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Woche der Brüderlichkeit: ''Religionsfreiheit ist eine Frage der Menschenwürde.''
Christen und Juden betonen Rolle der Religion in der Öffentlichkeit
In ihrem Vortrag betonte Rabbinerin Elisa Klapheck von der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, dass die demokratischen und rechtsstaatlichen Grundlagen in einem nicht geringen Maße in den religiösen Traditionen selbst wurzeln. Heute sei es die Aufgabe der Religionen, dieses Erbe neu zu erschließen. Das Judentum könne hierbei am Talmud anknüpfen, der sich bereits detailliert mit der politischen Bedeutung der jüdischen Religion auseinandergesetzt hat.
Bischof Heinrich Mussinghoff (Aachen) betonte, dass sich das deutsche Verhältnis der Kooperation und Koordination von Kirche und Staat bewährt habe und auch offen für nicht-christliche Religionsgemeinschaften sei. Ausdrücklich setzte er sich für die Präsenz von Religion im öffentlichen Raum ein und plädierte für „vernünftige Ausnahmeregelungen“, die die Religionsfreiheit von Minderheiten schützen. So sei es bereits heute in vielen Schulen üblich, muslimische Schüler an den islamischen Feiertagen vom Unterricht zu befreien. Man könne auch die Speisepläne in Krankenhäusern oder Schulen so gestalten, dass sie nicht in Konflikt mit religiösen Speisevorschriften geraten. Dieser „Weg der Rücksichtnahme“ erfordere gewiss größere Anstrengungen von allen Seiten, die aber gerechtfertigt seien. „Denn die Religionsfreiheit schützt nicht irgendwelche Präferenzen oder Wünsche“, so der Bischof weiter, „sondern die Identität und moralische Integrität der Person. Religionsfreiheit ist eine Frage der Menschenwürde.“
In seinem Grußwort hob Rabbiner Steven Langnas von der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland hervor, dass Religion und moderne Demokratie sich wechselseitig herausfordern. Einerseits stelle sich die Frage, „wie eine Demokratie diversen Religionsgemeinschaften und ihren unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden kann“; andererseits müssten wir uns fragen, „wie innerhalb einer liberalen Demokratie religiöse Werte auf eine effektive Art und Weise vermitteln können“.
Seit 60 Jahren seien durch die Woche der Brüderlichkeit immer wieder neue Signale „mit aktualisierten Impulsen des christlich-jüdischen Zusammenlebens an die politischen, kulturellen und religiösen Kräfte gesetzt worden“, erklärte Uwe Michelsen, Mitglied des Rates der EKD, in seinem Grußwort. Die Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille in diesem Jahr an den Vorsitzenden des Rates der EKD, Präses Nikolaus Schneider, sei eine besondere Auszeichnung durch den Deutschen Koordinierungsrat: „Denn damit signalisieren Sie auch die Anerkennung für die langjährigen und vielfältigen Bemühungen in der evangelischen Kirche, das belastende Erbe des christlichen Antijudaismus und Antisemitismus wahrzunehmen und – so es in unserer Hand steht – auszutreiben.“
Der öffentlichen Veranstaltung war ein internes Gespräch vorausgegangen, in dem sich Rabbiner und Kirchenvertreter über Fragen des Umweltschutzes in jüdischer und christlicher Sicht ausgetauscht haben.
Seit 2006 treffen sich Vertreter der Allgemeinen Rabbinerkonferenz und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland mit Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland einmal jährlich zu einem ausführlichen Meinungsaustausch. Alle zwei Jahre führen sie gemeinsam mit dem Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit eine öffentliche Veranstaltung durch.
Hannover, 8. März 2012
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick