg und den Katholizismus in England wiedereinführte, flüchtete sie mit ihrem zweiten Gatten, Richard Bertie, und ihrer Tochter nach Wesel. Von dort ging die Reise nach Weinheim (Pfalz) und weiter nach Litauen, dank der Fürsprache Johannes a Lascos, der für sie beim polnischen König eintrat. Nach der Thronbesteigung Elizabeths I. kehrte sie mit ihrem Mann und zwei Kindern nach England zurück. Sie unterstützte bis zu ihrem Tod puritanische Pfarrer.
1. Eine katholische Kindheit und erste Ehe
2. Evangelische Witwe
3. Eine neue Familie. Flucht
4. Puritanerin in England
5. Würdigung
6. Die Herzogin von Suffolk in der Kunst
Anhang / Literatur
1. Eine katholische Kindheit und erste Ehe
Catherine Willoughby wurde 1519 geboren in einer Ehe zwischen einem adeligen Engländer, William Willoughby, Baron Willoughby de Eresby, und Maria de Salinas, einer spanischen Hofdame der Königin Katharina von Aragon. Die Eheschließung wurde wohlwollend von der königlichen Familie begleitet, Heinrich VIII. nannte eine seiner Kriegsschiffe „Mary Willoughby“ und er schenkte dem Ehepaar Ländereien. Die kleine Catherine verlor früh (1526) ihren Vater, und da sie eine sehr reiche Erbin war – in der Familie Willoughby besaßen auch Frauen das Erbrecht – wurde sie Mündel der Krone. Die Vormundschaft wurde dann wie üblich weiterverkauft, und so wurde die kleine Catherine Mündel des Charles Brandon, Herzog von Suffolk, der damals mit der Schwester des Königs, Mary Tudor, verheiratet war (Richardson). Wenn nicht in London, wohnte das Paar auf dem Gut Westhorpe in Suffolk, und Catherine wurde mit deren fast gleichaltrigen Töchtern Frances – die Mutter von Jane Grey – und Eleanor, und mit dem Sohn Henry, erzogen.
Am 24. Juni 1533 starb Mary Tudor nach längerer Krankheit. Catherine Willoughby war vermutlich bis dahin dem Sohn des Hauses als Braut angedacht, aber der Witwer Charles Brandon heiratete sie selbst im September 1533. Catherine war mit 14 Jahren gerade heiratsfähig, während ihr „Verlobter“ nur zehn Jahre alt war und damit noch zu jung für eine Eheschließung. Charles Brandon hatte gute Gründe sich die Hand Catherines zu sichern:
Charles Brandon hatte in der Ehe mit Mary Tudor Einnahmen von Ländereien sowohl in England als auch in Frankreich. Mary Tudor war in erster Ehe kurz - drei Monate lang - mit Ludwig XII. von Frankreich vermählt gewesen. Nach dessen Tod ging sie eine Liebesehe mit Charles Brandon ein. Deswegen hatte sie Lehen in Frankreich und England, die jedoch nach ihrem Tod an die Krone zurückfielen. Catherine Willoughby dagegen besaß Ländereien in Lincolnshire, welche es Charles Brandon möglich machten, sich dort einen großen zusammenhängenden Gutsbesitz zu beschaffen (Gunn).
1535 und 1537 brachte sie zwei Jungen zur Welt, Henry und Charles. Brandons Sohn Henry aus der ersten Ehe war 1534 gestorben, und es war üblich, nachgeborene Kinder nach ihren toten Geschwistern zu nennen.
Catherine war gut katholisch erzogen. Ihre Mutter war nach ihrer Ehe immer noch der Königin Catherine von Aragon eng verbunden. Als diese in Ungnade fiel, musste Charles Brandon die für ihn unangenehme Aufgabe erfüllen, ihr mitzuteilen, dass ihr Hofstaat gekürzt und ihre Bediensteten entlassen wurden. Sie wurde in die Provinz verbannt, und durfte nur mit Erlaubnis des Königs Besuch empfangen. Als es sich herumsprach, dass sie sehr krank sei, erkämpfte sich Maria de Salinas, Lady Willoughby, den Zutritt zu ihrem Schlafgemach. Wenige Tage später starb die Königin in ihren Armen. Sie wurde in der Kathedrale von Peterborough begraben, und im Trauerzug ging Catherine Brandon (Read 40f).
Als Magnat in Lincolnshire bekam Brandon 1536 die Aufgabe, die Aufstände in Lincolnshire in Verbindung mit dem nördlichen Aufstand gegen die Krone, die „Pilgrimage of Grace“ genannt, niederzuschlagen. Dies tat er schnell und effektiv und wurde dafür mit dem Schloss Tattershall und mehreren Kirchengütern belohnt. Die folgenden Jahre verbrachten er und seine Familie auf Schloss Tattershall. Brandon war 35 Jahre älter als seine Frau, aber die Ehe schien glücklich. 1539 war Catherine unter den vornehmen Frauen, die Anne von Kleve in England empfingen (Read 45f). Als Heinrich VIII. 1541 nach York reiste, um den schottischen König zu treffen, besuchte er die Brandons auf dem Gut Catherines, Grimsthorpe. Das war eine große Ehre, und Brandon ließ das Schloss umbauen, um den Majestät würdig empfangen zu können. Später war Catherine Brandon mit Catherine Parr befreundet. Sie war unter den sehr wenigen Hochzeitsgästen bei der Vermählung Catherine Parrs mit Heinrich VIII. im Jahr 1543.
Charles Brandon war zu Ruhm und Ehre gekommen, weil er ein Freund und Kumpel Heinrichs VIII. war. Wenn er religiöse Überzeugungen hatte, hielt er sie verborgen, und folgte den Anweisungen des Königs (Gunn). Unter seinen Kaplänen und Hauslehrern waren Männer, die zum neuen evangelischen Glauben neigten, aber es ist unsicher, ob Charles Brandon das überhaupt bemerkte. Es kann sein, dass Catherine durch sie die neue Lehre kennenlernte. Als ihr Mann noch lebte, verschaffte sie sich aus Übermut und vielleicht aus religiöser Überzeugung einen mächtigen Feind, Stephen Gardiner, Bischof von Winchester und Lordkanzler. Bei einem Abendessen schlug Brandon Damenwahl vor, und Catherine sagte laut, dass, wenn sie nicht ihren Gatten wählen dürfte, sie den Mann nähme, den sie am wenigsten möge, nämlich Gardiner. Er verzieh es ihr nie. Ähnliche Sticheleien betrieb sie wohl auch in jungen Jahren: sie nannte ihren Hund Gardiner und hatte einen Riesenspaß, wenn sie ihm „Sitz“ oder „Bei Fuß“ kommandierte. Der Hund wurde zudem im Bischofsornat gekleidet und in Prozession getragen. Viele Jahre später hat Gardiner an diese Beleidigungen erinnert. Es ist unsicher, wann genau sie stattgefunden haben, aber es scheinen doch die Späße einer sehr jungen Frau gewesen zu sein. Diese Anekdoten wären belanglos, hätte Gardiner sich nicht so gekränkt gefühlt.
2. Evangelische Witwe
Erst als sie sich nach dem Tod ihres Gatten 1545 mehr am Hofe aufhielt, als Hofdame für Catherine Parr, wurde ihre evangelische Gesinnung offenkundig. Sie gehörte zu dem evangelischen Kreis, den Catherine Parr um sich scharte. Zusammen hörten sie evangelische Predigten und studierten die Bibel in den Gemächern der Königin.
1546 wurde eine evangelische Adelsfrau namens Anne Askew der Ketzerei angeklagt. Sie hatte öffentlich in London gepredigt und dabei eine zwinglische Abendmahlslehre verbreitet. Askew wurde zweimal verhört und für schuldig befunden. Aber bevor sie den Tod auf dem Scheiterhaufen erleiden konnte, wurde sie noch einmal im Tower verhört und zwar von sehr hochrangigen katholischen Mitgliedern des „Privy Councils“, des Geheimrats des Königs. Sie wollten wissen, welche Kontakte Anne Askew zum Hofe hatte, und fragten besonders nach dem Kreis der Damen um die Königin. Viele von denen waren mit evangelisch gesinnten Höflingen verheiratet. Wäre es nur um sie gegangen, könnte man sich einen Angriff Gardiners gegen die evangelischen Ratsherren im Geheimrat vorstellen. Aber die Witwe Catherine Brandon wurde in der Befragung erwähnt. Es ist möglich, dass Gardiner sich den Frauenkreis vornahm, weil er damit die Königin der Ketzerei überführen wollte – Foxe berichtete von einem anderen Versuch Gardiners, die Königin zu beseitigen, der misslang. Aber selbst unter schlimmster Folter gab Anne Askew keine Namen preis. Wenige Tage danach wurde sie sitzend in einem Stuhl verbrannt, da sie nicht mehr stehen konnte (Foxe, 1563 edition, Book 3,732).
1547 starb Heinrich VIII. Er hinterließ eine Witwe und drei Kinder: Maria, Elizabeth und Edward. Edward war als männlicher Erbe der Thronfolger; er war von evangelischen Humanisten erzogen worden und von evangelischen Ratsherrn umgeben. Möglicherweise um das königliche Supremat über die Kirche zu erhalten, ließ Heinrich kurz vor seinem Tod Gardiner entmachten. Edward Seymour, sofort zum lord protector (Vormund des Königs) und Herzog von Somerset ernannt, übernahm die Regierung. Er war ein überzeugter Anhänger des neuen Glaubens. Thomas Cranmer, Erzbischof von Canterbury, schuf mit ihm die Agende: „Book of Common Prayer“ für den evangelischen Gottesdienst.
Catherine Brandon war jetzt in ihrem Element. Sie unterstützte einen evangelischen Drucker und Verleger namens John Day (King 1982, 2002). Eine Reihe von Büchern erschien nach 1548 mit ihrem Wappen, unter anderem ein Andachtsbuch Katherine Parrs. William Cecil, später erster Minister Elizabeths I., jetzt noch Sekretär des Herzogs von Somerset und Nachbar Catherine Brandons, schrieb dazu das Vorwort. Cecil blieb ihr Leben lang ein treuer Freund. Catherine Brandons Briefe an ihn sind eine vergnügliche Lektüre, ihre witzige, direkte Art kommt hier gut zum Vorschein. John Day druckte außerdem die Predigten Bischof Latimers mit einer Widmung an Catherine Brandon.
Bischof Hugh Latimer war eine Entdeckung Anna Boleyns. Schon 1530 predigte er die Fastenpredigten am Hofe. Er war Bischof von Worcester bis Heinrich VIII. gewisse katholische Dogmen für alle verbindlich machte, u. A. die Transsubstantiationslehre (Act of the Six Articles, 1539, Loades 2010, 21f). Latimer stellte seinen Bischofssitz dem König zu Verfügung. Eine Weile verbrachte er im Gefängnis und erst mit der Thronbesteigung Edwards VI. kehrte er zurück zum Hofe und predigte für den König und in London.
