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Johannes Calvin und die Kirchenzucht
Ein alter Begriff modern gedeutet
Hat Calvin die Menschen in Genf mit strengen moralischen Vorschriften tyrannisiert?
Im Genf zu Calvins Zeiten ging es darum, der Willkür zu begegnen und Regeln für das Zusammenleben in der Gemeinde aufzustellen. Die Kirchenordnung, die Calvin zu diesem Zweck entwickelt hat, baut auf ein Höchstmaß an Transparenz. Das hat in der Wirkungsgeschichte zu Auswüchsen in Richtung sozialer Kontrolle geführt. Richtig verstanden kann das Prinzip der Transparenz aber durchaus ein Vorbild für eine globale Ethik im Internetzeitalter sein.
Vorurteile, Tatsachen und Chancen
Wollte Calvin einen Gottesstaat gründen? Ist die Kirchenzucht mit der Scharia zu vergleichen? Was hat die Kirchenzucht in den folgenden Jahrhunderten angerichtet? Was kann man trotzdem von Calvin lernen?
Von Judith Becker auf www.calvin09.de
''Die Kirchenzucht könne denjenigen zügeln, der Gott nicht anerkennen will, Antriebslose anspornen und 'väterliche Rute' für die sein, die Fehler begangen haben. Mit Kirchenzucht sollen sie auf den rechten Weg zurückgeführt werden. Kurz: Die Kirchenzucht ist ein Heilmittel für die Gemeinde. Calvin betont mehrfach, sie dürfe aber nicht so hart angewandt werden, dass der Sünder in 'Traurigkeit versinke' (2. Korinther 2,7).''
Die Kirchenzucht des Reformators kam ohne Disziplinierung aus
Was ist verbindlich christlich? Woran ist das typisch Christliche zu erkennen? Mit ihren Lebensordnungen versuchen die Landeskirchen, sich einen Rahmen zu schaffen.
Von Robert M. Kingdon
Die Protokolle des Genfer Konsistoriums belegen seit vielen Jahren: Die Gemeindeleitung wirkte mit Calvin als ausgleichende, in Konflikten schlichtende Instanz, keineswegs als „Inquisitionsgericht“. Calvin und das Konsistorium waren auch Vermittler in Ehekonflikten und familiären Streitigkeiten.
Von Barbara Schenck
Eine Messlatte für die Frage, ob Frauen und Männer in einer Gesellschaft gleichberechtigt sind, sind Ehestands- und Scheidungsgesetz. Die Genfer Kirchenordnung enthielt ein geschlechtergerechtes Scheidungsgesetz. Sowohl Männer als auch Frauen konnten bei Ehebruch die Scheidung beantragen. Jedoch brachten die vollzogenen Scheidungen für Frauen vermutlich eher Nachteile als für Männer.
Zur Ekklesiologie Johannes a Lascos und seiner Gemeinden. Von Judith Becker
Kirchenzucht, Aufforderung zur Buße, Ausschluss vom Abendmahl sowie Wiedereintritt in die Gemeinschaft vollzogen reformierte Gemeinden im 16. Jahrhundert sehr unterschiedlich. Dabei konnte ein Kirchenrat auch einmal gegen die Kirchenordnung und die ortsübliche Praxis der Gemeinde entscheiden und Milde walten lassen, um den Geist der Kirchenordnung zu wahren. Beispiele aus der Praxis des Gemeindelebens in London und Emden erzählt und deutet Judith Becker.
Der ''Konfliktlotse'' Johannes Calvin in strenger Milde. Von Barbara Schenck
Als Calvin nach Genf kam, herrschten dort chaotische Zustände. Nachdem sich die Bürger zuerst vom Herzogtum Savoyen losgesagt hatten, verjagten sie auch den in der Stadt ansässigen Bischof und seine Priester – unter anderem wegen deren ausschweifenden und unzüchtigen Lebensweise. Johannes Calvin sollte die Kirche neu ordnen. Als Teil dieser Ordnung entstand ab 1541 die Genfer ''Kirchenzucht''.
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