Wissen
Was ist reformiert?
Geschichte
Biografien
Glauben/Theologie
Jesus Christus
Heiliger Geist
Bibel
Gesetz und Evangelium
Bilderverbot
Taufe
Erwählung / Prädestination / Vorherbestimmung
Hoffnung
Sünde
Schöpfung
Ethik
Diakonie
Abendmahl
Ehe
Bund
Bekenntnis
Gebet/Psalmen
Kirchenverständnis
Ökumene / Dialog mit dem Judentum
Islam - Muslime in Deutschland
Mission
Religion / Theologie der Religionen
Die Majestät Christi erstrahlt für alle
Johannes Calvin zu Christi Himmelfahrt (Lukas 24,44-53)
44 Er sprach aber zu ihnen: Das ist`s, was ich zu euch sagte, als ich noch bei euch war: es muß alles erfüllt werden, was von mir geschrieben ist im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.
Luk. 24, 44. „Das ist's, was ich zu euch sagte.“ Obwohl sich gleich aus Matthäus und Markus ergeben wird, daß der Herr in Galiläa ganz ähnlich geredet hat, glaube ich doch, daß Lukas hier etwas erzählt, was am Tag nach der Auferstehung geschehen ist. Denn was Johannes (20, 22) von jenem Tag berichtet, daß der Herr seine Jünger angeblasen habe, um ihnen den Heiligen Geist mitzuteilen, stimmt mit den gleich bei Lukas folgenden Worten (24, 45) überein: „Er öffnete ihnen das Verständnis, daß sie die Schrift verstanden."
Mit diesen Worten wirft Christus ihnen insgeheim ihre grobe, träge Vergeßlichkeit vor, daß sie, obwohl sie in vertrautem Kreis längst über seine Auferstehung unterrichtet worden waren, so erstaunt sind, als ob sie noch niemals etwas Derartiges gehört hätten. Was stutzt ihr, will Christus sagen, wie über etwas ganz Neues und Unerwartetes, wo ich doch im voraus so oft darüber gesprochen habe? Warum denkt ihr nicht lieber an meine Worte?
Denn wenn ihr mich bisher für wahrhaftig gehalten habt, hätte euch das doch von meiner Unterweisung her bekannt genug sein müssen, bevor es sich überhaupt ereignete. Kurz, der Herr beklagt sich im stillen darüber, daß seine auf die Apostel verwandte Mühe so vergeblich gewesen war, da ihnen seine Lehre völlig aus dem Gedächtnis entschwunden sei. Schärfer noch trifft er ihre Trägheit, wenn er sagt, er habe überhaupt nichts Neues vorgebracht, sondern sie nur an das Zeugnis im Gesetz und in den Propheten erinnert, mit dem sie schon von Kind auf vertraut sein müßten.
Wenn sie aber auch von der gesamten Lehre der Frömmigkeit nichts gewußt hätten, war doch nichts unsinniger, als nicht ganz und gar das anzunehmen, von dessen Ursprung aus Gott sie doch überzeugt waren. Denn im ganzen Volk war man sich darin einig, daß nur die in Gesetz und Propheten enthaltene Lehre die wahre Religion sei. Übrigens werden hier als Teile der Schrift außer dem Gesetz und den Propheten an dritter Stelle noch die Psalmen genannt, die, obwohl man sie mit Recht auch den Propheten zuordnen könnte, doch ihre eigene und besondere Art haben. Die zweiteilige Gliederung jedoch, die wir an anderen Stellen finden (z. B. Matth. 5, 17), umfaßt genauso die ganze Schrift.
50 Er führte sie aber hinaus bis nach Bethanien und hob die Hände auf und segnete sie. 51 Und es geschah, da er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. 52 Sie aber kehrten wieder nach Jerusalem mit großer Freude 53 und waren allewege im Tempel und priesen Gott.
Mk. 16,19 „Und der Herr.“ Da Matthäus bereits die Herrschaft Christi so herrlich weit über die ganze Welt erhoben hatte, redet er von seiner Himmelfahrt nicht noch einmal besonders. Auch Markus sagt über die näheren Umstände nichts Genaueres, nur Lukas berichtet davon ausführlich. Er sagt nämlich (24, 50), daß Christus die Jünger „hinaus bis nach Bethanien“ geführt habe, so daß er also von demselben Ölberg, von dem er aufgebrochen war, um die Schmach des Kreuzes auf sich zu nehmen, seinen himmlischen Thron bestieg. Wie er nämlich nicht von allen unterschiedslos als der Auferstandene gesehen werden wollte, so ließ er auch nicht jenen als Zeugen seiner Himmelfahrt zu, weil er wünschte, daß dieses Geheimnis des Glaubens mehr aus dem Zeugnis des Evangeliums als mit den Augen erkannt würde. Bei Lukas folgt: „er hob die Hände auf und segnete sie“.
Damit zeigte er, daß das Amt des Segnens, das unter dem Gesetz den Hohenpriestern übertragen war, in Wahrheit und eigentlich sein Amt sei. Wenn Menschen einander segnen, so bedeutet das nichts anderes als eine Fürbitte. Gottes Weise aber ist eine andere; er läßt sich unsere Wünsche nicht nur angelegen sein, sondern durch einen Wink allein gewährt er uns, was immer für uns wünschenswert ist. Da er aber der einzige Ursprung jeglicher Segnung ist, wollte er von Anfang an, daß die Priester als Mittler in seinem Namen segnen sollten, um seine Gnade allen mitzuteilen. So hat Melchisedek Abraham gesegnet (Gen. 14, 18 ff.), und Num. 6, 23 ff. wird die regelmäßige Form des Segnens überliefert. Darauf bezieht sich auch die Stelle in Ps. 118, 26: „Wir segnen euch, die ihr vom Hause des Herrn seid." Und der Apostel sagt (Hebr. 7, 7), daß, wer andere segne, damit einen Beweis seiner überragenden Würde gebe. Denn, so heißt es dort, „das Geringere wird von dem Höheren gesegnet".
Nun, so Christus, der wahre Melchisedek und ewige Hohepriester, ans Licht getreten ist, mußte in ihm völlig erfüllt werden, was in den Vorbildern des Gesetzes nur schattenhaft vorhanden war. So sagt auch Paulus (Eph. 1, 3), daß wir in Christus von Gott Vater gesegnet werden, damit wir reich seien an allen himmlischen Gütern. Darum hat der Herr einmal vor aller Augen und in feierlicher Form die Apostel gesegnet, damit die Gläubigen sich unmittelbar an ihn selbst wenden, wenn sie Gottes Gnade gewinnen wollen. Daß aber Christus die Hände beim Segnen aufhebt, entspricht der alten hohenpriesterlichen Form.
Luk. 24, 52. „Sie aber kehrten wieder nach Jerusalem mit großer Freude.“ Endlich war bei den Aposteln aller Zweifel ausgeräumt, da jetzt die Majestät Christi für alle erstrahlte und so seine Auferstehung zur völligen Gewißheit werden mußte. Aus ebendiesem Grunde fingen die Jünger jetzt auch an, ihn mit größerer Ehrfurcht zu verehren, als das während seiner Erdenzeit der Fall war. Denn die Verehrung, um die es sich jetzt handelt, wird ihm nicht nur als dem Meister und Propheten, auch nicht nur als dem Messias, als den sie ihn doch nur erst zur Hälfte kannten, erwiesen, sondern als dem König der Herrlichkeit und dem Richter der Welt.
Da aber Lukas beabsichtigte, seine Geschichte noch weiterzuführen, sagt er nur kurz, was die Apostel während der zehn Tage getan haben. Und das war in der Hauptsache: In überschwenglicher Freude brachen sie öffentlich in das Lob Gottes aus und waren beständig im Tempel (vgl. 24, 53); nicht, daß sie Tag und Nacht dort zugebracht hätten, sondern sie besuchten alle Versammlungen und waren zu den bestimmten Feierstunden dort, um Gott zu danken. Dieser Eifer steht im Gegensatz zu der Furcht, die sie vorher hinter verschlossenen Türen zu Haus versteckt hielt.
Aus: Otto Weber, Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift. Dreizehnter Band: Die Evangelien-Harmonie 2. Teil, Neukirchener Verlag, 1974, S. 435.447ff.
Nach oben - E-Mail - Impressum - Datenschutz