Latimer wurde der geistige Berater Catherine Brandons. Von 1552 bis 1554 wohnte er oft auf ihrem Gut Grimsthorpe und predigte dort. Eine Predigtreihe über die zehn Gebote entstand dort. Latimers Predigten kann man immer noch mit Vergnügen lesen. Er war wortgewandt, witzig, ein Meister der gut angebrachten Anekdote und von tiefer Frömmigkeit. In einer seiner Fastenpredigten von 1549 verglich er den Glauben mit einer wunderschönen Herzogin – zu der Zeit gab es in England zwei: die Herzogin von Suffolk und die von Somerset; Latimer nannte keinen Namen. Die Herzogin (der Glaube) hat einen „gentleman usher“, der ihr vorangeht und für sie den Weg bahnt – das ist die Sündenerkenntnis. Danach folgen die Hofdamen – das sind die guten Werke. Damit beschrieb er für alle anschaulich den Glauben als zentral, während Sündenerkenntnis und gute Werke vorher und nachher ihren Platz haben. Selbstverständlich wird angenommen, dass er von Catherine Brandon sprach (Harkrider, 70f).
Nach der Thronbesteigung Marias wurde Latimer mit den anderen evangelischen Bischöfen gefangengenommen. Catherine Brandon unterstützte ihn im Gefängnis mit Essen, Kleidung und Geld, das in den Tudor Gefängnissen benötigt wurde, um zu überleben (Read 96f). 1554 fing der Ketzerprozess gegen ihn an und im Oktober 1555 wurde er auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
In seinem Bestreben, die Englische Kirche zu reformieren, lud Erzbischof Cranmer Reformatoren nach England ein, und nach dem Augsburger Interim folgten viele seinem Ruf. Nach dem Tod Heinrichs 1547 konnte Cranmer mit der Kirchenreformation anfangen und die Edwardianische Kirche bekam eine deutliche reformierte Prägung. Viele englische Theologen waren in der Regierungszeit Heinrichs geflohen und oft reisten sie nach Zürich. Durch sie konnte Bullinger Einfluss auf die Ereignisse in England ausüben. Zürich und allmählich auch Genf wurden die Vorbilder der englischen Reformation. Die Altäre und Bilder verschwanden aus den Kirchen und stattdessen wurden Abendmahlstische aufgestellt. Ein Streit entbrannte über die Ornate der Pastoren.
Die Theologen, die als Glaubensflüchtlinge jetzt nach England kamen, waren berühmte Gelehrte ihres Faches und namhafte Reformatoren: Von Italien kamen Bernardino Ochino und Petrus Martyr Vermigli. Aus Straßburg folgten der Hebraist Paul Fagius und Martin Bucer. Cranmer ließ die beiden Italiener nach Oxford rufen, während Fagius und Bucer Professoren in Cambridge wurden (Brecht, 233-256).
Catherine Brandon ließ ihre beiden Söhne in Cambridge im St. John`s College einschreiben, mitsamt ihrem Tutor, Thomas Wilson (Harkrider, 81, Rex). Sie selbst kaufte sich ein Haus in der Nähe. Bald verband sie mit Bucer eine herzliche Freundschaft, er besuchte sie auf Grimsthorpe und sie schenkte ihm eine Kuh mit Kalb – letzteres wohl damit er Milch hatte. Ihr Verhältnis wurde so innig, dass Fagius durch den Sekretär Bucers in Straßburg, Conrad Hubert, Wibrandis Rosenblatt wissen ließ, dass sie schleunigst zu ihrem Gatten reisen sollte: „…sagend, Herrn Martinus Hausfrau, sie soll sich bald auf die Fahrt machen, oder er wird eine andere kriegen, die Herzogin von Suffolk will ihn haben, ist jetzt eine Wittfrau.“ (Bainton, 96)
Wibrandis Rosenblatt kam nach Cambridge mit der Familie, und als sie wieder wegfuhr, blieb Agnes Capito und kümmerte sich um Bucer. Ihm ging es jedoch gesundheitlich nicht gut. Als Wibrandis Rosenblatt 1550 nach England zurückkam, musste sie ihn im Winter pflegen. Catherine Brandon half ihr, aber trotz ihrer gemeinsamen Anstrengungen starb Bucer im Februar 1551. Catherine Brandon wurde von Edward VI. als Testamentsvollstreckerin an Rosenblatts Seite gestellt. Wibrandis Rosenblatt war jedoch mit den Engländern nicht zufrieden: „Ouch wussen, das mir der Bischof nit mer denn XXXX Lb. fur die Bucher geben hat. Er sagt die Frow (Herzogin Katharina von Suffolk) hab die besten; so hab der Kunig das geschrieben Ding; sin Theil sy zu thur. Ich hab recht genumen, was man mir geben hat; ich kann mich wider sy nit setzen.“ (Zimmerli-Witschi, 120)
Nach dem Tod Bucers wurde für ihn eine Gedenkschrift der Universitätsangehörigen in Cambridge herausgegeben. Darin waren beide Söhne von Catherine Brandon mit Beiträgen vertreten (Collinson 1983, 34). Diesen vielversprechenden jungen Männer war leider kein langes Leben vergönnt. Im Sommer 1551 brach der „Schweiß“ in Cambridge aus. Der sogenannte „Englische Schweiß“ war eine Infektionskrankheit, die innerhalb von kürzester Zeit ihre Opfer wegraffte. Die Brüder wurden sofort aus Cambridge weggebracht, starben aber innerhalb von Stunden, bevor es ihrer Mutter möglich war, zu ihnen zu kommen. Catherine Brandon war untröstlich. Es dauerte lange, bevor sie wieder anfangen konnte, Freude am Leben zu haben (Read).
Nicht nur Gelehrte flüchteten nach England, auch Handwerker und Handelsleute suchten einen Ort, wo sie ihre evangelische Überzeugung ausleben konnten. Für Cranmer war es eine Möglichkeit, reformierte Gemeinden zu gründen. In Canterbury entstand eine Französische Gemeinde (Pettegree 1986, 52f), wie in Glastonbury, wo viele wallonische Weber arbeiteten. In London entstanden gleich zwei Ausländergemeinden: eine französische und eine flämische, mit Johannes a Lasco als deren Superintendent. Zusammen mit den humanistischen Lehrern des Königs unterstützte Catherine Brandon die Gründung der Ausländergemeinden mit einer Bittschrift an den König und mit einer Bürgschaft (Pettegree 1986, 31). Für a Lasco waren es gute Jahren in London, mit Unterstützung vom König und von Cranmer und mit weitreichenden Freiheiten, ein reformiertes Gemeindeleben zu gestalten (Rodgers, Jürgens). Er zeigte sich später Catherine Brandon gegenüber dankbar.
3. Eine neue Familie. Flucht
Unter Edward VI. konnte Catherine Brandon ihre evangelische Gesinnung ausleben. Ihr alter Intimfeind Stephen Gardiner verbrachte diese Jahre im Tower of London und als sie ihn im Vorbeigehen sah, bemerkte sie mit lauter Stimme: „Es ist lustig für die Lämmer, wenn der Wolf weggesperrt ist.“ (Foxe, 1583 edition, Book 12, 2102-2105)
Die kirchlichen Reformen galten vor allem dem Gottesdienst und den Kirchengebäuden (MacCulloch 1999). Die alte katholische Ausstattung wurde aus den Kirchen verbannt, versteckt, verkauft oder verbrannt. Catherine Brandon, die in Lincolnshire Patronatsrechte für viele Kirchen besaß, hatte früher oft Pfründe an von ihren Klöstern vertriebene Mönche vergeben. Jetzt gab sie die Pfründe an verheiratete Männer mit Universitätsausbildung und gründete Schulen (Harkrider 84-94).
Auf Grimsthorpe hatte sie immer Kaplane mit evangelischer Gesinnung – und Hugh Latimer predigte dort als Dauergast.
Ein paar Jahre nach dem Tod ihrer Söhne heiratete sie einen Mann, den sie gut kannte und der ihre Religion teilte: Richard Bertie (1517-1582), ihr „gentleman usher“. Er war vom Adel, aber der niedere Adel tat beim Hochadel Dienst, sowie der Hochadel dem Königshaus diente. Sie heiratete einen Mann, der gebildet war, mehrere Sprachen beherrschte und ihr im Alltag treu zur Seite stand. Der „gentleman usher“ war eine Art Zeremonienmeister und er regelte vermutlich ihren Haushalt. Dennoch heiratete sie unter ihrem Stand. Anscheinend fühlte sie sich nach dem Tod ihrer Söhne frei, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Es war wohl Hugh Latimer, der sie 1553 auf Grimsthorpe traute (Read 92). Während Catherine Bertie im Jahr danach schwanger wurde und 1554 eine Tochter, Susan, gebar, starb Edward im Sommer 1553. Seine Schwester Maria bestieg den Thron. Sie war immer katholisch gewesen, hatte in den vergangenen Jahren deswegen Streit mit ihrem Bruder gehabt und war überzeugt, dass sie das Werkzeug Gottes war, um England wieder zum katholischen Glauben zurückzuführen. Zuerst wurde die Messe wiedereingeführt. Die Gemeinden versuchten, ihre Kirchen so auszustatten, dass sämtliche Riten durchgeführt werden konnten – die Gemeinden, die vorher ihr Inventar versteckt hatten, konnten sich glücklich preisen (Loades 2010).
Sehr viele Engländer waren ohne Zweifel froh, zu den alten Sitten und Ritualen zurückzukehren. Andere hatten sich an die Gottesdienste in der Landessprache gewöhnt, lasen ihre Bibel auf Englisch und sahen die Messe als Götzendienst an. Diese Leute – vor allem in London – trafen sich heimlich zu Gottesdienst und Gebet.
Die ersten, die den Ernst der Lage spürten, waren die Ausländergemeinden. September 1553 bestieg a Lasco mit einem Teil seiner Gemeinde drei Schiffe und fuhr nach Dänemark. Im lutherschen Land war die Gruppe als reformierte nicht willkommen und sie setzte ihre Reise nach Emden und schließlich nach Frankfurt fort. Gardiner, der Lordkanzler Marias geworden war, entwickelte eine Technik, um Ketzer loszuwerden: er lud sie zum Gespräch ein! Meistens wurden diese ob dieser Einladung so erschrocken, dass sie sofort England verließen (Pettegree 1986, 115f).
Ostern 1554 erging dann die Einladung Gardiners an Richard Bertie. Gardiner listete alle die Kränkungen, die Catherine Bertie ihm zugefügt hatte, auf und fragte, wie Catherine es mit der Messe hielt. Die Königin wollte Philipp von Spanien heiraten und bei der Gelegenheit könnte Catherine Bertie – immer noch Herzogin von Suffolk – Anstoß erwecken: sie hatte immer noch nicht die Messe auf Grimsthorpe eingeführt und konnte bei den Hochzeitsfeierlichkeiten nicht teilnehmen, obwohl ihre Mutter dem spanischen Hochadel angehört hatte. Als ihr Gatte war Bertie für sie juristisch und religiös verantwortlich. Er verteidigte ihre Gewissensfreiheit und schlug vor, er solle Geld, das der Kaiser Charles Brandon schuldete, bei Karl V. eintreiben. Dafür erhielt er eine Ausreisegenehmigung und versuchte, Asyl für Catherine und Susan, die im selben Jahr geboren worden war, zu finden. Im Herbst 1554 wurden die mittelalterlichen Ketzergesetze wieder in England eingeführt mit Wirkung vom 20. Januar 1555. Anfang Januar 1555 verließ Catherine Bertie in der Nacht ihr Haus in London mit dem Kind und ein paar Dienstboten (Foxe, Hrsg. Cattley 1839, Bd.8, 569-572).
