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Calvin und Zwingli
Zwinglianisches Gedankengut in der Theologie Calvins
Calvin hat den Zürcher Reformator Zwingli (1484-1531) nie persönlich kennengelernt. Als sich Calvin der Reformation anschloss, war Zwingli schon längst in der Schlacht bei Kappel gefallen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Zürcher Reformator für Calvin ohne Bedeutung geblieben wäre, wie immer wieder behauptet wird. Zwar berichtete Calvin 1556, daß ihn Luthers Polemik gegen die Schweizer Abendmahlslehre zu Beginn seiner reformatorischen Bemühungen (ca. 1532) von den Werken Zwinglis entfremdet habe und er lange Zeit von deren Lektüre Abstand nahm (vgl. CR 37 CO IX, 51). Doch schon in der Institutio von 1536 lässt sich ein Einfluss u.a. von Zwinglis „Commentarius de vera et falsa religione“ (1525) nachweisen. Außerdem ist sicher, dass Calvin weitere Schriften Zwinglis gekannt hat.
1540 gab er beispielsweise seinem Freund Pierre Viret Auskunft über Zwinglis Jesajakommentar von 1529 (vgl. CR 39 CO XI, 36). Und im September 1542 machte er in einem Brief an Viret folgende aufschlussreiche Mitteilung: „Hinsichtlich der Schriften Zwinglis überlasse ich es dir, nach deinem Ermessen zu urteilen. Denn ich habe nicht alles gelesen. Und vermutlich hat er gegen Ende [seines] Lebens zurückgenommen und verbessert, was anfangs unbesonnen herausgekommen war. Allerdings habe ich noch in Erinnerung, wie profan die Lehre von den Sakramenten in den früheren Schriften ist.“ (CR 39 CO XI, 438). Calvin gab hier zu erkennen, dass er mehrere der Schriften Zwinglis gelesen hat. Zwar kritisierte er dessen frühe Abendmahlslehre (OS I, 526-529), doch war er bereit, sich hinsichtlich der späteren Aussagen Zwinglis eines Besseren belehren zu lassen.
Besonders in den Verhandlungen mit Bullinger über den Consensus Tigurinus (1547-49) ließ er sich später weitgehend auf die Zürcher Abendmahlslehre ein. Calvins Kritik an der frühen Abendmahlslehre Zwinglis besagt also wenig über Zwinglis Bedeutung für Calvin.
Zwar wandte sich Calvin auch gegen Zwinglis „Lehre“ von der Seligkeit erwählter Heiden und gegen dessen deterministisch anmutende Prädestinationslehre. Doch solche Differenzen sollten nicht den Blick dafür verstellen, dass es zwischen Calvin und Zwingli zahlreiche Gemeinsamkeiten gab. Dies gilt vor allem für die Bundes- und Gesetzeslehre Calvins, was aber nicht auf einen unmittelbaren Einfluss Zwinglis zurückgehen muss. Denn zahlreiche der Weggefährten Calvins hatten Zwingli noch zu Lebzeiten erlebt und waren von ihm beeinflusst, so z.B. Grynäus, Farel, Capito, Bucer und Bullinger. Durch sie könnte Calvin auf indirektem Wege mit zwinglianischem Gedankengut vertraut geworden sein.
Literatur:
August Lang, Zwingli und Calvin, MWG 31, Bielefeld 1913
Fritz Blanke, Calvin's Urteile über Zwingli, in: Zwing. XI/2 (1959), 66-92
Béla v. Soós, Zwingli und Calvin, in: Zwing. VI/4 (1936), 306-327
© Dr. Achim Detmers
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