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Kreuz aus Pommes
Die Banalisierung des Kreuzes - Gedankensprünge von Georg Rieger
Auf seinen Lastwägen wirbt ein holländischer Lebensmittelgroßhändler mit allerlei Lebensmitteln in Form von Kreuzen. Als ich die Breitseite des LkWs fotografiere, sehen mich einige Passanten entgeistert an. In ihren Augen sehe ich die Frage, was ich denn daran wert fände zu fotografieren.
In katholischen und manchen evangelischen Kreisen wird das "Spielen" insbesondere der Werbung mit dem Symbol des Christentums immer noch als Angriff auf die religiösen Gefühle der Gläubigen gewertet, wenn auch inzwischen nicht mehr offen angeprangert.
Da Reformierte weder was religiöse bildliche Symbole noch was religiöse Gefühle angeht, so empfindlich sind, könnte man also zur Tagesordnung übergehen. Aber der Umgang mit dem Bild ist auch ein Indikator für den Umgang mit der Sache selbst. Das Kreuz hat seinen Symbolwert verloren und ist zu einem Design-Modul geworden.
Verloren gegangen ist aber vor allem eine ungefähre Vorstellung davon, für was das Kreuz steht. Der historische Bezug wird wohl noch jedem einfallen. Doch das ist es ja nicht, was uns am Karfreitag und von diesem Tag ausgehend das ganze Jahr bewegen soll.
Das Kreuz ist ein Symbol für unsere Unzulänglichkeit und für unsere Schuld insofern, als wir im Leben zwar manches erreichen aber auch in vielerlei Hinsicht versagen. Das Kreuz zeigt uns unsere Grenzen auf, es erinnert uns an die Demut, mit der wir durchs Leben gehen sollten.
Verschlissen wurde das Symbol dadurch, dass es bis heute auch als Symbol der Macht und als Instrument der Erniedrigung missbraucht wird. Die sexuellen und pädagogischen Missbrauchsfälle, die in diesen Tagen bekannt werden, geben davon ein erschreckendes Zeugnis.
Die Erkenntnis unserer Grenzen, die uns im Blick auf das Kreuz vor Augengeführt wird, soll uns aber zu einem gesunden Selbstbewusstsein verhelfen und Halt geben auf der Gratwanderung zwischen Selbstüberschätzung und Resignation. In diesem Sinn ist das Kreuz ein Symbol für die Bewältigung des Lebens und steht als solches im Zentrum der kirchlichen Verkündigung.
Ohne eine kulturkämpferische Stimmung erzeugen zu wollen: Das sollte ein Ziel der Kirchen sein, die Deutungshoheit über dieses Symbol wiederzuerlangen. Dann funktionieren auch die Anspielungen der Künstler und Werbedesigner wieder.
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