Maria Tudor hatte vorerst die wichtigsten Geistlichen im Visier: die Bischöfe Cranmer, Ridley und Latimer waren schon in Gefängnis. Am 28. Januar wurde Anklage gegen andere leitende Evangelische erhoben. Alle starben den Märtyrertod – was seitens der Regierung vielleicht nicht vorgesehen oder gar erhofft war (Loades 2010, 81-96). Viele Mitglieder der Oberklasse, vor allem die Schwester der Königin, Prinzessin Elizabeth (http://www.frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=115) und William Cecil, der Freund Catherine Berties, blieben in England und gingen zur Messe. Andere ergriffen die Flucht (Garrett).
Catherine Bertie hatte eine abenteuerliche Reise in die Niederlande vor sich. Den Ärmelkanal im Winter zu überqueren erwies sich als schwierig. Nach Wochen erreichte sie endlich Land, wurde von Richard Bertie (Garrett, 87-89) empfangen und nach Xanten gebracht. Sie wussten, dass sich die wallonische Flüchtlingsgemeinde aus London mit ihrem Pfarrer François Perussel im benachbarten Wesel aufhielt, und wollten auch dorthin. Xanten war katholisch und dort konnten sie nicht bleiben. Während sie noch in Xanten ihren Asylbescheid abwarteten, erfuhren sie, dass sie erkannt worden seien, und beschlossen, zu Fuß nach Wesel zu laufen ohne Bedienstete und Gepäck, nur sie drei, als ob sie einen Spaziergang machten. Es war kalt und frostig und während sie unterwegs waren, regnete es auf den gefrorenen Boden. Völlig durchnässt kamen sie in Wesel an. Keine Herberge wollte sie hereinlassen und am Ende suchten sie Schutz unter dem Vordach der Kirche (St. Willibrord?). Richard Bertie suchte nach Feuerholz und fand mit Hilfe einiger Schuljungen, die mit ihm Latein sprechen konnten, das Haus, wo Pastor Perussel gerade zu Abend aß. Groß war die Freude des Wiedersehens. Die Berties erhielten trockene Kleider und am nächsten Tag wurde ihnen vom Stadtrat Asyl gewährt (Foxe 1839, Bd. 8, 572-574).
Wesel hatte schon 1545 eine Gruppe wallonischer Weber aus Tournai aufgenommen. Man konnte die Handwerker gut gebrauchen und versicherte sich nur, dass die keine Wiedertäufer waren. Sie konnten Predigtgottesdienste in eigener Sprache halten, aber Sakramentsverwaltung wurde ihnen nicht zugestanden. Sie mussten mit der lutherschen Stadtgemeinde die Sakramente empfangen. Sie suchten Rat bei Calvin und er ermahnte sie zur Besonnenheit (CO 20, 419ff, Nr.4169; Weseler Konvent, 28ff). Als Perussel im Herbst 1553 mit den Wallonen aus England ankam, wiederholten sich die Probleme. Die Flüchtlinge hatten in England weitgehende Selbständigkeit genossen. Wieder schrieb Calvin an sie und mahnte zur Geduld (13.3.1554, CO 15, 78ff; a.a.O. 31f). Perussel schrieb allerdings auch an a Lasco und wurde von ihm unterstützt, Selbständigkeit für seine Gemeinde einzufordern. Das ging natürlich nicht gut. Melanchthon wurde um ein Gutachten gebeten, aber die Stadt entschied für sich, dass die Flüchtlinge weiterziehen mussten. Im März 1557 verließen die Engländer Wesel, nachdem sie sich beim Rat für den Aufenthalt bedankt hatten. Sie zogen nach Bern, wo sie sich im Aarau (Garrett, 353-356) niederlassen durften. Perussel zog mit einer Gruppe nach Frankfurt (Denis, 161-222).
Catherine und Richard Bertie waren schon längst nicht mehr in Wesel. Am 12. Oktober 1555 hatte Catherine einen Sohn, Peregrine (Lat. Peregrinus = Fremdling) geboren und ihn am 14. Oktober in St. Willibrord taufen lassen. Sehr viele Engländer hatten im Laufe des Jahres sich ihnen angeschlossen und durften englische Gottesdienste (ohne Sakramentsfeier) abhalten. Zwei frühere Bischöfe waren unter ihnen: Miles Coverdale, der Tyndale`s Bibelübersetzung vervollständigt hatte (Garrett, 132-134), und William Barlow (Garrett, 80). Im Herbst 1555 setzte sich Miles Coverdale beim Pfalzgrafen und Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken für die Berties ein. Coverdale hatte durch die Empfehlung von Conrad Hubert, Bucers Sekretär, eine Stelle als Schulmeister in Bad Bergzabern inne. 1555 kehrte er dorthin als Kaplan zurück. Dadurch war er dem Pfalzgrafen bekannt. Dessen Vetter, der Kurfürst Ottheinrich von der Pfalz, bot der Herzogin sein Schloss Weinheim als Wohnung an (Harkrider).
Dort kam im Juli 1556 ein Kurier von Maria Tudor an. Im Herbst 1555 hatte das Parlament in London einen Gesetzesvorschlag Marias zu Konfiskation des Besitzes der Glaubensflüchtlinge abgeschmettert. Nach geltendem Recht wurde nur der Besitz von verurteilten Schwerstverbrechern und Aufrührern konfisziert. Das Parlament lehnte es ab, diese Gesetzgebung auf die Glaubensflüchtlinge zu erweitern (Loades 2007, 45f). Maria hatte jedoch im folgenden Jahr Briefe an wohlhabende Glaubensflüchtlingen geschrieben, und ein gewisser John Brett als Kurier sollte sie überreichen. In seinem Report über seine Reise vermied Brett es sorgfältig, sich zum Inhalt der Briefe zu äußern. Ihrerseits wollten die Adressaten sie gar nicht entgegennehmen. In Frankfurt klagten sie über Brett beim Bürgermeister, in Weinheim vertrieben ihn die Dienstboten der Herzogin mit Steinen. Sie verklagte ihn beim Kurfürsten und er verbrachte einiger Zeit in Heidelberg im Gefängnis. In Straßburg schließlich wurde er von einem bewaffneten Mann von den Flüchtlingen ferngehalten (Brett). Unverrichteter Dinge musste Brett zurück nach England.
In Weinheim hatte Catherine Bertie große Ausgaben: sie sollte ihren Lebensstil aufrechterhalten und den Haushalt bezahlen (Harkrider, 109). Es muss sich herumgesprochen haben, dass ihr Geld knapp wurde. In Polen hörte Johannes a Lasco davon (vielleicht stand er immer noch in Verbindung mit Frankfurt?) und ersuchte König Sigismund II. Augustus um Hilfe für sie. Der Wojwode (=Pfalzgraf) von Vilnius, Mikolai Radziwill, selbst überzeugter Reformierter, sorgte dafür, dass der König ein an die Krone heimgefallenes Lehen in Kraziai in Litauen den Berties schenkte.
Dieses königliche Hilfsangebot erfreute die Berties sehr. Sie wagten jedoch nicht das Angebot ohne weiteres anzunehmen, sondern schickten den früheren Bischof von Bath und Wells, William Barlow, nach Polen. Dieser hatte schon für sie in Weinheim die Verhandlungen mit John Brett geführt, da die Berties, wie die anderen Flüchtlinge auch, direkten Kontakt mit Brett und seinen Briefen vermieden. William Barlow wurde auf seiner Reise von John Burcher (Garrett, 100f) begleitet, einem Kaufmann, der angeblich lernen sollte, in Krakau Bier zu brauen, der aber in seinen Briefen an Bullinger von Johannes a Lascos Wirken in Krakau erzählte (Cross). Diese Erkundungsreise war erfolgreich, und die Berties mit ihren Kindern setzten sich in Bewegung. Nördlich von Frankfurt trafen sie Soldaten des Landgrafen (Philipp von Hessen?) und der kleine Spaniel der Herzogin griff sie an. Die Soldaten durchbohrten die Karosse mit ihren Bärenspießen und Bertie mit den Hauskerlen verteidigten sie. Im Kampfgetümmel wurde das Pferd des Kapitäns getötet und die Soldaten waren überzeugt, dass diese Wallonen ihren Kapitän umgebracht hatten. Bertie ritt in die nächste Stadt, um die Angreifer von der Karosse wegzulocken. Dort suchte er Schutz im obersten Stock eines Hauses, wo er sich mit seinem Degen verteidigen konnte, bis der Bürgermeister kam, der Latein sprach. Bertie ergab sich ihm. Am nächsten Tag trafen sowohl die Herzogin als auch der Graf von Erbach ein. Der Graf kannte die Herzogin von früher und verneigte sich tief vor ihr - zum Staunen der Bürger (Foxe, 1839, Bd. 8, 574-576).
Ihre weitere Reise verlief ohne Zwischenfälle. Die nächsten zwei Jahre verbrachten sie in Litauen auf ihrem Gut. Im Winter 1558/59 erfuhren sie die Nachricht vom Tod Marias und der Thronbesteigung Elizabeths. Catherine Bertie schrieb an Elizabeth und beglückwünschte sie. Außerdem schickte sie ein kostbares Neujahrsgeschenk. Mit solchen Geschenken zeigte die Königin ihr Wohlwollen und die Untertanen bezeugten ihre Treue. Bald verstand Catherine Bertie jedoch, dass die so sehnsüchtig erwartete Königin mit äußerster Vorsicht vorging: es war nicht ihre Absicht, eine reformierte Kirche nach dem Vorbild von Genf und Zürich einzuführen. Enttäuscht schrieb die Herzogin an ihren Freund Cecil, dass die Englische Kirche weder katholisch noch reformiert sei. Sie lobte Maria Stuart für ihre konsequente Verteidigung der Messe: Sie habe wenigstens Haltung gezeigt! (Read, 132ff, Bainton, 273f)
4. Puritanerin in England
Im Sommer 1959 fuhren die Berties zurück nach England – Fürst Radziwill kaufte das Lehn von ihnen zurück und machte damit die Heimreise möglich. Bei ihrer Ankunft gab Elizabeth der Herzogin alle ihre Güter zurück und bürgerte den kleinen Peregrine ein. Sie wohnten fortan auf Grimsthorpe.
Miles Coverdale, zurück aus Genf, wo er an der englischen Bibelübersetzung („the Geneva Bible“) mitgewirkt hatte, zog vorerst nach Grimsthorpe. Später siedelte er nach London um.
1562 wurde eine neue Ausgabe von den Predigten Latimers verlegt, und in der Widmung an die Herzogin schrieb der Herausgeber Augustin Bernher, der Assistent Latimers, dass sie alles aufgegeben habe, um „ein Flüchtling für Christus und sein Evangelium zu werden“. Sie sei ohne Zweifel vom Exil zurückgebracht worden, „um die Verzweifelten zu trösten und um ein Werkzeug zu werden, damit sein heiliger Name gepriesen sein soll und sein Evangelium verbreitet“ (Goff 238f, Übersetzung M.N.). Damit hatte Bernher den Wunsch geäußert, Catherine Bertie möge den Puritanern beistehen. In der folgenden Ausgabe der Predigten aus dem Jahr 1578, schrieb Bernher in seiner Widmung: „An etliche gab der gnädige Gott eine solche Tapferkeit (= valiant spirit), dass sie alles aufgegeben haben und geduldig in fremden Ländern reisten…“ (Goff, 317). Für Reformierte wie Bernher war die Flucht, um den Glauben woanders bekennen zu können, eine mutige Handlung. Er selbst war zur Regierungszeit Maria Stuarts in London geblieben, um die heimlichen reformierten Gemeinden pastoral zu betreuen. Seine Ablehnung galt den Personen, die in England geblieben waren und zur Messe gingen. Man denke an Cecil und an Elizabeth. (Vollständige Zitate in der Originalsprache im Anhang.)
In den folgenden Jahren bildete sich in der Englischen Kirche ein reformierter Flügel aus Theologen und Laien, die fanden, die Elizabethanische Kirche sei ungenügend reformiert. Diese Gruppierung wurde Puritaner genannt, aber selbst bezeichneten sie sich als „the godly“ = die Frommen. Selbst die von Elizabeth ernannten Bischöfe meinten, man solle die Kirche weiter reformieren („ecclesia semper reformanda“), wurden aber von der Königin zurückgepfiffen.
Vornehme Familien am Hofe – die Sidneys, die Dudleys und die Russells – gehörten zu den Puritanern, aber Catherine schloss sich diesen Kreisen nicht an. Vielleicht wagte sie es nicht, sich mit Elizabeth anzulegen. Während Robert Dudley, Favorit Elizabeths und Graf von Leicester, puritanische Geistliche im ganzen Königreich untergebrachte, konzentrierte Catherine sich auf Lincolnshire (Harkrider, 115-135).
Viele puritanische Landadelige lebten ihre religiöse Überzeugung im häuslichen Rahmen vor. Andachten, Bibellesungen und eine strenge Lebensführung prägten ihren Tagesablauf. Darüber hinaus versorgte Catherine die Kirchen, wo sie Patronatsrecht hatte, mit an der Universität ausgebildeten Pastoren. Die wichtigste Anforderung an einen puritanischen Pastor war die Predigt – die früheren katholischen Priester waren ja vor allem Messpriester und Sakramentsverwalter gewesen. In London war der Bischof vorsichtig bei der Berufung von Puritanern; um 1565 herum entbrannte ein Streit mit diesen Pastoren, weil sie sich weigerten, Messgewändern zu tragen. Einige wenige Kirchen waren frühere Klosterkirchen und standen somit nicht unter der Aufsicht des Bischofs. Catherine Bertie besaß in London das alte Klarissenkloster The Minories und in der dazugehörigen Kirche Holy Trinity ließ sie ihre Kaplane predigen. Diese Gottesdienste wurden von den Puritanern in London besucht (Collinson 1967, 50, 68, 86, Collinson 1983, 259f, Bainton 275f).
Die puritanische Überzeugung der Herzogin minderte nicht ihren Ehrgeiz für ihre Familie. Sie hatte ja noch Zugang zum Hofe durch Cecil, später Lord Burghley. Zuerst versuchte sie Richard Bertie zu Baron Willoughby de Eresby ernennen zu lassen. Das gelang nicht. Dann wollte sie ihrem Schwiegersohn den Titel des Grafen von Kent zuerkennen. Damit hatte sie Erfolg: zwar lebte der Schwiegersohn nicht lange, aber die Tochter Susan wurde Gräfin. Schließlich wurde ihr Sohn Peregrine Baron Willoughby de Eresby.
1550 hatte der Herzog von Somerset ihr vorgeschlagen, seine Tochter mit ihrem ältesten Sohn, Henry Brandon, zu vermählen. Es war ein ehrenvolles Angebot, aber sie schlug es aus mit der Begründung, die jungen Menschen sollten abwarten, ob sie sich lieben könnten (Bainton, 255f). Als Peregrine dagegen im heiratsfähigen Alter war, verliebte er sich in Lady Mary de Vere. Diese Ehe passte nun der Herzogin gar nicht. Die Familie de Vere neigte eher dem Katholizismus zu („…our religions agree not“ Goff 309) und der Bruder Marys, der Graf von Oxford, hatte seine Frau, die Tochter Cecils, sehr schlecht behandelt. Wie dem auch sei, die Herzogin verbrachte ihre letzten Jahren in Klagen über ihre missratenen Kinder und Schwiegertochter. Erst als Catherine Bertie 1580 starb, wurde die Ehe Peregrines anscheinend glücklicher. Er und seine Frau bekamen sieben Kinder und er leistete erfolgreich Militärdienst für Elizabeth. Susan heiratete 1581 in zweiter Ehe einen Offizier, Sir John Wingfield, der für seine Tapferkeit bekannt war.
In Spilsbys Kirche steht ein imposantes Grabmal für Catherine und Richard Bertie mit Büsten von ihnen und biblischen Texten. Die Inschrift lautet: „Sepulchrum D. Ricardi Bertie et Catherinae Ducissae Suffolkiae, Baronissae de Willoby de Eresby, coniug. ista obiit XIX Septemb. 1580. Ille obiit IX Aprilis, 1582“: Das Grab von Herrn Richard Bertie und von Catherine, Herzogin von Suffolk, Baroness de Willoughby de Eresby, seine Gattin. Sie starb am 19. September 1580. Er starb am 9 April 1582.
5. Würdigung
Das Leben der Catherine Willoughby/Brandon/Bertie war von ihrer hohen Abstammung und großem Reichtum bestimmt. Als Witwe behielt sie den Titel ihres ersten Gemahls und war lebenslänglich als die Herzogin von Suffolk bekannt. Nach dem Tod Heinrichs VIII. spielte sie eine herausragende Rolle in der Regierungszeit Edwards V, war eine Vollstreckerin der königlichen Anordnungen und pflegte wichtige Freundschaften (nur mit Wibrandis Rosenblatt haperte es mit der Freundschafft!).
Sie nahm sich das Recht heraus, aus Liebe zu heiraten. Der jakobitische Bühnenautor John Webster schrieb seine etwas blutrünstige Tragödie „The Duchess of Malfi“ über dieses Thema: eine junge Frau, die trotz ihrem hohen Stand es wagt, ihr Liebesglück nachzustreben.
Catherine Bertie wurde in „The Book of Martyrs” von John Foxe aufgenommen, nicht weil sie auf dem Scheiterhaufen landete, sondern weil sie als Flüchtling Zeugnis ihres Glaubens ablegte. Die Quelle für John Foxe ist zweifelsohne Richard Bertie, der Episoden erzählte, in welcher er selbst eine vorteilhafte Rolle spielte. Bertie diente der Herzogin treu und ergeben. Er blieb nicht ohne Kritik. Goff berichtet (S.215), dass auf seinem Porträt auf Grimsthorpe jemand geschrieben hat: „Cendre Bien delguise Toutefois Cendre“: Selbst gut verkleidet bleibt Asche nur Asche. Das war Richard Bertie gegenüber sehr unfreundlich. Die Rechnungen für das Gut Grimsthorpe zeigen, dass er im feinsten Zwirn gekleidet war (Read 149f).
Die Zeit auf der Flucht war von viel Hilfe geprägt. Der Pastor Perussel, die früheren Bischöfe Coverdale und Barlow, die Pfalzgrafen, Johannes a Lasco und Fürst Radziwill – alle halfen sie der Herzogin und ihrer Familie. Gewissermaßen war sie immer von einer schützenden Hülle umgeben. Die Zeitgenossen bewunderten ihren Mut und Bereitschaft, England für ihren Glauben zu verlassen und in fremden Ländern zu leben.
Trotz aller Frömmigkeit verdarb sie sich ihre letzten Jahre mit ihrem Familienzwist. Sie war nie umgänglich gewesen, ihre „heats“ (= hysterische Anfälle) waren berüchtigt und gefürchtet, und sie kränkte nicht nur Stephen Gardiner. Andererseits blieben Bedienstete bei ihr über Generationen hinweg und ihre Briefe an Cecil zeigen eine sehr charmante Frau.
6. Die Herzogin von Suffolk in der Kunst
Das Schicksal der Herzogin inspirierte Dichter und Regiseure: Thomas Deloney (1543-1600) schrieb eine Ballade: „The most Rare and Excellent history of the Dutchess of Suffolk and her Husband Richard Berties Calamities”.
1624 verfasste Thomas Drue (Drew) ein Schauspiel: „The Life of the Duchess of Suffolk“. Es ist abgedruckt in Goff und von mäßigem Interesse.
John Webster´s oben erwähnte Tragödie: „The Duchess of Malfi“ ist von ihr inspiriert, ohne auf historische Fakten Rücksicht zu nehmen.
In der Fernsehserie „The Tudors“ wird sie Catherine Brooke genannt. Nicht nur was den Namen anbelangt hat die Figur mit der historischen Catherine Willoughby nichts gemeinsam. Auch die erste Ehe von Charles Brandon mit Mary Tudor hat mit historischen Tatsachen wenig zu tun.
Die historische Wirklichkeit ist genauso spannend.
Anhang:
Originaltext von Latimer´s Sermons, Widmung von 1562:
„I have set forth these sermons, made by this holy man of God (scil. Latimer), and dedicated them to your Grace, partly because they were preached in your Grace´s house at Grimsthorpe by this reverend father and faithful prophet of God, whom you did nourish, and whose doctrine you did most faithfully embrace, to the praise of God and unspeakable comfort of all Godly hearts, the which did, with great admiration, marvel at the excellent gifts of God, bestowed upon your Grace, in giving unto you such a princely spirit, by whose power and virtue, you were able to overcome the world, to forsake your possessions, lands and goods, your worldly friends and native country, your high estate and estimation with which you were adorned and to become an exile for Christ and his Gospel´s sake; to choose rather to suffer adversity with the people of God than to enjoy the pleasures of the world with a wicked conscience, esteeming the rebukes of Christ greater riches than the treasures of England, whereas the worldings are far otherwise minded; for they have their pleasures among the pots of Egypt, they eat, drink and make merry, not caring what became of Christ, or his Gospel; they be so drunken with the sweet delicates of this miserable world that they will not taste of the bitter morsels, which the Lord has appointed and prepared for His chosen children and especial friends. Of the which he did make you most graciously to taste, giving unto your Grace His spirit that you were able in all the turmoils and grievances the which you did receive, not only at the hands of those who were your professed enemies but also at the hands of them who professed friendship and good-will but secretly wrought sorrow and mischief; to be quiet and patient and in the end, brought your Grace home again to your native country, no doubt to no other end but that you should be a comfort to the comfortless and an instrument by which His Holy name should be praised and his Gospel propagated and spread abroad: to the glory of His Holy name and your eternal comfort in Christ Jesus, into whose merciful hands I commit your Grace with all yours eternally.” (Goff, 238f)
Latimer´s Sermons, Widmung von 1578: „Unto some, the self same most gracious God gave such a valiant spirit that they were able, by His Grace, to forsake the pleasures & commodities of this world, & being armed with patience, were content to travel into far & unknown countries, with their families & households, having small worldly provision, or none at all, but trusting in His providence, who never forsake them that trust in Him.” (Goff, 317)
Literatur:
Quellen:
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Wer war und wer ist Calvin?
Interpretationen Calvins in neuerer Zeit
1. Ältere Deutungen
2. Das Zentrum von Calvins Theologie
3. Editionen
4. Neue Interpretationen
5. Calvins Ethik
Blickt man zurück auf das Verständnis Calvins vor etwa 100 Jahren, so stößt man wohl auf allerhand unter sich verschiedene Auffassungen. Aber sie haben nebeneinander für Jahrzehnte das Bild von dem Reformator bestimmt. Nach Albrecht Ritschl hat Calvin die lutherische Unterscheidung zwischen der Kirche als Organ der Gnade und dem Staat als Organ der Ordnung und Strafe vermischt. Er habe darum das für deutsche Lutheraner Undenkbare gesagt: die Gleichheit aller vor dem Gesetz und die Möglichkeit eines Tyrannensturzes durch das Volk (1). Noch Dietrich Bonhoeffer hat in seiner Ethik von 1940 diese Sicht wiederholt. Im Unterschied dazu erklärte der Basler Kulturhistoriker Jacob Burckhardt: "Die Tyrannei eines einzigen Menschen, welcher seine Subjektivität zum allgemeinen Gesetz macht und nicht nur die sämtlichen übrigen Überzeugungen ... knechtet oder verjagt, sondern jedermann in den unschuldigsten Geschmacksangelegenheiten tagtäglich beleidigt, ist nie weiter getrieben worden" als bei Calvin (2). Auf dieser Linie hat dann der Dichter Stefan Zweig 1937 die Darstellung Calvins benutzt, um Adolf Hitler als einen teuflischen Menschen anzuklagen (3). Aber auch Karl Barth schrieb, dass einem bei Calvin Worte wie Tyrannei und Pharisäismus auf die Lippen kommen. "Keiner von uns ... würde in dieser heiligen Stadt [Genf] gelebt haben wollen." (4)
Der verbreiteten These von Max Weber über Calvin als einem der Väter des Kapitalismus hat vor André Biéler schon Ernst Troeltsch widersprochen (5). Vielmehr habe der Religiöse Sozialismus am Anfang des 20. Jahrhunderts sich auf Calvins Spuren im Reformiertentum gebildet, anders als das konservativ geprägte Luthertum (6). In den USA verstand Charles Hodge in Princeton, im Unterschied zu Troeltsch, Calvin als einen Vertreter der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre. Die Kirche habe als Kirche nichts zu tun mit weltlichen Angelegenheiten. Das gilt, auch wenn Hodge so fortfährt: Doch dürften die Politiker den Kirchenvertretern nicht den Mund verbinden, wenn sie Gottes Wahrheit und Gesetz bezeugen (7). An Hodge knüpfte der Holländer Abraham Kuyper an und erklärte: Einerseits unterscheide der Calvinismus streng zwischen Staat und Kirche plus Kultur, andererseits aber seien beide direkt der Herrschaft Gottes unterworfen (8). Man kann von einem Gutteil dieser Texte sagen, dass sie mehr allgemein über den so genannten Calvinismus reden als über Calvin, oder wie es Stanford Reid 1991 sagte: dass sie über Calvin sehr oft reden, "ohne sich Mühe zu geben, nachzuschauen, was er denn tatsächlich gesagt hat." (9)
2. Das Zentrum von Calvins Theologie
Es ist wohl wahr, dass jede Zeit durch die Art ihres Fragens die Ergebnisse ihrer Erforschungen mitbestimmt. Aber es muss doch auch gesagt werden, dass man sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten "Mühe gegeben hat", sorgfältiger hinzuhören, "was Calvin tatsächlich sagte", im Horizont der Reformation zunächst in Frankreich und Genf. Es ist dadurch das Verständnis dafür gewachsen, dass die Reformation, so wie man vornehmlich in Deutschland zu hören bekommen kann, nicht in der Gestalt Luthers ihren einzigen Maßstab hat. Es ist dadurch auch klarer geworden, dass die Formulierung der Rechtfertigungslehre nicht die im Grunde allein entscheidende Differenz der Reformation zum römischen Katholizismus ist.
Das ist zu sagen, obwohl Calvin die Rechtfertigung allein aus Gnade rein lehrte, auch wenn er stärker als im damaligen Luthertum auf die untrennbare Zusammengehörigkeit von Rechtfertigung und Heiligung pochte, gemäß 1. Kor 1,30 "Christus ist uns von Gott zur Weisheit gemacht, zur Gerechtigkeit, zur Heiligkeit und zur Erlösung". Wie rein er die Rechtfertigungslehre vertrat, hat er in der faktisch ersten protestantischen, differenzierten Stellungnahme zur ihrerseits übrigens auch niveauvollen tridentischen Rechtfertigungslehre von 1547 gezeigt; sie war damals noch gar nicht offiziell publiziert, gleichwohl war er nicht nur über den Text, sondern auch über die Diskussionen der Konzilsväter wohlinformiert – jetzt erstmals ins Deutsche übersetzt 1999 in der Calvin-Studienausgabe. Wie Anthony Lane gezeigt hat, war Calvin schon im Vorfeld des Trienter Konzils am Regensburger Gespräch zwischen Evangelischen und Römischen namentlich über die Rechtfertigungslehre beteiligt (10); und die Diskussion ist unter den protestantischen Calvin-Interpreten heute im Gange, in welchem Maß man sich gerade in der Belehrung durch Calvin zwischen den beiden Konfessionen verständigen kann über die paulinische Aussage, dass nach Gal. 2,16 der Glaube ohne Werke rechtfertigt, aber nach Gal. 5,6 der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.
Also, in der Rechtfertigungslehre ist Calvin jedenfalls reformatorisch. Aber die entscheidende Differenz zu Rom lag für ihn an anderer Stelle. Bernard Cottret sagt in seiner 1995 in Paris erschienenen Calvin-Biographie, dass für Calvin die Pariser Plakataffäre Ende 1534 die Wende bedeutete. Und in diesen mancherorts aufgehängten Plakaten wurde mit dem Hebräerbrief heftig Kritik geübt an der Messe: Christus ist vielmehr der eine Mittler und einzige Priester, der durch sein einmaliges Opfer die für römisches Denken zentrale Priesterwürde von menschlichen Kirchenbeamten illusorisch macht (11). Der Gegensatz gerade an diesem Punkt prägte sich Calvin erst recht ein, als König Franz I. daraufhin eine Prozession durch Paris hinter der Monstranz her veranstaltete, während unterdes am Straßenrand auf Scheiterhaufen "Ketzer", die solche Opfervorstellung bestritten, "geopfert", d.h. verbrannt wurden (12). In seiner Verarbeitung dessen hat Calvin weder wie Zwingli den spätmittelalterlichen bloßen Wortgottesdienst befürwortet, noch wurde ihm überhaupt Gottesdienstliturgie gleichgültig. Vielmehr, wie jetzt Christian Grosse gezeigt hat, unternahm er es dann, die Gottesdienstliturgie nach dem Vorbild der Alten Kirche neu zu gestalten (13). In deren Zentrum teilt der Heilige Geist im Mahl die in Christus vollbrachte Versöhnung mit Gott Menschen mit, die im Dank für diese Gnade sich als seine Gemeinde bekunden. Calvin, der angeblich allmächtige Herrscher über Genf, war jedoch nicht einmal in der Lage, gegen den Magistrat seine ernstliche Erkenntnis durchzusetzen, es gehöre das Herrenmahl zu jedem Gottesdienst, begleitet von öffentlichen Gebeten (das sind die Psalmengesänge) und Schriftauslegung (nicht nach aus der Bibel ausgewählten Perikopen, sondern in lectio continua) (14).
Dass für Calvin das rechte Verständnis des Herrenmahls der wichtigste Punkt des Streits mit der römischen Kirche war, sieht man an dem vielen Platz, den die Verhandlung darüber in der ersten Auflage seiner Institutio Christianae Religionis von 1536 einnimmt. In der letzten, gewaltig erweiterten Ausgabe des Werks von 1559 ist die Kritik ausgeweitet zu einem mehr als ein Drittel des Buchs füllenden Streit überhaupt über das Verständnis der Kirche. Wenn man so will: es ist das Thema der zweiten Generation der Reformatoren. Auch wenn Wilhelm Neuser Recht hat, dass der Aufbau der vier Teile der Ausgabe von 1559 im Einzelnen verwirrend ist (15), so ist doch m.E. soviel klar, dass Calvin in den drei ersten Teilen von Gott Vater, Sohn und Geist reden will, und in dem ausführlichen vierten Teil von der Kirche, nämlich von den äußeren Mitteln, mit denen uns Gott zur Gemeinschaft mit ihm und untereinander einlädt. Und hier nun setzt sich Calvin ausgiebig mit der römischen Ekklesiologie auseinander. Das Spannende dabei ist, dass er mit gleichen Grunddaten wie die andere Seite arbeitet; aber er fasst diese Grunddaten formal und inhaltlich sehr anders auf. Er greift da die Substanz der römischen Lehre von der Kirche an, so dass sie nicht mehr das System der päpstlichen Organisation rechtfertigen kann (16). Ich sehe nicht, dass sich im damaligen Luthertum dazu ein erheblicher Beitrag finden lässt. Für Calvin war er erheblich.
Nach der der römischen und calvinischen Seite gemeinsamen Sicht hat Christus als der Mittler zwischen Gott und Mensch ein dreifaches Amt inne: als Priester, König und Prophet. Im Unterschied zur römischen Seite betont aber Calvin, dass Christus lebt und dass er daher diese drei Ämter nicht an kirchliche Institutionen weder abgegeben hat noch abgeben kann. Er verhält sich zur Kirche wie das Haupt zum Leib, und es gibt da keine Ersatzhäupter. Er leitet die Kirche, und sie ist eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern, mit ihm verbunden und in gegenseitigem Austausch untereinander verbunden, so im Genfer Katechismus von 1545 (17). Jedes Glied hat am Haupt teil, aber jedes nur als Glied seines Leibes. Alle Christen haben im Glauben an Christus unmittelbar teil an seinem dreifachen Amt. Und die menschlichen Leiter der kirchlichen Gemeinschaft sind auch nur Glieder des Leibes Christi und nicht Haupt der Gemeinde. Das bekunden sie, indem jene drei Ämter in ihrer Leitung auf verschiedene Personen verteilt sind, die kollektiv die Kirche leiten. Und damit bekommen auch die von der Kirchenleitung ausgeübten drei Ämter einen gegenüber der römischen Kirche neuen Sinn: Die Pastoren entsprechen dem prophetischen Lehramt Christi, sind also keinesfalls Priester – das ist vielleicht der tiefste Schnitt gegenüber der römischen Auffassung. Die Presbyter entsprechen dem königlichen Amt Christi; sie sind Leiter und Seelsorger, aber nicht Herrscher der Gemeinde. Und dem ein für allemal am Kreuz vollzogenen priesterlichen Amt Christi entspricht der diakonische Dienst für die Armen.
Die Calvinforschung ist heute jedoch kaum mit der Frage befasst, wo der Genfer Reformator den Differenzpunkt zur römischen Kirche in seiner Zeit sah – obwohl ich denke, dass seine Sicht heute immer noch wichtig ist, wo auch reformierte Pastoren sich gern als Priester aufspielen und wo zugleich die Lutheraner etwas verlegen sind, weil ihre Auffassung von der Rechtfertigungslehre sie nicht mehr von der römischen Kirche trennen muss. Ich sage im Übrigen nicht, dass die Lehre von der Kirche das Zentrum von Calvins Theologie bildet. Ich würde ihr Zentrum mit seiner These in seinem Jeremia-Kommentar beschreiben: "Ubi cognoscitur Deus, etiam colitur humanitas", "Wo Gott wahr- und ernstgenommen wird, da wird auch für Humanität gesorgt." (18) Der Satz zeigt treffend das Anliegen Calvins gegenüber einer Tendenz in der lutherischen Theologie, aufgrund der Gottmenschheit Christi die Unterscheidung zwischen der Gottheit Gottes und unserem Menschsein zu vergessen, statt zu Ehren zu bringen.
