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Antijudaismus bei reformierten Reformatoren
Eine Herausforderung für reformierte Theologie
Reformierte verweisen gerne auf die judenfreundliche Prägung ihrer Theologie mit:
- der Hochschätzung des Alten Testaments in der Einheit von Altem und Neuem Testament,
- dem Entwurf einer Bundestheologie,
- dem Respekt vor dem ersten Gebot im Soli Deo Gloria und
- der jüdischen Zählung mit dem zweiten Gebot als eigenständigem Bilderverbot.
Lesen wir jedoch heute die Texte der Zürcher Reformatoren Huldrych Zwingli und seines Nachfolgers Heinrich Bullinger, der beiden in Straßburg wirkenden Theologen Wolfgang F. Capito und Martin Bucer, sowie des Genfer Reformators Johannes Calvin, ist der Antijudaismus auch unter den oberdeutsch-schweizerischen Reformatoren offensichtlich.
Die Bandbreite reicht von dem Plädoyer für einen freundlichen Umgang mit Juden von Capito bis zu den scharfen antijüdischen Maßnahmen, die Bucer, der Lehrer Calvins, für die Landgrafschaft Hessen ausarbeitete. Vor allem Bucers Stellungnahme zeigt, dass schon vor Luthers späten Judenschriften massive antijüdische Maßnahmen gefordert wurden.
Bullinger verurteilte 1543 den „mörderischen Hass“, mit dem Luther „die hebräischen Kommentatoren“ angriff, und sah mit jenem „unbändigen Wüten“ auch „die Glaubwürdigkeit und das ehrwürdige Ansehen der biblischen Schriften“ angetastet. Doch er selbst war voller antijüdischer Vorurteile und meinte, die Aufnahme von Juden in einem christlichen Gemeinwesen sei von der Obrigkeit nicht zu verantworten.
Zwingli lobte zwar die strenge Einhaltung des ersten Gebots im Judentum, sah Juden mit der Verkennung Christi und seiner Auslieferung an das Kreuz jedoch zu Recht als verdammt an.
Das Nachdenken über die Erwählung des jüdischen Volkes bewahrte Calvin im 16. Jahrhundert nicht davor, sich abschätzig über Juden zu äußern. Im Danielkommentar von 1561 schreibt er: "Oft habe ich mit vielen Juden gesprochen, niemals [aber] einen Tropfen Frömmigkeit, ein Körnchen Wahrheit oder Geisteskraft [bei ihnen] wahrgenommen. Ja, ich habe sogar nichts an gesundem Menschenverstand jemals bei irgendeinem Juden entdeckt."
Laut Bullinger haben alle Bücher der Heiligen Schrift ein gemeinsames Thema: das Bündnis Gottes mit dem Menschen.
Eine Durchsicht der Schriften Servets zeigt: Er wertet den alttestamentlichen Gottesglauben und das zeitgenössische Judentum ab, selbst dort, wo er jüdische Anfragen an die christologische und trinitarische Vereinnahmung des Alten Testaments zu Rate zieht.
Johannes Calvin ist in der Neuzeit der erste Repräsentant einer Israel-Theologie der Kirche, die den Dialog mit Juden aufnimmt. Daneben steht die dunkle Seite in der Theologie des Reformators.
Zur Zeit der Reformation lebten in der Stadt Zürich keine Juden. Dennoch haben sich die beiden Reformatoren Huldrych Zwingli (1484-1531) und sein Nachfolger Heinrich Bullinger (1504-1575) in vielfältiger Weise zum Judentum geäußert.
Calvin dürfte - entgegen einer weit verbreiteten Meinung - sehr wohl Kontakt zu Juden gehabt haben und sich in der Auseinandersetzung mit ihnen eine differenzierte Meinung gebildet haben. Im Alter schlug diese aber wieder in Abschätzigkeit um.
In seiner Stellungnahme vom 12. Mai 1990 betont der Reformierte Bund die besondere Verantwortung gegenüber dem Staat Israel - und ruft auf zur Begegnung und Versöhnung.
Theologisch-exegetische Erkenntnisse, die eine Toleranz gegenüber Juden hätten begründen können, wurden in der Reformationszeit von antijüdischen Vorurteilen überlagert.
Zu Bullingers Zeit in Zürich lebten dort keine Juden mehr. Im Unterschied zu seinem Vorgänger Zwingli kannte Bullinger wahrscheinlich nur Juden, die bereits zum Christentum konvertiert waren.
Zur Zeit der Reformation lebten in der Stadt Zürich keine Juden mehr. Dennoch äußerte sich Zwingli in vielfältiger Weise zum Judentum. In seinen theologischen Schriften betonte er besonders die Einheit des Alten und Neuen Bundes.