15. März 2020
Ach Gott – wir haben es doch gewusst, dass wir mitten im Leben vom Tod umfangen sind. / Die Kranken wissen es. / Und alle, die an Gräbern stehen. / Die Gesunden und Lebensfrohen konnten dieses Wissen wegdrängen. / Nun hat uns alle die Angst eingeholt. / Wohl begründete und wenig begründete Angst lähmt uns. / Viele Menschen müssen um die blanke Existenz fürchten. / Und so viele Kontakte zu lieben Menschen müssen wir aussetzen. // Ach Gott – auch von dir fühlen wir uns allein gelassen. / Dabei haben wir es doch gewusst, dass du die Welt in die Evolution entlassen hast. / In eine Welt mit Seuchen und Erdbeben und Tsunamis. / In eine Welt mit unterschiedlichen Menschen: friedfertigen und gewaltbereiten, solidarischen und egoistischen. // Und wo stehen wir? / Wir fürchten nur um unsere eigene Gesundheit und vergessen, wie sehr wir Ärztinnen und Pfleger und Rettungskräfte in Gefahr bringen. / Wir horten Lebensmittel und vergessen, was die Geflüchteten an unseren Grenzen leiden. / Ja, wir müssen bekennen, dass wir im Moment / zuerst an uns selber denken. // Ach Gott – lass uns aus den Schriften und Liedern unserer Vorfahren lernen, / wie sie in Krisen festhielten an der Hoffnung auf dich / und die Weisungen zur Mitmenschlichkeit nicht vergaßen. AMEN
Gudrun Kuhn, Nürnberg