Die heutige Calvinforschung ist aber nun allem Anschein nach wenig mit solchen grundlegenden Fragen befasst. Um es positiv zu formulieren: Sie ist außerordentlich stark damit beschäftigt, in einer Vielzahl von einzelnen, tastenden Schritten gewissermaßen Calvin neu zu entdecken. Die erste große, ja, riesige Aufgabe, die damit gestellt ist, ist die, die hinterlassenen Texte von ihm neu oder allererst zu erschließen und allgemein zugänglich zu machen. Es gibt tatsächlich nicht unwichtige Texte Calvins, die seit dem 16. oder seit der ersten Leidener Druckausgabe im 17. Jahrhundert nicht mehr oder die noch gar nie gedruckt wurden. Einmal abgesehen von der in diversen Ausgaben zugänglichen Institutio, sind wohl auch sonst eine Menge calvinischer Texte im 19. und frühen 20. Jahrhundert veröffentlicht worden, in der Originalsprache und in Übersetzungen: Kommentare zu biblischen Büchern, Briefe, auch Streitschriften. Die dabei wichtigste und umfangreichste Publikation ist dabei die der Calvini Opera, seit 1877ff, in 59 Bänden, jeweils in Originalsprache. Dazu die kleinere Ausgabe: Calvini Opera Selecta, hg. von Peter Barth und Wilhelm Niesel, 1929-1936. Aber teils enthalten die älteren Editionen Lücken, teils entbehren die Ausgaben ein wissenschaftliches Niveau, wie die Ausgabe lateinischer biblischer Kommentare von August Tholuck (Mitte des 19. Jahrhunderts). Eben da greifen jetzt neuere Textausgaben ein und suchen einerseits wissenschaftlich verantwortbare Texte vorzulegen, andererseits Lücken zu ergänzen. Unentbehrlich für die Erfassung der neueren Ausgaben ist Michael Bihary, Bibliographia Calviniana. Calvins Werke und ihre Übersetzungen, Prague 2000.
Eine solche große Lücke füllt seit 1961 die Reihe "Supplementa Calviniana. Sermons inédits". Die Reihe will 600 zuvor ungedruckte Predigten vorlegen. Tatsächlich habe aber Calvin weit über 2400 Predigten gehalten (19). Schätzungsweise 15 oder mehr Bände soll allein diese Ausgabe umfassen. Jede der in altfranzösisch wiedergegebenen Predigten umfasst bis zu 10 gut gefüllte Seiten. Die Ausgabe weist auch auf Calvins Umgang mit der altkirchlichen, der mittelalterlich-kirchlichen und jüdischen Schriftauslegung hin (20). Für seine Bibelkommentare in ihrer ursprünglichen Sprache sind wir vorderhand noch auf die Ausgabe in jenen Calvini Opera vor rund 100 Jahren angewiesen. Allerdings ist in dieser Beziehung nunmehr eine kühne Neuauflage in Angriff genommen. Die Textgrundlagen sind deren jeweils letzte Ausgabe, die zu Calvins Lebzeiten gedruckt wurde, oder die letzte von Calvin selbst durchgesehene Fassung: Ioannis Calvini Opera Omnia, verlegt in der Librairie Droz in Genf, herausgegeben von acht renommierten Calvinforschern, verbunden mit hilfreichen Literaturhinweisen und Fußnoten. Bis jetzt sind acht Bände dieser Ausgabe erschienen. Darin ist auch die Ausgabe des englischen Calvin-Forschers Thomas H.C. Parker von Calvins Römerbrief-Kommentar neu aufgenommen. Es ist der Kommentar, den Calvin mit besonderer Sorgfalt 1539 in Straßburg erarbeitet hat, 1551 von ihm neu bearbeitet: sein erster biblischer Kommentar.
Angesichts der Schwierigkeit heutiger Menschen, die alten Sprachen zu verstehen, nicht nur die altfranzösische, sondern mehr noch das klassische Latein, das Calvin meisterhaft schrieb, bedeutet die Erschließung seiner Texte in diesen Sprachen für eine große Zahl auch wissenschaftlich Geschulter faktisch doch auch ihre Verschließung. Und das mit dem Erfolg, dass die Texte nur noch einem kleineren Kreis von Experten zugänglich sind. Man müsste ja in jenen alten Sprachen, in denen Calvin daheim war, auch schon sehr daheim sein, um seinen "pointenreichen Stil und die geschliffene theologische Argumentation" zu verstehen. Das aber heißt: "Wer Calvin heute zum Sprechen bringen will, muss ihn übersetzen" – so schreibt Christian Link im Vorwort der seit 1994 mit anderen herausgegebenen Calvin-Studienausgabe. In ihr werden verschiedenartige, repräsentative, zum Teil noch nicht übersetzte Stücke calvinischer Theologie in zwei Sprachen wiedergegeben: in ihrer Originalsprache und in deutscher Übersetzung. Bislang sind vier Bände davon erschienen; demnächst wird hier in zwei Bänden der Römerbrief-Kommentar vorgelegt werden. Man wird bei der abnehmenden Tendenz klassischer Sprachbildung in Zukunft ohne solche Übersetzung nicht auskommen. Es scheint, dass die englischsprachigen Übersetzungen im Vorsprung vor den deutschen sind.
Neben der großen Aufgabe der Texterschließung, mit der die neuere wissenschaftliche Beschäftigung mit Calvin befasst ist, besteht sie auf der anderen Seite in hohem Maß in der Produktion einer kaum überschaubaren Fülle von Einzeluntersuchungen. Peter de Klerk hat in Calvin Theological Journal seit 1971 in einer Calvin-Bibliography jeweils die neusten Publikationen aufgelistet. Und für nicht wenige dieser neueren Produktionen ist es schon optisch bezeichnend, dass die Hälfte ihrer Texte aus Fußnoten besteht, in denen auf eine weitere Fülle von Einzeluntersuchungen hingewiesen wird, die die Leser nur leider nicht zur Hand haben. Und es fehlt auch nicht an Vorlagen mit derart speziellen Thesen, dass sie gar nicht belegt werden können außer unter Zur-Hilfenahme von Hypothesen. Drei Forscher habe eine Arbeit vorgelegt, in der es heißt: aus Mangel an Dokumenten könne sie nicht mehr sein "als ein Experiment, das viele Fragen nicht beantwortet" (21). Es gibt auch Arbeiten, die mit viel Aufwand noch einmal nachweisen, was man schon längst wusste. Aber einmal davon abgesehen, es scheint das ein Problem auch der Calvinforschung zu sein, jenseits des genannten Sprachenproblems, dass – wie in so vielen heutigen Wissenschaften – auch hier immer speziellere Themen für immer kleinere Expertenzirkel produziert werden, während die Zahl der in dieser Sache Unwissenden auch nur in theologisch gebildeten Kreisen wächst. Ich habe keine Lösung des Problems, nur die Frage, die sich die Experten selbst beantworten müssen: wem ihre fleißige Arbeit dient? Ich denke, diese Frage werden sie erst dann sachgemäß beantworten können, wenn sie in ihrem Eifer, Calvin zu verstehen, sich von ihm anstecken lassen, mit Calvin zu verstehen, nämlich mit diesem meinetwegen hinkenden Boten das, was ihm und uns gemeinsam von Gott vorgelegt ist. "Calvinus Praeceptor ecclesiae" heißt der Titel der Veröffentlichungen vom letzten internationalen Calvin-Symposium. Ist er denn dort wirklich als Lehrer der Kirche wahr- und ernstgenommen worden?
Doch wäre es unfair, jetzt nur solche kritische Frage an die neuere Forschung zu stellen. Es ist vielmehr zugleich auf der anderen Seite jedenfalls auch das mit Respekt anzuerkennen, dass dadurch nach vielen Seiten und in vielen Beziehungen, ja, in manche verborgene Winkel hinein Calvin und seine Welt gleichsam je mit einem besonderen Lichtstrahl beleuchtet wird. Und das so, dass sie, alles zusammen genommen, uns näherrückt. Wir sehen ihn in seinen Beziehungen zu Martin Bucer (22) und zu Bernhard von Clairvaux (23), zu Melanchthon (24), zu a Lasco (25) und zu seinen Genfer Kollegen (26), zu Augustin (27), zu Pighius (28) oder zu König Sigismund August von Polen (29) usw. Wir sehen ihn ferner als jungen Mann (30), in seinem Verhältnis zu Frauen (31), zu Kindern und Jugendlichen (32), oder zu Täufern (33) oder zur griechischen Philosophie (34). Aber wir bekommen ihn natürlich besonders auch als Theologen vorgeführt, als Bearbeiter von theologischen Themen wie Hermeneutik (35), Anthropologie (36), Prädestinationslehre (37), Heilsvermittlung (38), Eschatologie (39), Doctrina (40), Gebet (41) usw. usw.
Wir müssen die lange Liste dieser Beiträge jetzt nicht weiter vervollständigen. Natürlich stimmen all diese Untersuchungen nicht unter sich überein, und sie nehmen längst nicht alle aufeinander Bezug. Gleichwohl kann man sie wie Puzzlestücke zusammenlegen und so doch nicht wenig von dem Genfer Reformator und seinem Werk ins Visier bekommen.
Wichtiger als eine weitere Aneinanderreihung von Literatur über Calvin ist mir jetzt der Hinweis darauf, dass durch die neuere Einbeziehung der vielen Predigten und biblischen Kommentare sich das Bild von Calvin und seiner Theologie zu verändern begonnen hat. Schlagwortartig gesagt, während früher Calvin vor allem von seiner Institutio her gesehen und sie im Zusammenhang mit seinen polemischen Schriften verstanden wurde, beginnt man jetzt vor allem in seinen Predigten und Schriftauslegungen zu lesen. Nicht mehr so sehr der Dogmatiker, sondern der Exeget rückt uns jetzt nahe. Nicht die Institutio, sondern die Schriftauslegungen waren ja der Inhalt seiner theologischen Vorlesungen, die von offiziellen Schreibern notiert und dann veröffentlicht wurden. Theologischer Unterricht hieß für ihn: Schriftauslegung. Aber Predigt hieß für Calvin auch Schriftauslegung. Beides trägt er als doctrina vor, was nach Victor d’Assonville soviel heißt wie: von Gott beauftragte Mitteilung, im Unterschied zu dogma als menschliche Lehrbildung darüber (42). Predigt und Vorlesung sind nicht dasselbe, aber bei Calvin nicht prinzipiell unterschieden: die Vorlesungen sind knappe Vorbereitungen für Predigten, in denen dann dasselbe ausführlicher, anschaulicher und auf die Hörer ausgerichteter vorgetragen wird. Beides, Predigt und Vorlesung, gehört nach Calvins Ämterlehre zusammen als Ausübung des prophetischen Amts in der Kirche. Und eben diese betreffenden Texte sind neuerdings stärker als zuvor zum Verständnis der Theologie Calvins herangezogen worden, und dadurch zeigt sich seine Lehre – vielleicht nicht in einem völlig anderen, aber doch in einem neuen Licht, in einem gekonnten Zusammenspiel einerseits von genau auf den jeweiligen Text eingehenden Beobachtungen, andererseits von konkret bestimmte Hörer oder Leser anvisierenden Anreden.
Max Engammare etwa ist mit Calvins Auslegungen der Genesis beschäftigt (43). Nach ihm ist für den Genfer Reformator die Gestalt Abrahams vorbildlich und tröstlich. Calvin selbst habe sich lebenslang als Flüchtling angesehen und habe sich gerade so an die Menschen gewandt: an die in Frankreich Bedrängten, die auf eine Einräumung der Herrschaft Christi in ihrem Land hofften, an die, die wegen dieser Bedrängnis aus ihrem Land fliehen mussten und zu einem Teil nach Genf kamen, und an die, die durch diese Glaubensgeschwister die Herausforderung des Glaubens zu lernen haben. Wilhelmus H.Th. Moehn hat im Zusammenhang seiner Edition der Predigten Calvins zu Acta 1-7 ebenfalls besonders auf Abraham als "Vater der Kirche Gottes" hingewiesen (44). Moehn hat dabei in der Begleitung von Calvins Auslegung von Acta 7 zugleich die dort angeführte Gestalt Abrahams nach Calvins zur selben Zeit durchgeführten Auslegung der Genesis vor Augen. Abraham sei nach ihm das Vorbild dafür, dass wahrer Glaube und gehorsame Nachfolge untrennbar zusammengehören. Und mit Abraham visierte Calvin zugleich in seiner eigenen Zeit das brisante Problem des Nikodemitismus an, also die Haltung derer, die im Herzen evangelisch glauben, aber die das im äußeren Leben durch Anpassung an die anders orientierte Mehrheit verleugnen. Von daher, dass Abraham dann in Kanaan unter Heiden lebte, sah er zugleich die Aufgabe der einheimischen Genfer darin, nicht die Stadt, nicht den Nächsten, aber sich selbst zu "verlassen". Und zugleich machte er im Blick auf Abrahams Sorge für seine Nachkommen darauf aufmerksam, dass die Nächstenliebe sich auch auf folgende Generationen zu erstrecken hat. Ich nehme derlei Arbeiten als Verheißung dessen, was alles noch zum Vorschein kommen kann, wenn die Predigten und Exegesen Calvins einmal weiter erschlossen sind.
Eine erhellende Bereicherung und doch auch Korrektur unseres Bildes des Genfer Reformators bedeutet die Fragestellung, die Robert Kingdon eingebracht hat; sie hat dann eine Schar nordamerikanischer Forscher zu interessanten Untersuchungen angeregt. Die Frage lautet: Was war eigentlich im Genf Calvins neu und anders im Vergleich mit der Zeit in dem dort vorangehenden Mittelalter? (45) Die Frage bezieht sich namentlich auf den Bereich der sozialen und ökonomischen Aufgaben im damaligen Genf. Nach Kingdon kannte man dort auch im Mittelalter Nothilfe für die Armen. Neu sei im 16. Jahrhundert gewesen, dass diese Arbeit rationeller gemacht und von Laien verrichtet wurde. Aber was war dabei nun Calvins Beitrag? Laut Mark Valeri müssen für Calvin Ökonomie und Ethik der öffentlichen Wohlfahrt harmonieren (46). Damit, dass er gegen das Konkurrenzdenken ein Miteinander stellte, habe er aber gegen den Trend der Ökonomie in seiner Zeit gestanden (47). Er kämpfte besonders gegen Wucher; und da sich der Wucher wieder und wieder unter neuen Etiketten zu verstecken liebt, richtete sich sein Kampf zugleich gegen den Missbrauch der Sprache zugunsten von Zuverlässigkeit. Doch richtete er sich dagegen nicht in blinder Radikalität, sondern als ein Theologe, der einen praktischen Verstand hat für den Unterschied z.B. zwischen Kreditvergabe und Wucher. Aber in all dem war er engagiert für eine Praxis sozialer Solidarität. Valeri profiliert Calvins Absicht, indem er benennt, wogegen er sich dabei richtete: "Auflösung der Bande der Kommunikation isoliert die Einzelnen voneinander im sozialen Zusammenleben und führt zum Missbrauch des Nächsten als ein Objekt für den eigenen Profit." (48) Und Jane Demsey Douglass schreibt: Nach Calvin "ist geheilte Humanität nicht individualistisch, sondern sozial." Alle Menschen sind gleich geschaffen und sind füreinander geschaffen; und wenn man dagegen verstößt, so ist das das Kennzeichen der Sünde und zieht Gottes Zorn auf sich (49). Sicher ist Calvin hier interessiert an der persönlichen Verantwortung, aber zugleich auch an der sozialen Solidarität. Und offenbar sieht er auch eine Entsprechung zu der Gegenseitigkeit im Leib Christi, wenn er ebenfalls interessiert ist an der Gegenseitigkeit, in der die Mitglieder des politischen Rats und die kirchlichen Presbyter ihre Arbeit in der öffentlichen Verantwortung zu tun haben.
Wie von den genannten Forschern gezeigt wurde, waren es vor allem zwei Anliegen, auf die Calvin in Wahrnehmung seiner prophetischen Aufgabe gegenüber den Genfern pochte. Oder um es deutlicher zu sagen: Es gab da zwei Gestalten von Armut und Elend, die in seiner Erkenntnis das Zusammenleben in der Stadt damals störten und die die persönliche Verantwortung und die soziale Solidarität ernstlich auf die Probe stellten. Die erste Gestalt betraf das Verhältnis der Ortsansässigen zu den Fremden, die damals gerade innerhalb weniger Jahre in Genf Zuflucht suchten. Bis dahin war es die Regel, dass jede Stadt selber für die Bedürftigen an ihrem Ort verantwortlich waren. Aber jetzt kamen auf einmal Mengen von französischen Flüchtlingen, die aus ihrem Land vertrieben waren. Weil nun in wenigen Jahren sich die Zahl der Einwohner in Genf fast verdoppelte, wurde die Frage von deren Lebensunterhalt brennend. Darum wurde es hier eine höchst praktische Frage, ob die Fremden denn auch wirklich so ganz unsere Nächsten sind. Vielleicht war wenigstens ein Teil des Ärgers gerade der Altgenfer Familien an Calvin darin begründet, dass er auf diese höchst praktische Frage mit einem klaren Ja antwortete, ja, dass er zum Zeichen für das Problem die längste Zeit in Genf selbst ein Ausländer blieb. Und der Ärger wurde noch größer, worauf Valeri hinweist, dass nach einiger Zeit, um 1555, die Leitung der Stadt in die Hand dieser Fremden geriet (50). Die Fremden waren Flüchtlinge vor allem aus Frankreich, aber langsam öffnete sich auch die Tür für solche aus Italien oder England. Kingdon erwähnt auch die Hilfe für einen Türken und einen Juden (51). In einer Deuteronomiumspredigt spricht Calvin von seiner Begegnung mit einem Fremden und sagt: Obwohl wir kein Wort miteinander sprechen konnten, "unser Herr zeigt uns heute, dass wir Brüder sein werden, weil Christus der Friede der ganzen Welt und all ihrer Bewohner ist. Daher müssen wir zusammen leben in einer Familie von Brüdern und Schwestern, welche Christus mit seinem Blut begründet hat. Und mit jeder Feindschaft [,die uns entgegentritt,] gibt er uns die Gelegenheit, damit der Feindschaft zu widerstehen." (52)
Das andere Elend, auf das Calvin als Lehrer und Prediger die Genfer hinwies und das ihre soziale Gemeinschaft hart auf die Probe stellte, ist das Missverhältnis zwischen Armen und Reichen. Sicher, auch im Mittelalter kannte man das gute Werk der Spende für Arme. Aber für die Möglichkeit, gute Werke zu tun, war es kein Problem, dass die Armen dabei arm blieben. So konnte Armut sogar zu einem Ideal für Heilige werden. Demgegenüber verstand Calvin Armut als einen unerträglichen Skandal. Im Blick auf die Armut in dieser entsetzlichen Gestalt hat Nicholas Woltersdorff Calvins Gedanken dazu in dem Satz zusammengefasst: "Die soziale Ungerechtigkeit und die Tränen der sozialen Opfer verwunden auch Gott." Dass die Menschen zu Gottes Ebenbild geschaffen sind, kann nach ihm Calvin so verstehen, dass Gott sich selbst sieht in unseren als Opfer gequälten Mitmenschen. Aber gerade in dieser verletzlichen Liebe Gottes ist auch der Kampf für Gerechtigkeit begründet, wie Wolterstorff weiter belegt (53). Daher ist nach Calvin die Aufgabe der Reichen noch nicht mit Spenden getan, sondern, wie nun Valeri Calvin zitiert: "Ich kann mich selber nicht von denen trennen, die in Not geraten sind, mit denen Gott mich verknüpft hat." In solcher Solidarität kann man umgekehrt den Luxus der Reichen in den Metropolen als Skandal erkennen. Dieser Luxus ist ein Ausdruck von "Egoismus", wie Valeri mit Calvins 1. Korintherbrief-Kommentar belegt (54). Wenn Calvins Lehre von der Heiligung in seiner Institutio ihr Profil von der Selbstverleugnung bekommt, so verstehen wir von hier aus erst recht, dass damit weder eine in sich wertvolle Tugend gemeint ist noch ein mangelnder Sinn für Lebensfreude (auch wenn sie sich aufgrund seiner Krankheiten wenig in seinem Gesicht zeigte). Sondern mit Selbstverleugnung ist gemeint eine aktive, hilfsbereite Gegeninitiative gegen den "Egoismus" der Reichen. Gemeint ist damit das Teilen der Güter der Reichen mit den Armen, und dies in der Hoffnung, dass sich auf diesem Weg eine solidarische Gesellschaft formt, die in einem gegenseitigen Geben und Nehmen lebt. Wie die neuere Forschung gezeigt hat, wurden auch die reichen Flüchtlinge aus Frankreich in dieses Teilen mit den Armen einbezogen. Alles mit dem Ziel einer sozialen Solidarität, in der nicht mehr Armut das Schicksal größerer Teile der Bevölkerung wird als Folge herrschender Konkurrenz. Die Hervorhebung dessen bestätigt und belegt das, was immerhin schon Ernst Troeltsch hervorhob: dass Calvins Befürwortung eines "Ausgleichs von Gesellschaft und Individuum" in der "Sozialpolitik" in die entgegengesetzte Richtung lief als die klassische Theorie des Kapitalismus von Adam Smith (55). Und er fügte hinzu: Während im Luthertum das betrachtet sei als "ein Angriff auf die heiligen Fundament der gottgegebenen Ordnung", lebe diese Tradition in der Gegenwart fort im Bereich des Reformiertentums in der Gestalt sozialdemokratischer Geistlicher (56). So sagen es auch in neuerer Zeit R. C. Gamble oder Stephen Reid: "Calvinismus in Genf war mehr ein Angriff auf Reichtum als Verteidigung von Kapitalanhäufung." (57)
Wolterstorff zitiert aus einer Predigt Calvins über Gal. 6,9-11, wo er nun die beiden Seiten, die Armen und die Fremden, zusammenfasst und sagt: "Wir können unser eigenes Gesicht nicht sehen außer in einem Spiegel, nämlich in der Person, die arm und verachtet ist ..., [und so], als wären wir die von weitester Ferne herkommenden Fremden in der Welt. Lasst einen Schwarzen oder einen Barbaren unter uns kommen, und doch, sofern er ein Mensch ist, bringt er einen deutlichen Spiegel mit sich, in dem wir sehen können, dass er unser Bruder und Nächster ist." (58) Ich denke, diese geistliche Einsicht ist die Wurzel von Calvins Interesse in sozialen und ökonomischen Angelegenheiten. Daher schrieb er in seiner Erklärung von 2. Kor. 8,13f., worauf schon André Biéler hinwies: "Gott will, dass ein Verhältnis und eine Gleichheit zwischen uns besteht, d.h. dass jeder mit dem Nötigen zu versorgen ist entsprechend dem Umfang seiner Mittel, so dass niemand zu viel und niemand zu wenig hat." (59) "Gott will", sagt Calvin hier. Er sagt es als Prediger des Wortes Gottes. Er sagt das in einer christlichen Gemeinde, die sich verstehen soll als Versammlung von Menschen in Gemeinschaft und in persönlicher Verantwortung unter ihrem einen Haupt, Christus. Von da aus sieht Calvin den staatlichen Bereich als Einrichtung für ein Leben in Gemeinwohl und Freiheit, Gemeinwohl nicht auf Kosten der Freiheit und Freiheit nicht auf Kosten des Gemeinwohls. Aber er sagt es als Ausleger der Bibel, in Predigten und Schriftkommentaren, indem er die Bibel nicht nach seinem privaten Geschmack missbrauchen, sondern als von Gott beglaubigtes Wort für die Gegenwart ernst nehmen will. Er sagt es im Namen Gottes, der für ihn nun doch kein Tyrann ist, sondern, so wie er sich in Christus gezeigt hat, der Höchste, der sich der Niedrigsten annimmt. Ich habe schon hingewiesen auf die Formulierung von Wolterstorff über Calvins Einsicht, dass die Tränen der sozialen Opfer auch Gott verwunden. Ich weise nun auch hin auf die Calvin-Arbeit von Randall Zachman: Schreien zu Gott am Rand der Verzweiflung. Er spricht darin über Calvins Auslegung von Ps. 22: "Mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Und der Genfer Reformator sagt dazu, dass wir – nicht im Blick auf uns selbst, aber im Aufschauen zu Gott hin dessen gewiss sein dürfen "dass Gott barmherzig zu uns ist, selbst dann, wenn Gott gegen uns zu sein scheint". Dazu sein Satz zu der Klage in Ps. 77, ob Gott vergessen hat, barmherzig zu sein: "Die Güte Gottes ist untrennbar verbunden mit seinem Wesen, es für ihn unmöglich zu machen, nicht barmherzig zu sein." (60) Das ist immerhin ein Ton, den man so recht erst bei neueren Calvin-Interpreten zu hören bekommt.
Eine deutsche überarbeitete und veränderte Fassung des Vortrags von Eberhard Busch am 15.4.2007 bei der Internationalen Calvin-Konsultation in Genf.
(1) A. Ritschl, Die Geschichte des Pietismus. Bd. I: Der Pietismus in der reformierten Kirche, Bonn 1880, 61-80.
(2) Nach W. Kaegi, Jacob Burckhardt, Bd. 5, 1973, 90.
(3) St. Zweig, Castellio gegen Calvin oder ein Gewissen gegen die Gewalt (1936).
(4) K. Barth, Die Theologie Calvins 1922, Zürich 1993, 163.
(5) E. Troeltsch, Gesamelte Schriften. Bd. I, 713.
(6) Ebd., 721.
(7) Ch. Hodge, Discussions in Church Policy, New York 1878, 104-106.
(8) A. Kuyper, Calvinism. Six Stone-Lectures (1898), Grand Rapids 1931.
(9) St. Reid, Early Critic of Capitalism (II), in: R.C. Gamble, Articles on Calvin and Calvinism, Vol 11, New York / London 1992, 169.
(10) Calvinus Praeceptor Ecclesiae, hg. von H. Selderhuis, 2004, 233-264.
(11) B. Cottret, Calvin. Biographie, Paris 1995, 109.
(12) Ebd., 114.
(13) Calvin-Studienausgabe, Bd. 2, 137-225.
(14) Dogma und Doctrina bei Calvin, in: Calvinus Praeceptor, 189ff.
(15) W.H. Neuser, Einige Bemerkungen zum Stand der Calvinforschung, nach: Calvinus Praeceptor, 189.
(16) Vgl. Hg. von Timothy George, Calvin and the Church. A Prism of Reform, Louisville 1990; Stefan Scheld, Media Salutis. Zur Heilsvermittlung bei Calvin, Wiesbaden 1989 (Veröff. d. Inst. für Europ. Geschichte Mainz, Bd. 125).
(17) Questions, 34-45.
(18) CO 38, 388.
(19) Supplementa Calviniana. Sermons inédits. Teil 1: Predigten über das 2. Buch Samuelis, XIII.
(20) Ebd., XXXII.
(21) Calvinus Praeceptor, 142.
(22) Marijn de Kroon, Martin Bucer und Johannes Calvin. Reformatorische Perspektiven. Einleitung und Texte, aus dem Niederl. H. Rudolph, Göttingen 1991.
(23) Anthony N.S. Lane, Calvin and Bernard of Clairvaux, Princeton 1996 (Studies in Reformed Theology and History, N.S. 1).
(24) Barbara Pitkin, Redifining Repentance: Calvin and Melanchthon, in: Calvinus Praeceptor, 275-285.
(25) W. Janse, Calvin, a Lasco und Beza. Eine gemeinsame Abendmahlserklärung (Mai 1556)?, in: Calvinus Praeceptor, 209-231.
(26) Elsie McKee, Calvin and his Collegues as Pastors: Some insights into the Collegial Ministry of Word and Sacraments, in: Calvinus Praeceptor, 9-42 und: E.A. de Boer, Calvin and Collegues. Propositions and Disputations in the Context of the Congrégations in Geneva, ebd., 331-342.
(27) J. Marius J. Lange van Ravenswaay, Augustinus totus noster. Das Augustinverständnis bei Johannes Calvin, Göttingen 1990 (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 45).
(28) Harald Rimbach, Gnade und Erkenntnis in Calvins Prädestinationslehre. Calvin im Vergleich mit Pghius, Beza und Melanchthon, Frankfurt u.a. 1996 (Kontexte. Neue Beiträge z. Hist. u. Syst. Theologie 19).
(29) Mihály Márkus, Calvin und Polen. Gedankenfragmente in Verbindung mit einer Empfehlung, in: Calvinus Praeceptor, 323-330.
(30) Jung-Uck Hwang, Der junge Calvin und seine Psychopannychia, Frankfurt u.a. 1990 (Europ. Hochschulschriften, R. XXIII, Bd. 407).
(31) Jane Dempsey Douglass, Women, Freedom, and Calvin, Philadelphia 1985.
(32) Jeffrey R. Watt, Childhood and Youth in the Geneva Conistory Minuts, in: Calvinus Praeceptor, 43-64.
(33) Willem Balke, Calvin und die Täufer. Evangelium oder religiöser Humanismus, übers. von H. Quistorp, Minden 1985.
(34) Irena Backus, Calvin’s Knowledge of Greek Language and Philosophy, in: Calvinus Praeceptor, 343-350.
(35) Alexandre Ganoczy / Stefan Scheld, Die Hermeneutik Calvins. Geistesgesch. Voraussetzungen und Grundzüge, Wiesbaden 1983; Peter Opitz, Calvins theologische Hermeneutik, Neukirchen-Vluyn 1994.
(36) Mary Potter Engel, John Calvin’s Perspectival Anthropology, Atlanta 1988 (American Acad. of Religion. Academy series 52); Chr. Link, Die Finalität des Menschen. Zur Perspektive der Anthropologie Calvins, in: Calvinus Praeceptor, 159-178.
(37) Vgl. Anm. 30.
(38) Stefan Scheld, Media salutis. Zur Heilsvermittlung bei Calvin, Wiesbaden 1989 (Veröff. des Inst. f. Europ. Geschichte Mainz, Bd. 125).
(39) Raimund Lülsdorff, Die Zukunft Jesu Christi. Calvins Eschatologie und ihre katholische Sicht, Paderborn 1996 (Konfessionskundl. u. Kontroverstheol. Studien, Bd. LXIII, J.A. Möhler-Inst.).
(40) V. E. d’Assonville jr., Dogma und Doctrina bei Calvin in einer begrifflichen Wechselwirkung: Ein Seminarbericht, in: Calvinus Praeceptor, 189-208.
(41) Jae Sung Kim, Prayer in Calvin’s Soteriology, in: Calvinus Praeceptor, 265-274.
(42) Ebd.
(43) M.E., Commentaires et sermons der Calvin zur la Genèse, 107-137.
(44) Moehn, Abraham – «Père de l`église der Dieu». A Comparison of Calvin’s Commentary and sermons on Acts 7:1-6, 287-301.
(45) R. Kingdon, Calvinism and social welfare, in: Calvin Theological Journal 1982, 212-230.
(46) M. Valeri, Religion, Discipline, and the Economy in Calvin’s Geneva, in: Sixteenth Cenury Journal XXVIII/1 (1997), 123-142.
(47) Ebd., 139.
(48) Ebd., 137f.
(49) J. Demsey Douglass, Calvin’s Relation to Social and Economic Change, in: Church and Society, March / April 1984, 127.
(50) M. Valeri, Religion, Discipline, and the Economy in Calvin’s Geneva, in: Sixteenth Century Journal XXVIII/1 (1997), 128.
(51) R. Kingdon, Calvinism and social welfare, in: Calvin Theological Journal 1982, 228.
(52) Sermon 125 zu Deuteronomium 22,1-4, CO 28, 16f.; M. Valeri, a.a.O., 139.
(53) N. Wolterstorff, The Wounds of God: Calvin’s theology of social injustice, in: The Reformed Journal, Juni 1987, 14-22.
(54) Calvin, "Argument" zum Kommentar zum ersten Brief von Paulus an die Korinther (1546/1556), Edinburgh 1960, 6ff., 12ff. (CO 49), cf. M. Valeri, a.a.O., 137.
(55) E. Troeltsch, Gesamelte Schriften. Bd. I, 676. 717.
(56) Ebd., 721.
(57) S. Reid, John Calvin. Early Critic of Capitalism (1), in: The Reformed Theological Review, 77-79; R.C. Gamble, ebd., 161-163.
(58) Wolterstorff, 138f., = CO 51, 105.
(59) CO 50, 100f.; A. Biéler, The social Humanity of Calvin, trans. by P.T. Fuhrmann, Richmond 1964, 33, vollständiges Zitat im Vorwort von Visser’t Hooft, 8.
(60) Randall C. Zachman, Crying to God on the brink of despair: The assurance of faith revisted, in: Calvinus Praeceptor, 351-358, hier 355f.
Eberhard Busch
FAZ-Artikel berichtet über ein in Genf gefundenes Dokument, das Calvins außergewöhnliches Engagement belegt.